Am 30. Juli hat die NPD eine Lastwagen-Tour durch Stuttgart unternommen. Foto: Peter-Michael Petsch

Die NPD darf sich freuen: Mit ihrer Lastwagen-Tour durch Stuttgart am 30. Juli haben die Rechten in Stuttgart einen schönen Scherbenhaufen hinterlassen.

Stuttgart - Die NPD darf sich freuen: Mit ihrer Lastwagen-Tour durch Stuttgart am 30. Juli haben die Rechten in Stuttgart einen schönen Scherbenhaufen hinterlassen. Acht Polizisten und ein Demonstrant verletzt, Ermittlungsverfahren gegen etwa 100 Personen – und dann muss sich SPD-Innenminister Reinhold Gall auch noch vor der Grünen-Landtagsvizepräsidentin Brigitte Lösch für den Polizeieinsatz rechtfertigen. Außerdem droht Polizeipräsident Thomas Züfle nächste Woche ein Auftritt vor dem Verwaltungsausschuss des Gemeinderats.

Zentral geht es um einen Zwischenfall am Rotebühlplatz, als die Polizei eine etwa 60-köpfige Gruppe von linken Gegendemonstranten einkesselte, um deren Personalien festzustellen. Zuvor hatte es mehrere Auseinandersetzungen gegeben, als 150 Antifaschisten den Auftritt einer Handvoll Rechtsextremer mit Fahnenstangen, Eiern, Flaschen und Steinen verhindern wollten. Aktivisten blockierten zudem die Kreuzung des Rotebühlplatzes.

In einem Schreiben an Lösch räumt Innenminister Gall nun ein, dass es beim Polizeikessel durchaus Mängel gegeben hat. So habe „die Dauer der Personalienfeststellung nicht den sonst üblichen Standards der Polizei entsprochen“, so Gall. Dies müsse „deshalb kritisch beleuchtet und nachbereitet werden“. Schließlich habe es Einzelfälle gegeben, „dass auch Unbeteiligte – auch zum Teil über Gebühr lange – betroffen waren“. Brigitte Lösch spricht davon, dass manche bis über sechs Stunden festgehalten worden seien: „Die Einkesselung war unverhältnismäßig“, so die Landtagsabgeordnete.

Grundsätzlich verteidigt der SPD-Innenminister aber den Einsatz der etwa 150 Polizeibeamten

Gall spricht von einer „ungewollten zeitlichen Ausdehnung“ aus verschiedenen Gründen. Zum einen habe man nicht damit gerechnet, dass es eine so hohe Zahl von Freiheitsentziehungen wegen eines „deutlich gewaltgeneigteren Einsatzverlaufs“ geben würde. Daher habe man Kräfte nachalarmieren müssen – was eben gedauert habe. Zudem habe die Wasenwache aktiviert werden müssen, zusätzlich habe es „Probleme beim Transport“ gegeben. Wegen der sich ständig ändernden Lage, wegen der „Unübersichtlichkeit“ und einem „Gewaltverhalten aus der Gruppe heraus“ habe die Polizei nicht jede festgesetzte Person „einer sofortigen individuellen Betrachtung“ unterziehen können, heißt es.

Grundsätzlich verteidigt der SPD-Innenminister aber den Einsatz der etwa 150 Polizeibeamten. Gall widerspricht Lösch in ihrer Einschätzung, dass die Gegendemonstranten friedlich gewesen seien. Bei den Vorkontrollen seien Böller, Pfefferspray und Masken sichergestellt worden. Es gab Wurfgeschosse und eine Straßenblockade am Rotebühlplatz: „Derartige unfriedliche Aktionen und erst recht die beabsichtigte Verhinderung einer anderen Versammlung sind vom Grundgesetz nicht gedeckt“, erklärt Gall.

Auch im Rathaus soll der Einsatz thematisiert werden. Das Thema steht auf der Tagesordnung des Verwaltungsausschusses am nächsten Mittwoch, ausgelöst durch eine Anfrage der Fraktionen SÖS und Linke. Polizeipräsident Thomas Züfle soll Fragen zu den Ereignissen beantworten.

Für Landtagsvizepräsidentin Lösch wäre alles viel besser gewesen, wenn die Kundgebung der Rechtsextremen „zeitlich und räumlich verschoben“ worden wäre – wie am 30. Juli in Ulm. Allerdings war die Ulmer Stadtverwaltung mit einem Verbot vor Gericht gescheitert. Am Ende sorgten Blockierer dafür, dass die Rechtsextremen nicht auf dem Kornhausplatz auftreten konnten – sie wichen zur Donauhalle aus.