Die Einfälle scheinen der Improtheatergruppe Plan B nicht auszugehen. Foto: Berbalk Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Improvisationstheater Plan B in der Alten Friedhofskirche Nusplingen

Nusplingen. Wenn ein 84-Jähriger aus dem Gefängnis ausbricht und die minderjährige Youtuberin nur durchs Anzapfen der Stromleitung des Nachbarn "Saft" für ihren nächsten Videodreh bekommt, dann ist man beim Improtheater. Der Förderverein Alte Friedhofskirche St. Peter und Paul hatte die Improtheatergruppe Plan B aus Sigmaringen zu Gast. Das Theaterstück "Tag der Entscheidung" entstand an diesem Abend spontan nach Vorgaben des Publikums.

Drei Hauptfiguren mussten gemeinsam entwickelt werden: Die Zuschauer gaben Name, Alter, Beruf und Hobbies vor. So entstanden Thommy, ein 25-jähriger Buchhalter und Fitnessfreak, und eben Gustav, der mit 84 Jahren wegen eines Banküberfalls im Gefängnis saß. Die dritte Figur war die 17 Jahre alte Margharita, die als Kind eine Würgeschlange besessen hatte und nun gern Fingernägel lackierte.

Den sechs Schauspielern Florian, Thomas, Martin, Karin, Christine und Brigitte gelang es, die Hauptpersonen in die vom Publikum geforderten Zwickmühlen zu bringen: Soll sich Thommy ein Auto kaufen? Wird Gustav – wieder einmal – ausbrechen? Ist ein eigener Youtube-Kanal für Margharita das Richtige?

Die Geschichten, die dann in den nächsten zwei Stunden entstanden, sind an Einfallsreichtum kaum zu überbieten: Thommy arbeitet als Buchhalter unter seinem Snickers essenden amerikanischen Chef gern und gut, bis er plötzlich vor die Wahl gestellt wird: einen Firmenwagen fahren oder ab in die gehasste zweite Etage mit Kundenkontakt. Er lernt im Hambacher Forst die Umweltaktivistin Karla kennen und verzichtet ihr zuliebe darauf, das Auto zu kaufen. Wie er dann, zehn Jahre später, plötzlich selbst Chef der Firma ist und seinen Ex-Chef vom Hof jagt – diese Wendung hinzubekommen ist fürs Ensemble kein Problem.

Die Zuschauer erfuhren auch, dass Gustav, der Senior im Knast, das Anstaltsessen Kartoffelbrei hasst und nicht nur das ein Grund ist, auszubrechen: Auch aus Liebe zu seiner Martha, die schon immer mit ihm nach Venedig wollte, lässt er sich, im Wäscheberg versteckt, in die Freiheit schieben. Fasziniert beobachtete das Publikum die beiden auf ihrer Reise in den Süden, den Lebensabend in der Lagunenstadt schon vor Augen – nur um dann in der nächsten Szene Gustav wieder im Gefängnis zu finden.

Er ist zurückgekehrt und hat diverse Änderungen eingeführt: Es gibt eine Minigolfbahn, Piñacolada und Jacuzzis im First-Class-Knast. Und die zickige Youtuberin, deren Mutter als Best-Agerin mittlerweile ihren eigenen Kanal betreibt, ist Mutter von Zwillingen – Justin und Chantal. Als einzige Einnahmequelle bleibt ihr und ihrem Mann Elvis nur noch übrig, das Elterngeld weiter zu erhöhen: "Du musst noch mal ran, Elvis!"

Mit viel Applaus ging ein höchst spannender und vergnüglicher Theaterabend zu Ende. "Plan B" hat das Nusplinger Publikum staunen lassen und gezeigt, dass Dramatik und Komödie ganz eng beieinander liegen können – nicht nur, aber auch improvisiert.