Bei einer Fasnetsveranstaltung sollen Fäuste und ein Weizenbierglas geflogen sein. (Symbolfoto) Foto: Hildenbrand

Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung wird eingestellt. Widersprüchliche Aussagen.

Oberndorf - Die Verhandlung vor dem Oberndorfer Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung warf viele Fragen auf. Sicher war am Ende nur, dass bei einer Fasnetsveranstaltung im Bochinger Sportheim im vergangenen Jahr viel Alkohol floss, und am Ende ein Mittdreißiger mit einer Kopfverletzung im Krankenwagen abtransportiert werden musste.

Geradezu entsetzt war Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer von den Aufzeichnungen der Polizei. Die Beamten hatten am Abend des Vorfalls den Tatort "aufgrund der aggressiven und aufgeheizten Stimmung aus Gründen der Eigensicherung" verlassen. Daher, das bestätigte ein Polizeibeamter am Mittwoch in der Verhandlung, habe man am Tatort keine vernünftige Aufklärungsarbeit betreiben können. Die Vernehmungen durch den Jugendsachbearbeiter des Oberndorfer Reviers ein paar Tage später stifteten mehr Verwirrung, als dass sie Licht ins Dunkel der Tatnacht gebracht hätten. "Keiner wollte was gesehen haben. Keiner konnte oder wollte etwas sagen."

Vor Gericht standen nun am Mittwoch drei Angeklagte aufgrund der Zeugenaussage eines jungen Besuchers des "Hütlesabends". Er hatte bei der Polizei erklärt, er habe gesehen, wie ein Angeklagter den Geschädigten mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe, ein Zweiter ihm ein Weizenbierglas von hinten auf den Kopf geschlagen und der Dritte das am Boden liegend Opfer getreten habe. An dieses Tatgeschehen konnte er sich allerdings bei der Befragung durch Richter Heuer nicht mehr erinnern. Erst als der Richter ihm klarmachte, das eine Falschaussage bestraft wird, besann sich der Zeuge und kehrte mehr oder weniger zu seiner ursprünglichen Version zurück. Heuers Frage, ob ihn jemand bedroht oder unter Druck gesetzt habe, verneinte der Jugendliche.

Vielmehr habe er die Kameraden aus dem gemeinsamen Fußballverein nicht belasten wollen. "Man kennt sich halt."

Ein weiterer Zeuge wollte ebenfalls gesehen haben, wie jemand dem Geschädigten ein Bierglas auf den Kopf geschlagen hatte. Er hatte die Tat in seiner Aussage bei der Polizei allerdings einem anderen Angeklagten zugewiesen und nun vor Gericht ebenfalls Gedächtnislücken.

Angeklagte weisen Schuld von sich

Die drei Angeklagten – alle Mitte 20 – wiesen jegliche Schuld von sich. Einer von ihnen habe vom späteren Opfer unvermittelt einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. In einem allgemeinen Tumult in einer Art Vorraum sei schließlich das Klirren eines Glases zu hören gewesen, und der Geschädigte habe am Kopf blutend am Boden gehockt. Die Angeklagten nannten es ein Gerangel, Richter Heuer sprach von einer Massenschlägerei. Eine Verletzung mit einem Bierglas am Kopf könne durchaus schlimm ausgehen.

Das Opfer selbst machte im Zeugenstand von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Der Amtsgerichtsdirektor hatte ihn darauf hingewiesen, dass er nichts sagen müsse, wenn er sich selbst belaste. Und im Laufe der Verhandlung habe sich herauskristallisiert, dass das Opfer selbst als Schläger aufgetreten sei. Er entließ ihn mit dem Ratschlag, künftig weniger zu trinken. In der Tatnacht wurden bei dem Verletzten fast drei Promille Alkohol im Blut festgestellt.

Heuer schlug den Angeklagten vor, das Verfahren einzustellen, die Staatsanwaltschaft schloss sich dem an. Die Kosten trägt die Staatskasse. Die Angeklagten verzichteten auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen.