Der Eintritt ins Dokumentationszentrum Nationalsozialismus ist bis März 2026 kostenlos.Der Eintritt ins Dokumentationszentrum Nationalsozialismus ist bis März 2026 kostenlos. Foto: Ralf Deckert

Das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus hat seit Freitag geöffnet. Es soll Besuchern in Freiburg einen Ort der Erinnerung und des Gedenkens bieten, aber auch Lernort sein. Die Einrichtung will auch die Demokratie stärken und Denkanstöße geben.

„Nie wieder! Nie wieder ist jetzt“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos), der am Donnerstag das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus (DZNS) in Freiburg seiner Bestimmung übergeben hat. Der Weg war „ein jahrelanger Prozess, bei dem viele Akteure involviert waren“, blickt Horn zurück. Das Projekt ist aber im Zeit- und Kostenrahmen geblieben.

 

Das Signal

Das Haus werde dringender gebraucht denn je angesichts weltweiter politischer Tendenzen, die Demokratie und Menschenrechte gefährden, erklärt Martin Horn. Das Haus in Freiburg wolle eine Antwort auf solche Tendenzen geben für alle Generationen, die sich der Aufgabe stellen, sich mit der dunkelsten Seite der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen. „Wir leben in abstrusen Zeiten heute. Aber was damals passiert ist, darf heute nicht verdreht, verleugnet oder schöngeredet werden“, so Horn. Freiburgs Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD), der ein maßgeblicher politischer Motor beim Bau des Dokuzentrums war, sprach „von einem großen Tag“. Es sei wichtig, den Weg nachzuzeichnen, wie es zur Nazi-Diktatur in Deutschland kommen konnte: „Es ist entscheidend, dass wir uns der Vergangenheit stellen und sie wachhalten.“

Der Startschuss

2018 erfolgte der Grundsatzbeschluss im Gemeinderat für den Bau des DZNS einstimmig. Die Stadt hat 14 Millionen Euro in den Kauf des historischen Gebäudekomplexes, den Ausbau und die Ausstattung des Projekts am Rotteckring 14 investiert. Die Unterhaltskosten werden derzeit mit rund 700 000 Euro im Jahr veranschlagt. Aber schon viele Jahre vorher waren aus der Bürgerschaft immer wieder Stimmen laut geworden, die eine NS-Gedenkstätte in Freiburg gefordert hatten. „Es ist ein Meilenstein für eine zeitgemäße Erinnerungskultur und die Demokratieförderung in und um Freiburg“ , so Horn.

Julia Wolrab, die Leiterin des DZNS, verweist auf die 1048 Namen, die auf dem Würfel im Gedenkraum angebracht sind. Foto: Ralf Deckert

Das Gebäude

Das historische Gebäude befindet sich in zentraler Lage in der Freiburger Innenstadt und nahe dem Platz der Alten Synagoge. 1936 eröffneten die Nazis in dem Gebäude das Verkehrsamt, eine Art Tourismusbüro für Reisende, jedoch mit einem klaren Propaganda-Auftrag. Das alte Gebäude wurde bewusst in die Ausstellung miteingebunden, so beispielsweise der alte Luftschutzbunker. Auch ein altes Fresko, das während der Bauarbeiten entdeckt wurde, wurde integriert. „Das nationalsozialistische Gemälde zeigt Menschen, die dem sogenannten nationalsozialistischen Idealbild entsprechen“, erläutert Julia Wolrab, die Leiterin des NS-Dokumentationszentrums. Das Gemälde ist aber nun größtenteils verdeckt und nur ausschnittsweise zu sehen. Man habe sich dazu entschieden, dass das Gemälde nicht zu sehr in den Vordergrund rücke, so Wolrab.

Die Ausstellung

Auf drei Stockwerken zeichnet die Dauerausstellung „Hinter den Fassaden. Freiburg im Nationalsozialismus“ die Freiburger Stadtgeschichte anhand von Ereignissen und Personen aus der Region von 1918 bis in die heutige Zeit nach. „Dabei werden verschiedene Perspektiven beleuchtet: Täter, Opfer und Volksgemeinschaft, die irgendwo zwischendrin steht“, erklärt Wolrab. Neben der chronologischen Abfolge von Ereignissen werden auch viele Einzelschicksale beleuchtet. Auch soll das DZNS den Besuchern Denkanstöße vermitteln und auf die heutige Zeit verweisen.

Die Ausstellung zeigt verschiedene Perspektiven und Akteure auf. Foto: Alexander Blessing

Der Gedenkraum

In einem eigens eingerichteten Gedenkraum im ehemaligen Innenhof des Gebäudes wurde ein begehbarer Würfel errichtet. An den Wänden des Kubus sind die Namen von 1048 von den Nationalsozialisten ermordeten Menschen, die einen Bezug zu Freiburg haben, angebracht. Da noch längst nicht alle Facetten der NS-Geschichte in der Stadt erforscht seien, habe man am Würfel Platz gelassen für die Namen möglicher weiterer NS-Opfer, deren Geschichte noch nicht aufgearbeitet sei, so die Leiterin des Hauses Julia Wolrab. Das Schicksal von 700 Menschen könne man bereits in der App des DZNS nachlesen.

Steine der Alten Synagoge sind im Gedenkraum in den Boden eingelassen. Foto: Alexander Blessing

Die Synergieeffekte

Ebenfalls in dem Gedenkraum erhalten sind Fundamentsteine der Alten Synagoge, die vor einem Jahrzehnt bei der Umgestaltung des Platzes der Alten Synagoge gefunden wurden. Frühere Ausstellungen über das NS-Regime in Freiburg hätten gezeigt, wie groß das Defizit bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte zuletzt noch gewesen sei, so die Leiterin der städtischen Museen in Freiburg, Jutta Götzmann. „Auch deshalb freue ich mich, dass wir heute hier an den Start gehen können.“ Es gebe viele Synergien mit den anderen Museen in der Stadt.

Die Forschung

Das DZNS sei kein statischer Ort, so Wolrab. Die Forschung sei noch lange nicht am Ende. „Es gibt für uns den klaren Auftrag weiter zu machen und weiter zu recherchieren“, erklärt die Historikerin. So sollen nach und nach weitere Schicksale und Geschichten ergänzt werden.

Der ehemalige Luftschutzbunker wurde integriert. Foto: Alexander Blessing

Die Wohngemeinschaft

Im Rahmen des Projektes hat die Stadt die Chance genutzt und Räume für die Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) geschaffen. OB Horn spricht in diesem Zusammenhang von einer „Wohngemeinschaft der Demokratie“. „An diesem Standort nun historisch-politische Bildungsangebote gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des DZNS gemeinsam zu konzipieren, ist eine wertvolle Konstellation“, sagt Michael Wehner, Leiter der LpB-Außenstelle.

Der Förderverein

Unterstützt wird die Arbeit des DZNS durch einen 2022 gegründeten Förderverein, der mittlerweile mehr als 300 Mitglieder hat, so Vereinsvorstand Christoph Ebner. „Es ist unser wichtigstes Ziel, dieses Haus in der Freiburger Zivilgesellschaft zu verankern.“ Wer Mitglied im Verein werde, stelle sich auf die Seite der Demokratie und helfe mit, sie gegen Angriffe jeglicher Art zu verteidigen. Man habe „eine stattliche Summe“ an Spenden gesammelt, die demnächst übergeben werde, kündigt Ebner an.

Das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus

Dauerausstellung
 Das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus (DZNS) mit der dreisprachigen Dauerausstellung „Hinter den Fassaden. Freiburg im Nationalsozialismus“ ist seit Freitag, 21. März, für die Öffentlichkeit geöffnet. Bis März 2026 ist der Eintritt zunächst frei.

Öffnungszeiten
Die Öffnungszeiten sind dienstags von 10 bis 19 Uhr sowie von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr. Ergänzend gibt es auf der Seite www.museen.freiburg.de/dnzs weitere Informationen und einen digitalen Rundgang.