Sind wirklich alle Nebenkläger im NSU-Prozess auch im juristischen Sinne Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe? Die Verteidiger von Beate Zschäpe bezweifeln das.
München - Im Münchner NSU-Prozess eskaliert der Streit zwischen der Verteidigung der Hauptangeklagten Beate Zschäpe und Teilen der Nebenklage. Zschäpes Anwälte verlangten am Donnerstag, eine Nebenklägerin aus der Kölner Keupstraße sowie deren Anwalt Alexander Hoffmann von dem Verfahren auszuschließen.
Dabei attackierten sie Hoffmann mit scharfen Worten und warfen ihm „impertinente und geschmacklose Unterstellungen“ vor. Hoffmann hatte den Zschäpe-Verteidigern in der vergangenen Woche vorgeworfen, „den Prozess gegen die Nebenklage zu drehen“ und seine Mandantin der Lüge zu bezichtigen. Hoffmann reagierte am Donnerstag auf den Antrag der Zschäpe-Verteidiger mit dem Vorwurf, sie wollten einen „unbequemen Vertreter rausschießen“.
In ihrem Antrag argumentieren die Verteidiger, die Nebenklägerin sei nicht „Verletzte“ eines versuchten Mordes und einer gefährlichen Körperverletzung. Folglich bestehe kein Recht zur Nebenklage. Die „Voraussetzungen für eine fortgesetzte Hinzuziehung eines Rechtsanwalts“ lägen nicht vor. Bei dem Anschlag in der Keupstraße im Jahr 2004, der den NSU-Rechtsterroristen zugeschrieben wird, wurden 22 Menschen teils schwer verletzt. Die Nebenklägerin hatte sich zu dem Zeitpunkt, als die Nagelbombe explodierte, in einem hinteren Zimmer ihrer Wohnung aufgehalten. Sie hatte später eine Veranstaltung besucht, auf der auch ihr Anwalt als Redner auftrat. Nach Ermittlungen des BKA hatte sie bei dieser Gelegenheit den Anwalt engagiert.
Zschäpe ist unter anderem wegen zehn Morden angeklagt
Um die Tätigkeit einiger Nebenkläger-Anwälte gibt es seit Prozessbeginn immer wieder Diskussionen. Vergangene Woche hatte ein Zeuge im Prozess ausgesagt, er sei gegen seinen Willen von einem Anwalt als Nebenkläger angemeldet worden.
Die Bundesanwaltschaft hat Zschäpe wegen zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen angeklagt. Mit ihr stehen vier mutmaßliche Unterstützer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor dem Münchner Oberlandesgericht. Dieses hörte am Donnerstag auch ein weiteres Mitglied der Chemnitzer Neonazi-Szene als Zeugen an. Der Mann spielte als Gitarrist in einer Neonazi-Band, mit deren Musik eines der Bekennervideos des NSU unterlegt ist.
Derweil bleibt unklar, ob für den mutmaßlichen NSU-Unterstützer Carsten S. am Ende das Erwachsenen- oder das Jugendstrafrecht angewendet werden soll. Ein Jugendgerichtshelfer gab am Donnerstag noch keine entsprechende Empfehlung ab, das Gutachten eines Psychiaters wurde vom Gericht noch einmal vertagt. S. hat die Beschaffung und Übergabe einer Waffe an den NSU zugegeben.