Erwartet hatten es schon viele Albstädter, nun ist es offiziell: Roland Tralmer tritt zur Wahl des Oberbürgermeisters am 5. März 2023 an. Er ist der erste Kandidat – und es ist sein Geburtstag.
Albstadt - "Ich brenne für meine Heimatstadt – deshalb bewerbe ich mich um das Amt des Oberbürgermeisters", sagt Roland Tralmer. Obwohl der Volljurist dem CDU-Stadtverband und der CDU-Gemeinderatsfraktion vorsitzt, obwohl die CDU Albstadt geschlossen hinter ihm steht und der Vorstand seine Kandidatur einstimmig befürwortet hat, will Tralmer keinen parteipolitischen Wahlkampf führen und lässt seinen CDU-Vorsitz bis zum 5. März 2023 ruhen – seine Stellvertreter Olaf Baldauf, Steffen Conzelmann und Bettina Zundel übernehmen.
Was treibt ihn an? "Seit bekannt ist, dass Oberbürgermeister Klaus Konzelmann nicht mehr antritt, sprechen mich immer wieder Menschen – nicht nur von der CDU – an und sagen: ›Du bist der Richtige‹", berichtet Tralmer. "Das nehme ich mit!" Entscheidend war für ihn auch die Unterstützung seiner Frau Kristina Gabler, mit der er seit 16 Jahren zusammen ist, und seiner Stieftochter. "Sie stehen voll dahinter – das ist entscheidend."
Die Herausforderungen kennt er bereits gut
Lange habe er über das Argument nachgedacht, Albstadt brauche einen Kandidaten "von außen", sagt Tralmer, ist für sich aber zum Schluss gekommen, dass es für einen Außenstehenden viel schwieriger sei, die Stadt voranzubringen: "Diese große Verwaltung muss man erst einmal kennenlernen, und eine lange Einarbeitungszeit kann sich Albstadt nicht leisten. Die Stadt ist im Umbruch – und ich kenne die Herausforderungen." Als Kreisrat vertrete er Albstadt als größte Zahlerin – jeder dritte Euro im Kreishaushalt kommt aus der größten Stadt des Zollernalbkreises – bereits und könne "nahtlos übernehmen", wenn Kreisrat Klaus Konzelmann nicht mehr OB sei. Dass Tralmer angesichts seines langen politischen Engagements auch gute Drähte nach Stuttgart und Berlin hat, "ist für die Stadt auch nicht schlecht", betont er, gerade wenn es um wichtige Projekte wie die Elektrifizierung der Zollernbahn und die Ortsumfahrung Lautlingen gehe.
"Mir geht es nicht darum, Karriere zu machen", betont Tralmer, der mit 55 Jahren eine gut gehende Rechtsanwaltskanzlei führt und glücklich verheiratet ist. "Ich arbeite und lebe hier und möchte irgendwann auch meinen Lebensabend in einer gut funktionierenden Stadt verbringen."
"Wir brauchen mehr Druck in der Umsetzung"
Was in Albstadt besser funktionieren könnte, weiß Tralmer aus bisher fast drei Amtsperioden im Gemeinderat: "Wir haben Programme für alles und jedes, und die sind auch sehr gut. Aber es ist wichtig, all das zu vernetzen, damit etwas Vernünftiges für die Stadt herauskommt." Oft habe er von Bürgern gehört: "Ich gehe jetzt zu keinem Bürgerbeteiligungsworkshop mehr", sagt Tralmer und fügt hinzu: "Politik beginnt zwar mit der Betrachtung der Wirklichkeit, aber wir brauchen mehr Druck in der Umsetzung, denn die Räder drehen sich zwar, aber sie greifen nicht ineinander." Gesteuert werden müsse das aus dem Rathaus heraus – und die Bevölkerung sowie der Gemeinderat dabei mitgenommen werden.
Sachargumente statt bunter Luftballons
"Den Menschen zuhören", das hat sich Roland Tralmer für den Wahlkampf zur Aufgabe gemacht. "Ich bin kein Freund von Materialschlachten", sagt er. "Wir leben in einer Zeit, in der nicht bunte Luftballons in kalten Wohnzimmern herumliegen müssen – wir werden die Sachargumente in den Vordergrund stellen, und darauf freue ich mich."
"Wir", das ist ein Team von Unterstützern, nicht nur aus der CDU, das unter anderem an seiner Internetseite arbeitet, die bald online gehen und zur Plattform für eine Diskussion über die Zukunft Albstadts werden soll.
Wie sieht diese in Roland Tralmers Augen aus? "Gesamtstädtisch", das ist ihm, der sich schon immer als Albstädter und nicht nur als Ebinger begreift, wichtig. Die Stärken jedes Stadtteils herausarbeiten und dabei die Stadt als ganze weiterbringen, etwa durch "zukunftsweisende Leuchtturmprojekte wie ein Gewerbegebiet Hirnau, das explizit unter ökologischen Gesichtspunkten entwickelt wird". Es sei Aufgabe der Stadt, zusammen mit den Albstadtwerken regenerative Energien und die Ladeinfrastruktur auszubauen. Bürgerfreundliche Digitalisierung – wie das geht, hat er erlebt, als er vor seiner Hochzeit eine Bescheinigung von der Stadt Balingen brauchte und sie elektronisch bekam, während er für das nötige Dokument im Rathaus Albstadt eine Nummer ziehen und dann erst einmal anstehen musste.
"Mit Betonwüsten ist nichts mehr zu gewinnen"
Mehr Grün in den Stadtteilen, auf Straßen, Plätzen und an Fassaden, schon um die Hitze-Sommer erträglicher zu machen: "Mit Betonwüsten ist in Zukunft nichts mehr zu gewinnen, und zum Schaufensterbummel alleine kommt auch keiner mehr in die Stadt – wir müssen Aufenthaltsqualität schaffen."
Als traditionsreiche Industrie- und Handelsstadt mit herrlicher Natur will Tralmer ein Albstadt "mit ausreichend qualifizierten Arbeitsplätzend und hoher Lebensqualität, bunter Gastronomie, und verkehrstechnisch gut angebunden", so dass Studierende der Hochschule Albstadt-Sigmaringen – für ihn einer der wichtigsten Spieler auf dem Zukunftsfeld – auch nach dem Studium gerne blieben.
"Kein Ebinger Zentralismus! Es gibt noch weitere acht Stadtteile!"
Dass er der einzige OB-Kandidat bleiben wird, erwartet Roland Tralmer nicht, und er betont: "Ich führe keinen Wahlkampf gegen irgendjemanden, sondern für die Zukunft Albstadts." Deshalb will er auch allen Fraktionen im Gemeinderat die Hand zur Zusammenarbeit reichen – und mit möglichst vielen Albstädtern ins Gespräch kommen. "Damit es uns gelingt, ein Albstädter Wir-Gefühl zu schaffen und die Menschen gerne dazu stehen, dass sie Albstädter sind – nicht im Sinne eines Ebinger Zentralismus, denn es gibt noch weitere acht Stadtteile."
Vier harte Monate, in denen er viel Zeit für Gespräche einbringen will, ohne dabei seine Kanzlei zu vernachlässigen, liegen nun vor Roland Tralmer – und eines weiß er schon jetzt: "Auch wenn ich weiß, dass nicht alle damit klarkommen: Ich weigere mich, meinen Humor zu reduzieren!"