Die Angeklagte Beate Zschäpe (Mitte) mit ihren Anwälten Anja Sturm und Wolfgang Heer vor dem Oberlandesgericht München beim NSU-Prozess. Foto: dpa

Der Mord an zwei Polizisten in Heilbronn ist die wohl rätselhafteste Tat des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Mehrere Zeugen beschrieben blutverschmierte Menschen in der Nähe des Tatorts, doch das Bild bleibt voller Widersprüche.

Der Mord an zwei Polizisten in Heilbronn ist die wohl rätselhafteste Tat des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Mehrere Zeugen beschrieben blutverschmierte Menschen in der Nähe des Tatorts, doch das Bild bleibt voller Widersprüche.

München - Nach dem NSU-Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn haben mehrere Zeugen von blutverschmierten Personen in der Nähe des Tatorts berichtet. Das sagte ein Beamter des Landeskriminalamts Baden-Württemberg am Donnerstag im NSU-Prozess. Die Bundesanwaltschaft geht allerdings in ihrer Anklage nicht davon aus, dass die Blutverschmierten, von denen die Zeugen berichteten, die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren.

Der LKA-Beamte berichtete, unter anderem habe ein Ehepaar einen Mann beschrieben, der vor einem Polizeihubschrauber weggerannt sei. Kurz darauf habe ein anderer Zeuge einen blutverschmierten Mann gesehen, der in ein Auto gesprungen sei. Ein weiterer Zeuge habe zwei Männer und eine Frau am Neckar gesehen; einer der Männer habe blutverschmierte Hände gehabt und sei zum Fluss gegangen, um sich zu waschen. „Mir ist kein einziger Fall bekannt, wo es so viele Zeugen gab, die blutverschmierte Menschen sahen“, sagte der mittlerweile pensionierte Kriminalhauptkommissar.

Laut Anklage schossen Mundlos und Böhnhardt am 25. April 2007 auf die beiden Polizisten, die in ihrem Streifenwagen saßen und Pause machten. Kiesewetter starb noch am Tatort. Sie wurde 22 Jahre alt. Ihr Kollege Martin A., damals 24, überlebte schwer verletzt.

Dass die beobachteten blutverschmierten Personen nicht Mundlos und Böhnhardt waren, schließt die Bundesanwaltschaft daraus, dass der Wohnwagen, in dem die beiden Neonazis wohl unterwegs waren, schon kurz nach dem Mord an einem gut 20 Kilometer entfernten Kontrollposten gesehen wurde. Deshalb müssten sie direkt nach der Tat losgefahren sein - die Zeugen machten ihre Beobachtungen aber erst einige Zeit später. Auch die Phantombilder, die seinerzeit angefertigt wurden, zeigen keine besondere Ähnlichkeit mit den Zwickauer Neonazis.

Es bleiben also die Möglichkeiten, dass entweder jemand anderes mit dem Wohnmobil fuhr - oder dass weitere Täter an dem Attentat beteiligt waren. Hierfür sieht die Bundesanwaltschaft jedoch keine Anhaltspunkte, auch wenn sich derartige Hypothesen nicht völlig ausschließen lassen. Drittens könnten die Zeugen jemanden gesehen haben, der zwar blutete, mit dem Fall aber nichts zu tun hatte. Zudem gibt es auch immer wieder Fälle, in denen sich nach spektakulären Kriminalfällen Zeugen mit angeblichen Beobachtungen melden, die aber nicht der Wahrheit entsprechen müssen.

So gab es - wie der LKA-Beamte schilderte - auch im Heilbronner Fall eine Zeugin, die eine Person mit blutverschmiertem Gesicht gesehen haben wollte. Als die Ermittler die Szenerie nachstellten, fanden sie jedoch heraus, dass die Zeugin von ihrem Standort - 125 Meter vom Tatort entfernt - gar nicht so viel sehen konnte, wie sie geschildert hatte.