Marina Graumann (von links), Vita Kann und Marius Urba zeigten, wie gut sie sich musikalisch ergänzen. Foto: Weber Foto: Schwarzwälder Bote

Meisterkonzert: Das Marvin Klaviertrio spielt mit Gegensätzen / Zwischen verhaltenem Zögern und kraftvollem Gestalten

Recht gut besucht war die Klosterkirche zum letzten Meisterkonzert der Saison 2017/2018, obwohl das Marvin Klaviertrio mit Marina Graumann (Violine), Marius Urba (Violoncello); und Vita Kann (Klavier) kein leichtes Programm mitgebracht hatte.

Oberndorf. Mit dem traumhaften Beginn des Klaviertrios Nr. 1 B-Dur op. 99 von Franz Schubert setzten die drei Ausführenden gleich ein Zeichen, wie hervorragend sie einander musikalisch ergänzen.

Neben energiegeladenen Teilen schien vor allem Marius Urba die verhaltenen Stellen auszukosten. In diesem Allegro schien sich Kammermusik anzuhören, als säße ein großes Streichorchester auf der Bühne. Hier wurde die "romantische Ironie" in der Musik überzeugend dargestellt; der vom Komponisten prächtig aufgebaute Melodiebogen wird durch eine kurze Wendung in eine völlig andere Richtung gelenkt, der Gedanke des Hörers jäh unterbrochen.

Lyrik und Harmonie

Fein wurden die vielfachen Pianoeinsätze interpretiert, die sich ebenmäßig bis zu Forte steigern. Es gab in diesem Satz keine führende Stimme, alle waren gleichberechtigt. Das Andante mit seinem melodischen Beginn wurde als Inbegriff der musikalischen Lyrik und Harmonie dargeboten. Hier zeigte sich Schubert als Meister der melodischen Einfachheit und dadurch Klarheit; das Marvin Klaviertrio verstand es prächtig, dies umzusetzen. Die Solisten nutzten das Andante auch, um ihre technische Brillanz zu zeigen.

Den dritten Satz musizierten Marina Graumann, Marius Urba und Vita Kann als hätte dem Komponisten der Schalk im Nacken gesessen. Glänzende Violine, sonores Cello und ein Flügel, von graziös bis herrschend, spielten zusammen.

Im vierten Satz, dem Rondo, erklang Musik, die "in nuce" also in einer Nussschale zusammenfasste, was als Phänomen Schubert gilt: eine schier unerschöpfliche Fülle musikalischer Einfälle, das Ausschöpfen von piano bis forte und von langsamen Tempi bis zu kleinsten Notenwerten. Dieses Spiel könnte man als charmant bezeichnen, ohne den Komponisten oder die Ausführenden zu verunglimpfen.

Ein steter Wechsel

Sicher nicht einfach zu spielen und auch nicht zu hören, ist das Klaviertrio Nr. 4 e-Moll op. 90 mit dem Beinamen "Dumky" von Anton Dvorak. Es liegen Welten zwischen der Musik der späten Klassik oder frühen Romantik und dem Werk Dvoraks aus dem späten 19. Jahrhundert. Speziell das "Dumky"-Klaviertrio, das in seiner Wortbedeutung ein Trauergesang ist, stellt an Ausführende und Hörer hohe Anforderungen.

Es tauchen gleich im Lento maestoso Harmonien auf, die völlig neu sind. Das Cello ist gedämpft, die Violine fast klagend. Und doch, plötzlich scheinbar überströmende Freude, kraftvolles Spiel, das in ein Versinken in schwer fließende Passagen übergeht.

Im Poco Adagio, ungemein klangschön, entwickelt das Klavier über einem langen Orgelpunkt des Cellos eine einfache Melodie, dem die Violine im zarten Piano folgt. Mit viel Einfühlungsvermögen zelebrierte das Klaviertrio diese Musik.

Dann urplötzlich ein Motiv wie aus einem Tanz, das sich zum mitreißenden Spiel höchsten Temperamentes entwickelt. Neben den Stellen der Melancholie verstand es das Trio hier, Aufbegehren und Lebenslust zu gestalten; große Passagen für die Violine. Das Andante schloss die Folge der ersten drei Sätze, die (fast) nahtlos aneinander gereiht geboten wurden, ab.

Der sich anschließende Satz bot mit einem Anflug von Leichtigkeit Kammermusik des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Vollendung. Ein zartes Pizzicato auf der Violine beendet völlig ungewohnt das Allegretto scherzando.

Rhythmisch höchst kompliziert ist der Beginn des Allegro. Hier bot sich für Marina Graumann nochmals Gelegenheit für einen meisterlichen Auftritt – immer mit Blickkontakt zu Marius Urba. Doch auch Vita Kann wusste sich mit brillanten Läufen darzustellen.

Der abschließende Satz fasste dieses Riesenwerk zusammen: ein steter Wechsel von Piano und Forte, von tiefer Melancholie und Lebenslust, verhaltenem Zögern und kraftvollem Gestalten.

Der lang anhaltende, große Applaus wurde mit dem zweiten Satz aus dem Klaviertrio Nr. 2 von Dmitri Schostakowitsch belohnt.