Die Kandidaten (von links) Kai Jehle-Mungenast, Christian Ruf und Simon Busch sind gut gelaunt. Foto: Weisser

Viele Gemeinsamkeiten, wenig konträre Standpunkte und kaum Verbalduelle der OB-Kandidaten: Die erste Podiumsdiskussion der Kreis-Jusos zusammen mit dem Stadtjugendring verlief für diese heißen Wahlkampfphase recht sachlich und ruhig.

Rottweil - Knapp drei Wochen vor der Oberbürgermeister-Wahl in Rottweil am 25. September ist es in den Räumlichkeiten des Stadtjugendrings am Montagabend zum ersten direkten Aufeinandertreffen der Kandidaten Simon Busch, Kai Jehle – Mungenast und Christian Ruf gekommen.

Die Jusos im Kreis Rottweil hatten zu einer Podiumsdiskussion "mit allen drei demokratischen OB-Kandidaten" eingeladen. Dabei standen insbesondere jugendrelevante Themen im Mittelpunkt.

Joachim Bloch von der AfD nicht eingeladen

Der Vierte im Bunde, OB-Kandidat Joachim Bloch (AfD), saß nicht auf der Bühne. Das hätten die Jusos so beschlossen, die Eingeladenen hätten auf diese Entscheidung keinen Einfluss gehabt, erklärte Moderatorin Selina Blust. Für diese Aussage gab es den größten Applaus an diesem Abend. Blust moderierte zusammen mit Dennis Mauch die Podiumsdiskussion.

Das Domizil des Stadtjugendrings im Parkhaus am Kriegsdamm war rappelvoll. In stickiger Luft saßen die Gäste eng beisammen. Die Veranstaltung musste kurz unterbrochen werden, um weitere Stühle und Bänke aufzustellen. Doch auch das reichte nicht aus. Etliche Zuhörer mussten mit Stehplätzen vorliebnehmen.

Gute Kandidatenlage

Simon Busch – es galt die alphabetische Reihenfolge – durfte als erster ans Mikrofon und bedankte sich bei den Jugendlichen für deren Initiative. "Das ist die einzige Veranstaltung in diesem Format." Erster Beifall kam von den Rängen. Er sei Rottweiler aus Leib und Seele, "brenne auf diese Aufgabe" und sei bestrebt, vieles zu ändern, sagte Busch in der Vorstellungsrunde.

Christian Ruf betonte, ihm sei es wichtig, dass die Wähler auch den Menschen hinter dem Kandidaten kennenlernten. Er verwies auf sein großes Sach- und Fachwissen aufgrund der sechsjährigen Tätigkeit als Bürgermeister.

Die Stadt Rottweil begeistere ihn und seine Familie, gab Kai Jehle-Mungenast als Begründung für seine Kandidatur an – "wohlwissend, dass die Kandidatenlage gut ist." Er sitze nun hier und könne nicht mehr anders, meinte er. Nun – so, wie die Aussage von Doktor Faust in Goethes gleichnamiger Tragödie wollte der im Nordschwarzwald geborene Bezirksvorsteher von Vaihingen seine Worte sicher nicht verstanden wissen. Jedenfalls sorgte er damit für Schmunzeln in der Runde.

Bei Digitalisierung Eile geboten

Vier Themenbereiche hatten die Kreis - Jusos als Veranstalter für die Podiumsdiskussion zur Rottweiler OB – Wahl ausgewählt.

Wie die Kandidaten die Digitalisierung am Bildungsstandort Rottweil verbessern wollten, war die erste Frage. 7,5 Millionen Euro würden in den nächsten zwei Jahren investiert, man rufe alle Mittel ab, "dann sind wir sehr gut aufgestellt", fasste Christian Ruf zusammen. Der Bürgermeister ("Man kriegt derzeit kaum Handwerker") bat darum, die derzeitigen Rahmenbedingungen nicht außer Acht zu lassen.

Auch außerhalb des Schulbereichs forderte Kai Jehle-Mungenast Verbesserungen im digitalen Bereich. Er sprach allgemein von "Zugangsgerechtigkeit".

Eile sei geboten, "wir müssen Gas geben", stellte Simon Busch fest. Es dürfe in den Rottweiler Schulen keine Unterschiede geben, so seine weitere Forderung.

Bei ÖPNV und Radwegen noch Luft nach oben

Beim zweiten Themenkomplex, dem Öffentlichen Nahverkehr, insbesondere war der Schülerverkehr gemeint, verlangte Jehle-Mugenast den Ausbau des Radwegenetzes ("Keine Schotterwege") und ein Busangebot auch für spätere Fahrten am Abend und in der Nacht. Die Privatisierung des Busverkehrs bemängelte Busch. "Die Stadt muss in den Busverkehr eingreifen." Als Alternativen nannte er den Einsatz von Kleinbussen und Carsharing.

Ruf ("Der ÖPNV ist einer der wichtigsten Bausteine des Mobilitätskonzepts") plädierte für den Zukauf von Buslinien. Über Einnahmen aus Parkgebühren könnten die Kosten gegenfinanziert werden, so sein Vorschlag.

Bei der Kinderbetreuung wünscht sich Busch eine "fairere Gebührengestaltung". In der Organisationsstruktur sei noch vieles verbesserungsfähig. Das Kinderbetreuungsangebot in Rottweil hält Ruf für sehr gut, aber insbesondere bei der Ganztagesbetreuung gebe es "noch viel Luft nach oben". In puncto Finanzierung sei man auf die Unterstützung des Landes und Bundes angewiesen. Hinweis von Ruf: "Wer bestellt, der bezahlt."

Aus dem Publikum kam die Nachfrage, wie man dem Fachkräftemangel in Rottweil entgegenwirken könne. Ruf sieht eine Möglichkeit, den Auszubildenden im Erziehungsbereich bei der Stadt monatlich einen kleinen Zuschuss zu bezahlen – gegen Zusage einer späteren Beschäftigung bei der Stadt Rottweil.

Wahlfreiheit und Bildungsgerechtigkeit waren die Schlagworte, die Jehle-Mungenast ("Ich ziehe Investitionen in Menschen vor") anführte.

Gebäude am Gaswerk als Jugendhaus?

Um Vorschläge zur Freizeitgestaltung und politischer Beteiligung wurden die Kandidaten ebenfalls gebeten. Ruf sprach vom Wunsch eines offenen Jugendhauses. Das Gebäude am Gaswerk in der Au wäre seiner Meinung nach dafür prädestiniert. Das Jugendhearing finde er gut, "doch mit den Ideen passiere zu wenig", räumte der Bürgermeister ein.

Mehr junge Leute in den Stadtrat

Transparenz und ständige Dialogformate mit der Jugend wären für Jehle-Mungenast ein Weg für Verbesserungen. Ein "vollkommener Paradigmenwechsel" sei erforderlich, äußerte Busch. Von der Jugend sollten die Vorschläge kommen. Den Jugendlichen müsse man zuhören. "Am besten wäre es, mehr Jugendliche wären im Gemeinderat." Auch ein späterer Zwischenruf untermauerte diese Feststellung. "Lasst euch für den Stadtrat aufstellen", schallte es aus den Zuhörerreihen. Vorne murmelte daraufhin ein Juso-Funktionär: "Dazu müssen die Älteren zuerst aber einmal Platz machen."

PV-Anlagen im Fokus

Thematisiert wurde ebenso das Feld "Energiewende". Busch betonte die Notwendigkeit, über PV-Anlagen und Windkraft sowie einer genossenschaftlichen Ausrichtung noch autarker zu werden. Er wolle einen Klimaschutzmanager einstellen, sagte Ruf. Zudem erwähnte er die Beteiligung der Bürger an Solarparks. Denkbar für ihn: Kleine "Balkonkraftwerke" mit Zuschüssen zu fördern.

Ein Zuhörer kritisierte die restriktiven Regelungen bei der Installierung von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Häusern in der Innenstadt. Zunächst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, waren sich Busch und Ruf einig. Der Gemeinderat sollte über die Bauvorschriften beraten, Kern und Charme der Innenstadt dürften aber nicht ausgehöhlt werden, deutete Ruf an. Die Landesregierung – so Jehle-Mungenast - ermögliche mittlerweile PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Häusern. Die Anlagen müssten sich aber ins Stadtbild einfügen. Solche gebe es schon, aber sie seien weitaus teurer als herkömmliche.

Der Begriff "Podiumsdiskussion" war an diesem Abend nicht ganz zutreffend. Die Kandidaten beantworteten die gestellten Fragen. Danach konnten die Zuhörer Fragen an alle oder einzelne Bewerber stellen.

Etliche Gemeinsamkeiten

Auf dem Podium gab es zwischen den Kandidaten – bis auf wenige kurze Einwürfe – keinen Austausch. Bei einigen Fragen unterschieden sich die Antworten zu den vier Themenbereichen nicht wesentlich. Wie sagte Blust zwischendurch: "Wir decken heute auch Gemeinsamkeiten auf."