Noch befindet sich der Discounter in der Oberndorfer Austraße. Foto: Jungkind

Fast die Hälfte der anwesenden Stadträte stimmt gegen Satzungsbeschluss. Mit Kommentar

Oberndorf - Knappe Geschichte – das Projekt Aldi-Umzug von der Austraße auf den Parkplatz "Hochbrücke" stand am Dienstag im Gemeinderat auf Messers Schneide. Fast die Hälfte der Stadträte wollte dem Satzungsbeschluss letztlich nicht folgen.

Es war einmal im Oktober 2016, als der Discounter Aldi mit Umzugs- beziehungsweise Erweiterungsplänen auf die Stadt zukam. Aus derzeit 800 sollten 1210 Quadratmeter werden. Innenstadtnahe Flächen waren gesucht. Die Verwaltung bot die Fläche an der Hochbrücke an, die seit 2009 etwa als Parkfläche mit rund 150 Plätzen genutzt wird. Diese sei im Regionalplan als Vorranggebiet für zentrenrelevante Einzelhandelsgroßprojekte festgelegt.

Der bestehende Knotenpunkt an der L  415 soll in seiner Gestaltung angepasst und die Umfahrung der Sägewerkstraße ins Verkehrskonzept integriert werden. Zur Verfizierung wurde das Büro Kölz in Stuttgart beauftragt, die Planung zu prüfen und vor allem im Hinblick auf die Verkehrssituation ein Gutachten zu erstellen.

Schon jetzt gebe es am Knotenpunkt zwei straßenverkehrsrechtlich illegale Fahrbeziehungen, die Gefahrenpotenzial böten, meinte Markus Schaible vom Büro. Da bestehe Handlungsbedarf. Momentan bestünden theoretisch insgesamt zwölf Fahrbeziehungen. Die alternative Route führt unter der Hochbrücke hindurch Rechtsabbiegen in die L 415.

Zudem sei der Knotenpunkt nicht ausreichend leistungsfähig. Durch die Ansiedlung des Discounters und die damit verbundene Herausnahme der gefährlichen Fahrbeziehung (Linkseinbieger aus der Neckarstraße) würde sich die Situation verbessern, meinte er. Das habe auch die Verkehrsschau bestätigt. Dem Gutachten zufolge sei die Lösung insgesamt "funktionsfähig und praktikabel".

Zu kurz gedacht?

Dem widersprachen einige Stadträte deutlich, etwa Dieter Rinker (FWV). Das Eine sei die Verkehrssituation. Beim Gutachten habe man die schwächsten Verkehrsmitglieder, die Fußgänger, außen vor gelassen, meinte er. Die geplante Lösung, die dazu führe, dass die Bürger quer über den Aldi-Parkplatz gehen würden, könne schnell gefährlich werden, mahnte er an.

Zum anderen sei das Problem mit der Querung der Straße nicht gelöst. Eine Querungshilfe zwischen den beiden Linksabbiegespuren auf der Neckarbrücke, wie vorgeschlagen, sei seiner Meinung nach der Super-GAU, wenn sich dahinter die Linksabbieger einreihen sollen. Da sei der Stau vorprogrammiert. "Die ganze Betrachtung ist zu kurz gedacht", sagte er zur Planung. Zudem gebe es keine Lösung zur Kompensierung der wegfallenden Lastwagenstellplätze. Diese sollen nämlich zugunsten von 78 Aldi- und 27 öffentlichen Parkplätzen wegfallen.

Claudia Altenburger (FWV) meinte, die Parkplätze aufzugeben, sei kurzsichtig. "Die Verkehrsdichte ist hoch, der Parkplatz gut frequentiert, in Stadtnähe und damit eine sinnvolle Ergänzung. Ich kann den Entschluss nicht mittragen", stellte sie klar.

Anderer Meinung war Wolfgang Maier (CDU): "Parkplätze werden genug da sein. Schon früher war klar, dass wir die Fläche wieder vermarkten wollen". Vermarktung heiße aber nicht Markt, warf Rinker dazu ein.

"Es sind nicht Parkflächen, die eine Stadt attraktiv machen", sagte Ruth Hunds (SPD) dazu. Der Discounter wolle aus der Austraße weg. Und wozu sei ein Gutachten gut, wenn man ihm dann nicht vertraue? Günter Danner ging in eine ähnliche Richtung. Er vermutete, dass der Discounter, wenn man die Verlagerung nicht zulasse, den Standort gar aufgebe.

Nicolas Pfister (FWV) störte sich – abgesehen von der Kreuzung, zu der er meinte: "Die war schon immer ein Debakel" – daran, die Fläche für den Discounter herzugeben. "Wir haben bereits einen Supermarkt. Wenn man eine Gemeinschaft wäre, hätte man sich schon längst zusammengesetzt und Ideen zur Platznutzung entwickelt", kritisierte er.

Auch Andreas Bronner (SPD), der nach eigener Aussage bislang immer "zähneknirschend" zugestimmt hat, sagte nun, er scheue sich davor, das Grundstück ohne Not zu veräußern, zumal man mehr als ein Überangebot an Märkten in der Region habe.

Verlässlichkeit fraglich

Der Erste Beigeordnete der Stadt, Lothar Kopf, konnte den Kurswechsel der Stadträte nur schwer nachvollziehen. Vergangenes Jahr sei das Thema schon auf dem Tisch gewesen. Damals hätte man den Entwurf beschlossen sowie den Platz an Aldi zu verkaufen. "Wir haben über vier oder fünf Sitzungsrunden hinweg alle glauben lassen, dass der Beschluss durchgeht", meinte auch Martin Karsten (CDU). Wenn man nun seine Meinung ändere, stelle das die Verlässlichkeit des Gremiums in Frage. "Wir machen uns lächerlich. Mir ist peinlich, was hier gerade passiert", meinte auch Johannes Moch (SPD).

Oliver Hauer und Wolfgang Schittenhelm (beide FWV) standen zu ihrer geänderten Meinung. Letzterer sagte: "Man muss Manns genug sein, seine Meinung zu ändern. Ich bin keinem Investor verpflichtet, sondern den Oberndorfer Bürgern".

Die Entscheidung des Gremiums fiel der Diskussion entsprechend knapp aus: Zwölf Stadträte stimmten dem Umzug des Discounters zu, zehn dagegen. Damit ist der Weg für Aldi, so steinig er auch war, geebnet.

Kommentar: Au Backe!

Von Jasmin Cools

Wenn die Stadträte da nicht mal ein Eigentor geschossen haben. Am Montag fiel die Entscheidung für den Umzug des Aldi-Markts. Schon der Fakt, dass inzwischen fast die Hälfte des Gremiums gegen das Vorhaben ist, gibt zu denken. Zudem scheint es, als wolle man aus einer schlechten Ausgangssituation eine machen, die auf andere Art schlecht ist. Noch merkwürdiger mutet da der Vorwurf an, man sei kein verlässlicher Gemeinderat, wenn man seine Meinung ändere. Manches Mitglied würde ein Projekt demnach offenbar lieber durchwinken, als sich als "Umfaller" zu outen. Auch der Vorwurf, man brauche kein Gutachten, wenn man es dann anzweifle, überzeugt nicht. Denn nicht alles, was man vorgesetzt bekommt, muss einem schmecken. Und den Oberndorfern wird es wohl lieber sein, die Stadträte machen sich ihre eigenen Gedanken als alles einfach abzunicken.