Eine Videoprojektion ist im Oktober 2009 auf der Fassade der ehemaligen Stuttgarter Zentrale der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) zu sehen, die im einstigen Hotel Silber untergebracht war. Foto: dpa

Schmid hat Thema zur Chefsache gemacht - Auch Grünen-Chef im Gemeinderat ist für Erhaltung.

Stuttgart - In der Frage um die vollständige Erhaltung des ehemaligen Hotel Silber kommt es in den Koalitionsverhandlungen zum Schwur. SPD-Landeschef Nils Schmid (SPD) habe es zur Chefsache gemacht, für die Erhaltung und Nutzung als NS-Dokumentations- und Lernzentrum zu kämpfen, heißt es in der SPD.

"Die Zeit des Vergessens und Verdrängens ist endgültig vorbei", heißt es in einer Erklärung von 50 Unterzeichnern einer kürzlich veröffentlichten Anzeige. Darin ging es um einen Appell zum vollständigen Erhalt der ehemaligen Gestapo-Leitstelle in der Dorotheenstraße10.

"Es war der zentrale Ort für Planung, Organisation und Durchführung der schlimmsten Verbrechen des NS-Regimes in Württemberg-Hohenzollern", rief Architekt Roland Ostertag am Montag in Erinnerung. Diesen authentischen Ort nicht zu erhalten käme einer kulturellen Barbarei und Schande gleich. Stuttgart habe im Gegensatz zu Köln und demnächst auch München keinen zentralen Gedenkort und damit auch keinen Lernort, der für die junge Generation und die Verantwortung für die Zukunft wichtig sei. Geplant ist ein NS-Dokumentations- und Lernzentrum.

"Dass in dieser Anzeige namhafte und prominente Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle dieses Projekt unterstützen, beweist dessen Bedeutung", betonte Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler aus Frankfurt, der dem Anliegen gemeinsam mit dem Schauspieler Walter Sittler, mit Bernhard Löffler, Vorsitzender des DGB Nord-Württemberg, und mit Frederick Brütting, Juso-Vorsitzender im Land, Nachdruck verlieh. Darauf sollten sich die Grünen besinnen, mahnte Brumlik angesichts der unentschiedenen Haltung dieser Partei, in der ein Teil für den Abriss stimmt, um das Da-Vinci-Projekt nicht zu sabotieren. Nils Schmid und der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wollen über die Zukunft des ehemaligen Hotel Silber verhandeln.

Unterdessen kümmert sich auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Werner Wölfle, um eine Lösung beim Bauvorhaben der Firma Breuninger und des Landes für ein neues Quartier am Karlsplatz. Wie es dort weitergeht, gilt als völlig offen, seit die Landtagswahl einen Regierungswechsel brachte. "Die Firma Breuninger hängt in der Luft. Es geht um ihr Geld. Ich möchte vermeiden, dass das Land aussteigt, zumal es weiterhin Büroraum braucht", sagte Wölfle im Gespräch mit unserer Zeitung. Er setze sich dafür ein, dass Breuninger-Chef Willem G. van Agtmael schnellstmöglich erfahre, wie es weitergehen könne. Er selbst trete auch dafür ein, das Gebäude Dorotheenstraße10 vollständig zu erhalten, ohne dass man das Neubauprojekt am Karlsplatz beerdige. Das Land müsse seinen Raumbedarf an dieser Stelle zurückschrauben. Wenn das ehemalige Hotel Silber komplett erhalten werde, seien die Pläne vom Architekturbüro Behnisch mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mehr umsetzbar, urteilte Wölfle. In diesem Fall müsse man schnellstens zu einer planerischen Alternative kommen. Klar sei für ihn aber auch, dass man ein Neubauprojekt in veränderter Form brauche, um das Stadtquartier zwischen Karlsplatz und Marktplatz städtebaulich aufzuwerten.