Ein Bild aus glücklichen Tagen: Festima Selimi und ihre Kinder haben sich in Beffendorf wohlgefühlt Foto: sb

Schicksal der Familie Selimi macht viele Beffendorfer betroffen. Gut im Ort integriert.

Oberndorf-Beffendorf - Mitten in der Nacht wird Familie Selimi aus dem Schlaf gerissen. Die drei Kinder, Serveta, Aysha und Xhenis sind verwirrt, als Polizeibeamte in der Wohnung stehen. Der Vater, Besar Selimi, ruft verzweifelt die ehrenamtliche Betreuerin der Familie an. Gabrielle Wietbruk eilt sofort zu der Flüchtlingsfamilie, hatte sie doch schon das Schlimmste geahnt: Die Polizeibeamten waren gekommen, um die Familie abzuschieben.

"Mich hat diese Aktion sehr erschüttert. Die Kinder waren völlig traumatisiert und konnten nicht begreifen, was vor sich ging", so Wietbruk. Dass die Familie zurück in den Kosovo gehen musste, habe man gewusst. Der Asylantrag wurde abgelehnt und sie hätten den Schrieb für die freiwillige Abschiebung unterschrieben – gerade um solch einer nächtlichen Abschiebung zu entgehen. "Sie haben auf einen Termin für die Ausreise gewartet", berichtet Wietbruk.

Vor zwei Jahren waren die Selimis aus dem Kosovo als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen, in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben für ihre Kinder. Im Kosovo erwarte ihn Armut und Arbeitslosigkeit, so Besar Selimi. Die Kinder hätten sich gut integriert, der achtjährige Xhenis war zum Beispiel im Fußballverein aktiv. Die Familie sei im Ort beliebt gewesen und hätte am Dorfgeschehen teilgenommen, zuletzt an der Fasnet.

Festima Selimi war mit ihren Kindern ohne den Ehemann abgeschoben worden, da sie ursprünglich aus Albanien stammt, Besar Selimi aber aus dem Kosovo. So habe man sie getrennt abgeschoben, Besar Selimi werde nun nachkommen.

Von der Ausländerbehörde in Rottweil erfuhr Wiedbruk nach der Abschiebung, dass die Familie sich noch einmal hätte melden sollen, um einer solchen nächtlichen Aktion zu entgehen. "Diese Information fehlte", sagt Eva Scherer von der Initiative "Offene Hände" und zeigt sich erschüttert. Auf Nachfrage unserer Zeitung wollte die Behörde in Rottweil hierzu keine Stellung beziehen.

Die Pressestelle der Ausländerbehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe gab auf Nachfrage an, kein Schreiben über eine freiwillige Ausreise der Familie erhalten zu haben. "Uns liegt keine Unterschrift vor", so Irene Feilhauer von der Pressestelle. Es läge nur eine Willenserklärung vor, dass die Familie freiwillig ausreisen wolle, und das reiche nicht.

Die Ausländerbehörde in Rottweil habe keine "Bringschuld", so Feilhauer. Die Familie habe im August 2016 die Willenserklärung zur freiwilligen Ausreise unterschrieben und dann noch einmal im Februar diesen Jahres. Aber diese Willenserklärung allein reiche nicht aus. Die Selimis hätten einen Antrag bei der Ausländerbehörde unterzeichnen sollen. Die Behörde leite diesen dann an die "Internationale Organisation für Migration" (IOM) weiter, welche den Rückflug organisiere, erklärt Feilhauer den Ablauf. Warum dies nicht in die Wege geleitet wurde, könne sie nicht sagen.

Gabrielle Wiedbruk meint, die Flüchtlinge kennen das Prozedere nicht, zudem es eine Sprachbarriere gebe. Selbst sie habe Schwierigkeiten, das Beamtendeutsch zu verstehen, in welchem die Schreiben formuliert seien. Die Information, dass die Familie sich melden solle, hätte gefehlt. Es gehe nicht um die Abschiebung an sich, betont Wiedbruk. Damit habe man gerechnet. Doch die Art und Weise sei "menschenunwürdig" gewesen. "Vor allem die Kinder so aus ihrer gewohnten Umgebung herauszureißen, ist sehr traumatisierend."

Susanne Guhl, eine Freundin und Helferin der Familie, weist auf die Folgen hin, die diese Abschiebung habe: Die Konsequenz sei, dass der Familienvater sich in den nächsten 30 Monaten nicht erneut für ein Arbeitsvisum in Deutschland bewerben könne. Über das Wochenende hatten Helfer zusammen mit Besar Selimi die Habseligkeiten der Familie gepackt und eine spontane, private Spendenaktion ins Leben gerufen, um der Frau und den Kindern die persönlichen Sachen nachsenden zu können.