Mit dem letzten Katamaran verlässt Annette Schätzle die Insel Providencia, bevor es weiter nach Bogotá und mit der Maschine des Auswärtigen Amtes zurück in die Heimat geht. Foto: Schätzle

Corona-Krise überrascht Annette Schätzle in Kolumbien. Großes Abenteuer mit Happy End.

Oberndorf/Sindelfingen/Bogotá - Die 71-jährige Annette Schätzle hat schon so einiges gesehen und erlebt. Mehr als 100 Länder hat die abenteuerlustige Rentnerin, die früher als Lehrerin am Oberndorfer Gymnasium gearbeitet hat, mittlerweile bereist. Doch ihre jüngste Reise endete mit einem ganz besonderen Abenteuer.

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"Ich war schon immer reiselustig und an anderen Kulturen interessiert", sagt Annette Schätzle. Die frühere Oberndorfer Gymnasiallehrerin wohnt inzwischen in Sindelfingen, ist aber vielmehr eine Weltbürgerin. "Außer Südpol und Nordpol war ich in jeder Region der Welt", sagt die 71-Jährige.

Auf ihre Reisen geht sie nur mit einem zwölf Kilo schweren Rucksack. "Mehr brauche ich nicht", versichert sie. Als Unterkunft sucht sich Schätzle immer Hostels aus – das ist einerseits günstiger, andererseits findet sie so schnell Anschluss und lernt vor allem viele junge Leute kennen.

Fernweh hatte sie auch schon zu ihren Oberndorfer Zeiten, erinnert sich Schätzle. Am Gymnasium am Rosenberg hat sie damals Deutsch, Englisch und Kunst unterrichtet. "In den 70er-Jahren war ich in Sri Lanka, von dort habe ich Tee mitgebracht und habe ihn gekocht, sobald meine Schüler eine Deutscharbeit schreiben mussten", sagt sie. schmunzelnd "Ich habe gehört, dass Schwarztee Konzentration fördert, und habe deshalb zu meinen Schülern gesagt: Ihr bringt Tassen mit, ich koche euch Tee."

In den 80er-Jahren hatte die Lehrerin Patenkinder in Nairobi in Kenia. "Einer von den Patenkindern kam nach Oberndorf, um mich zu besuchen. Ich habe ihn dann mit in meinen Englischunterricht genommen", erinnert sie sich.

Schätzles jüngste Reise liegt nun einige Wochen zurück. Aus Kolumbiens Hauptstadt Bogotá hat sie die Chartermaschine des Auswärtigen Amtes zurück nach Deutschland gebracht. Es war ein Abenteuer – aber einer ganz anderen Art.

Geplant war ein Monat in Kolumbien

Am Anfang ihrer Reise im Januar schien die Corona-Krise weit weg in Asien zu sein. Schätzle verbrachte einige Wochen auf der Osterinsel bei ihrer Tochter, die dort seit zehn Jahren mit Familie wohnt. Dann machte sie sich nach Kolumbien auf. Ein Monat war dort geplant. "Ich bin oft allein und mit Rucksack unterwegs", sagt Schätzle. Ob sie keine Angst hat? "Doch, aber solange meine Abenteuerlust meine Angst übersteigt, werde ich immer wieder losziehen", antwortet sie, ohne lange nachzudenken.

In Kolumbien, auf der Insel Providencia, las sie dann in den Nachrichten immer öfter über das Coronavirus. "Der erste Gedanke war: Dann bleibe ich noch eine Weile im Paradies. In Deutschland gibt es so viele Fälle", erinnert sie sich.

Doch dann wurden plötzlich Flüge abgesagt, die Grenzen waren zu. "Und auch die Leute dort wollten uns loshaben, sie wollten keine Europäer. Ab da stand fest: Ich brauche einen Flug durch das Auswärtige Amt", schildert Schätzle. Sie setzte sich über ihr Smartphone mit dem Amt in Verbindung. "Das Internet hatte ich Gott sei dank überall." Es hieß, Schätzle müsse bis zu einem bestimmten Tag in Bogotá sein.

In Quarantäne viel gekocht und gemalt

Und das war sportlich: Der letzte Katamaran brachte die reiselustige Rentnerin von der Insel Providencia nach San Andres, der letzte Flug nach Bogotá. "Ich habe ein Zimmer im Hotel am Flughafen gebucht. So war ich in Sicherheit", schildert Schätzle.

Und dann? "Es ging ein paar Tage. Ich war schon ein bisschen nervös", sagt sie. Doch Panik habe sie nicht geschoben. "Ich habe schon so viel erlebt auf meinen Reisen. Bekannte von mir sagen, ich sei robust", meint die 71-Jährige.

Ein paar Tage später war es so weit: Um 9 Uhr musste Schätzle am Flughafen sein – mit mehreren Hundert gestrandeten Deutschen. "Es kam jemand von der Bundeswehr und hat die Pässe kontrolliert. Es wurde auch Fieber gemessen", erinnert sich Schätzle.

In Frankfurt, wo der Flieger dann Stunden später gelandet ist, gab es dagegen keine Kontrollen. Mit dem Zug und mit der S-Bahn fuhr Schätzle nach Hause – und begab sich sofort in eine freiwillige zweiwöchige Quarantäne. "Ich wollte nicht, dass ich andere womöglich anstecke", erklärt sie. Ihre Nachbarn kauften für sie ein. Nur zum Spazierengehen auf wenig frequentierten Wegen ging sie allein raus.

Kurz vor Ostern war die Quarantänezeit abgelaufen. "Zum Glück habe ich nichts mitgebracht aus Kolumbien", sagt Schätzle. Die Zeit nutzte sie, um sich nach der Reise auszuruhen und leckere Gerichte zu kochen. Aber nicht nur das: "Wenn ich nach drei Monaten nach Hause komme, liegt erstmal ein Haufen Post da. Das muss man abarbeiten", fügt sie hinzu. Auch Malen und Zeichnen gehören zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zu Hause. Und wie wäre es mit einem Buch über all ihre Reiseabenteuer? "Wenn dieser Lockdown noch länger dauert und ich meine Unruhe nicht nach draußen tragen kann, vielleicht", antwortet Schätzle.

Nachrichten und Anrufe bekommt die 71-Jährige derzeit von ihren Freunden aus der ganzen Welt: "Sie haben alle Lockdown, ihnen ist auch langweilig." Jetzt ist noch unklar, wann man sich das nächste Mal persönlich sieht. Doch für Schätzle steht fest: "Wenn ich kann, steht im Dezember wieder Sri Lanka auf dem Plan."