Beate Zschäpe (Mitte) mit ihren Anwälten Anja Sturm und Wolfgang Heer Foto: dpa

Beate Zschäpe vertraut ihrer Anwältin Anja Sturm nicht mehr. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess wirft der Verteidigerin vor, sie habe Vertrauliches öffentlich gemacht. Dem widersprechen Sturms Kollegen.

München - Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, hat mit ihrer Attacke gegen ihre Anwältin Anja Sturm Kritik auch ihrer beiden anderen Verteidiger ausgelöst. Anwalt Wolfgang Stahl schrieb in einer Stellungnahme an das Oberlandesgericht (OLG) München, die „Behauptungen von Frau Zschäpe“ seien für ihn „nicht nachvollziehbar“. Zschäpe hatte vergangene Woche Sturms Ablösung verlangt. Sie wirft Sturm vor, psychischen Druck ausgeübt und vertrauliche Informationen öffentlich erörtert zu haben.

Auch Rechtsanwalt Wolfgang Heer widersprach Zschäpe. Er schrieb dem Gericht, seine Mandantin habe ihm entgegen ihrer Behauptung „zu keinem Zeitpunkt“ berichtet, dass Sturm vertrauliche Informationen im Prozess verwendet habe.

Zschäpe bittet um Fristverlängerung

Zschäpe wandte sich unterdessen mit einem weiteren handgeschriebenen Brief an das Gericht und bat um eine verlängerte Frist für eine weitere Stellungnahme. Sie benötige Rücksprache mit „einem Anwalt“. Dem kam das Gericht nach und setzte ihr eine Frist bis diesen Mittwoch, 15 Uhr. Nächster Prozesstag ist dieser Dienstag. Der Termin bleibe trotz der Verteidigerkrise um Zschäpe bestehen, hieß es am Montag beim OLG.

Zschäpes Verhältnis zu allen drei Anwälten gilt als nicht unbelastet. Ein früherer Entbindungsantrag gegen ihre drei Pflichtverteidiger war allerdings vom Gericht abgelehnt worden. Zschäpe hatte ihrer Anwältin Sturm vorgeworfen, sie psychisch unter Druck zu setzen und vertrauliche Aussagen in der öffentlichen Gerichtsverhandlung verbreitet zu haben. Konkret wurde sie aber nicht. Sturm wies die Vorwürfe zurück.

In dem seit mehr als zwei Jahren laufenden Prozess muss sich Zschäpe für die zehn überwiegend rassistisch motivierten Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) verantworten.

Nur wenige Kilometer vom Gericht entfernt erinnerten die Familie, Freunde und Politiker mit einem Gedenkgottesdienst an den vor genau zehn Jahren vom NSU ermordeten Griechen Theodoros Boulgarides. „Wir alle bedauern alle damaligen Fehler zutiefst“, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit Bezug auf Pannen bei den Ermittlungen. Boulgarides war am 15. Juni 2005 mit drei Kopfschüssen getötet worden. Er war das siebente Mordopfer des NSU.