Die Angehörigen in Syrien haben nun kein Dach mehr über dem Kopf. Fotos: privat Foto: Schwarzwälder Bote

Soziales: Initiative Offene Hände will syrischer Familie helfen, deren Kinder bei einem Unfall verletzt wurden

Schreie, Asche, Verletzte – in dem Video, das Enis (Name von der Redaktion geändert) zeigt, herrscht Chaos. Es zeigt die Lage nach einer Gasexplosion in Syrien, bei der zwei seiner Töchter und sein kleiner Neffe verletzt wurden. Die Oberndorfer Initiative "Offene Hände" will der Familie helfen.

Oberndorf. Enis und seine Frau Fadila leben seit einem Jahr in Deutschland. Ursprünglich stammt die sunnitische Familie aus Deir ez-Zor in Syrien, lebte aber auch in Damaskus. Ihre tatsächlichen Namen wollen sie aus Furcht vor Anfeindungen in der Zeitung nicht preisgeben.

Ihre beiden Söhne Omar (26) und Saad (18) sind bereits seit fünf Jahren hier. Sie sprechen gutes Deutsch und haben sich integriert. Der Jüngere besucht eine Schule, der Ältere ist auf der Suche nach Arbeit. Omar sollte für die Armee rekrutiert werden, weigerte sich aber. Wie er berichtet, drohte man ihm mit Gewalt und dem Tod. Deshalb hätten er und sein Bruder entschieden, zu fliehen.

Saad schildert die Lage in Syrien als katastrophal. "Es gibt keine Arbeit. Bomben haben viele Häuser zerstört. Man sieht bewaffnete Menschen und Tote", erinnert er sich. Man habe täglich Angst.

Sein Bruder und er hatten sich gezielt Deutschland ausgesucht, sagt er. Sie hatten gehört, dass hier die Menschen gut behandelt werden. "In Syrien ist es egal, wenn ein Mensch stirbt", sagt Omar. Die Brüder flohen über den Irak, die Türkei und Griechenland nach Deutschland.

Antrag auf Nachzug läuft

Nachdem sie hier Fuß gefasst hatten, stellten sie einen Antrag auf Nachzug ihrer Eltern. Dieser wurde gewährt, weil Saad noch minderjährig war. "Ich war froh, dass sie kommen durften. Ich hatte sie vier Jahre lang nicht gesehen", meint Saad.

Für die Eltern bedeutete es aber, gleichzeitig ihre anderen Kinder in Syrien zurückzulassen, wenn auch im Kreis der Verwandtschaft. Dort leben derzeit noch sechs Schwestern, zwei davon volljährig und schon verheiratet, und zwei Brüder von Saad und Omar. Das jüngste Geschwisterchen ist acht Jahre alt, die älteren zehn, elf und 17 Jahre.

Aktuell läuft ein Antrag auf Nachzug der minderjährigen Geschwister nach Deutschland. Er habe lange gezögert, herzukommen, gibt Enis zu. Die Kinder zurückzulassen, sei schwer gewesen, aber er habe die Hoffnung, dass die Familie bald wieder vereint sei. Die Eltern und die Söhne genießen derzeit subsidiären Schutz. Bei Omar und Saad wurde dieser schon mehrfach verlängert.

Neben dem Bangen darum, ob der Antrag auf Nachzug positiv beschieden wird, hat sich nun in dem Mietshaus in Damaskus, in dem der Rest der Familie lebt, vor etwa zwei Wochen ein Unglück ereignet. Der Schlauch des Gaskochers, den die Schwestern benutzten, hatte sich gelöst und aufgrund eines nahen offenen Feuers einen Brand im Haus verursacht. Ein Teil der Familie habe sich gleich retten können, der andere war im Feuer eingeschlossen, erzählt Saad.

Gasexplosion im Haus

Erst als die Feuerwehr rund eineinhalb Stunden nach Ausbruch des Feuers eingetroffen sei, hätten zwei seiner Schwestern, 20 und 21 Jahre alt, und sein kleiner zweijähriger Neffe gerettet werden können, jedoch mit schweren Rauchgasvergiftungen. Enis zeigt Bilder und Videos seiner Kinder und seines Enkels im Krankenhaus, auf denen erkennbar ist, dass diese nur schwer atmen können.

Anfangs lagen sie im Koma. Sie hätten in Lebensgefahr geschwebt, sagt Saad. Als er vom Unglück erfahren habe, sei eine Welt für ihn zusammengebrochen. "Es war ein Schock. Alle haben geweint." Die Verletzten mussten beatmet werden. Im städtischen Krankenhaus habe es keine entsprechenden Geräte gegeben, erzählt Saad. Deshalb mussten seine Geschwister und der Neffe in ein privates verlegt werden.

Enis zeigt Bilder von beiden Krankenhäusern. Das eine sieht aus wie die Unterkunft eines Obdachlosen mit einer abgewetzten Matratze und einem kaputten Bettgestell, das andere wie ein Krankenhaus in Deutschland. Drei Nächte verbrachten die Syrer dort, ehe sie wieder in die städtische Klinik verlegt werden konnten, wo sie sich nun erholen, berichtet Saad.

Eine Übernachtung im privaten Krankenhaus für drei Personen koste rund 1,5 Millionen syrische Lira. Folglich muss die Familie nun rund 3000 Euro aufbringen, um die Rechnung zu bezahlen – eine große Summe für die syrische Familie. 300 Euro hat sie bereits angespart, um eine Anzahlung zu leisten.    Wer sich über die Familie informieren und ihr helfen möchte, der erfährt Weiteres bei Eva Scherer von den "Offenen Händen" unter Telefon 07423/69 57