Das Brauereiareal: Stadtverwaltung und Gemeinderatsfraktionen stellen nun ihre Sicht der Dinge dar. (Archivfoto) Foto: Danner

Verwaltung und Gemeinderat melden sich mit Stellungnahme zu Wort.

Oberndorf - Als Ende Januar bekannt wird, dass aus den Plänen auf dem ehemaligen Brauereiareal mit Pflegeheim und Wohnbebauung nichts wird, ist die Enttäuschung groß. Die Verwaltung steht seitdem in der Kritik. Jetzt wehren sich Verwaltung und Gemeinderatsfraktionen.

Die teilweise erhobenen Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung und den Gemeinderat seien vollkommen unberechtigt und offensichtlich rein populistischer Art, heißt es in einer Stellungnahme an unsere Zeitung. Unterzeichnet ist sie von Bürgermeister Hermann Acker, Dieter Rinker für die Fraktion der Freien Wähler, Wolfgang Hauser (CDU-Fraktion) und Ruth Hunds (SPD-Fraktion).

Die Stadt habe das ehemalige Brauereiareal im Jahr 2014 aus der Insolvenz erworben, "nachdem das Anwesen über viele Jahre brach lag, in sich zerfiel, immer wieder aufgrund von Einsturzgefahren gesichert werden musste und damit einen gravierenden städtebaulichen Missstand darstellte". Interessenten, die das Areal für eine Neunutzung oder eine Neuentwicklung erwerben wollten, habe es nicht gegeben, da ersichtlich gewesen sei, dass bereits die Abbruchkosten und die Baufeldfreimachung Millionenbeträge verschlingen würden. "Hätten wir das Areal nicht erworben, wäre es inmitten der Stadt weiter vergammelt und der Ruf nach der Beseitigung der Bauruine hätte unweigerlich zugenommen", heißt es in dem Schreiben.

Die Verwaltung habe sich mit Zustimmung des Gemeinderates im Oktober 2013 um die Aufnahme in ein Städtebauförderprogramm beworben. Dem habe das Land dann auch im April 2014 entsprochen und die Stadt in das Bund-Länderprogramm Aktive Stadt- und Ortszentren (ASP) mit einer Laufzeit bis 2022 aufgenommen. Die inzwischen bewilligte Förderung belaufe sich auf 4,5 Millionen Euro, der Förderrahmen sei inzwischen auf 7,5 Millionen Euro angewachsen.

Bewegungen im Hang führen zu Rissbildung im Anbau des Gymnasiums

Aber auch diese Mittel reichten nicht aus, bedenke man den hohen weiteren Aufwand, den die Sanierung der Treppe am Langen Weg samt Hangsicherung und des Talplatzumfeldes noch erforderten. Die Verwaltung werde deshalb weitere Aufstockungsanträge beim Land stellen müssen.

Im Juni 2015 habe der Gemeinderat zur Neuentwicklung des Brauereiareals beschlossen, einen kombinierten Architekten- und Investorenwettbewerb zu machen. Richtig sei, dass vor dem Wettbewerbsbeschluss eine Interessenbekundung eines örtlichen Architekten und Investors vorgelegen habe. Um sich dem Vorwurf der Begünstigung, der Vorteilsgewährung oder der Mauschelei nicht auszusetzen, sei dieser in Abstimmung mit den Gemeinderatsfraktionen auf den Wettbewerb verwiesen. Daran habe sich der örtliche Interessent nicht beteiligt.

Auf die einstimmige Empfehlung des Preisgerichtes habe der Gemeinderat im April 2016 beschlossen, den Entwurf des ersten Preisträgers, der Schaudt Architekten/Aktiv Immobilien weiterzuverfolgen. Auf dieser Beschlussgrundlage habe die Verwaltung in den vergangenen Jahren zum einen das Brauereiareal abgebrochen, die angrenzenden Hänge gegen ein Abrutschen gesichert und die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Neuentwicklung durch die Aktiv Immobilien geschaffen.

Bereits vor Beginn der Abbrucharbeiten seien Bewegungen im Hang festzustellen gewesen, die zu einer deutlichen Rissbildung im Anbau des Gymnasiums geführt hätten. "Das heißt, dass am Hang deshalb ohnehin zeitnahe Sicherungsmaßnahmen hätten durchgeführt werden müssen", so die Stellungnahme.

Parallel zu den begonnenen Abbrucharbeiten seien äußerst komplexe Verhandlungen zum Verkauf des gesamten Areals mit immer neu auftauchenden Fragestellungen gelaufen. Der Gemeinderat sei jederzeit über den Verhandlungsverlauf informiert worden und sich über die besonderen Problemstellungen bewusst gewesen. "Im Übrigen hat die Aktiv Immobilien Group immer wieder – auch in öffentlichen Sitzungen – ihr großes Interesse an der Projektrealisierung zum Ausdruck gebracht und erhebliche Planungskosten aufgewendet", wird betont.

"Investor kann nicht zur Projektrealisierung gezwungen werden"

Aufgrund des engen Förderzeitraums für das gesamte Sanierungsgebiet und der bereits festgestellten Bewegung im Hang hätte mit den Abbrüchen und der Hangsicherung nicht gewartet werden können, bis sämtliche Vertragsdetails geklärt gewesen seien. "Ansonsten befände sich die Industriebrache bis heute noch in ihrem ursprünglichen desolaten Zustand."

Die Verwaltung und der Gemeinderat bedauerten, dass sich das Projekt der Aktiv Immobilien aufgrund der gestiegenen Baukosten am örtlichen Markt in Oberndorf nicht mehr realisieren lasse. Insbesondere ließen sich die Baukosten für die geplante Pflegeeinrichtung nicht mehr über die allgemeinen Pflegesätze abdecken, was auch zu einem Projektausstieg durch die Bruderhausdiakonie geführt habe. "Der Investor kann nicht zur ursprünglich geplanten Projektrealisierung gezwungen werden."

Trotzdem stelle man positiv fest, dass man mit der Talstadtsanierung insgesamt noch im gesteckten zeitlichen Rahmen liege und man die für den Abbruch des Brauereiareals erhältlichen Fördermittel habe abrufen können; die Neubebauung des Brauereiareals sei nicht förderfähig und dränge vor diesem Hintergrund nicht.

Das gesamte Gelände des ehemaligen Brauereiareals stehe nun als baureifes Grundstück zur Verfügung, das neuen Interessenten angeboten und zur Entwicklung neu ausgeschrieben werden könne. Die näheren Details für die Neuausschreibung werde der Gemeinderat demnächst festlegen. Inwieweit der noch vorhandene Sudhausturm für einen neuen Investor interessant und wirtschaftlich darstellbar sei, bleibe abzuwarten.

Die Stadt werde solange das abgeräumte Brauereiareal einschottern und übergangsweise als provisorischen Parkplatz zur Verfügung stellen. Bis zur Neubebauung lassen sich darauf auch die Baustelleneinrichtungen zur Sanierung der Treppe am Langen Weg und zur Talplatzsanierung unterbringen.

Info: Weitere Maßnahmen geplant

Die Entwicklung des Brauereiareals sei nur ein Teilbereich der Talstadtsanierung, die es aufgrund der bewilligten Förderung in einem engen zeitlichen Rahmen abzuarbeiten gelte, betont die Verwaltung. Nach der Baufeldfreimachung stünden auf dem ehemaligen Brauereiareal folgende Maßnahmen an:

 Die Sanierung der Treppe am Langen Weg, einschließlich der Sicherung des an die Treppe angrenzenden Hanges zur Oberstadt, der Erneuerung des unter der Treppe liegenden Kanals und der Verlegung des ehemaligen Triebwerkskanals mit dem Bau einer neuen Wasserkraftturbine am Sulzbach.  Zu den Aufgaben zählt die Verwaltung die Um- und Neugestaltung des gesamten Talplatzumfeldes, einschließlich der Talstraße auf der Grundlage des vom Gemeinderat beschlossenen Entwurfs der Architekten Capati/Staubach (erster Preisträger des städtebaulichen Wettbewerbes).  Geplant ist auch der Bau eines Kreisverkehrsplatzes durch das Land im Kreuzungsbereich der L 424/Rottweiler Straße.