Bernd Kohlhepp und Lisa Federle begeisterten die zahlreichen Zuhörer in der Calwer Aula. Foto: Roland Stöß

Lisa Federle, Deutschlands bekannteste Notärztin, traf in der Calwer Aula auf den Kabarettisten Bernd Kohlhepp. Gemeinsam lasen sie aus Federles drei Büchern, alles Bestseller, vor.

Es blieb nicht beim Vorlesen. Vielmehr ergänzten sich in einer zweistündigen Show die sich dem realen Leben zugewandte Federle und der komödiantische Kohlhepp perfekt.

 

Nicht nur Notärztin

Federle ist nicht „nur“ Notärztin, sondern praktische Ärztin, Präsidentin des örtlichen Deutschen Roten Kreuzes, Freundin (und Hausärztin) sowohl des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer als auch von Kohlhepp. Die Mutter von vier „selbst geborenen“ Kindern (spontaner Gag von Kohlhepp), ist eine Frau, die sich auch heute noch bewusst ist, „wo ich herkomme,“ die sich im Laufe ihres Lebens buchstäblich hochgerappelt hat: „Ich werde nie vergessen, wie es war, als ich nicht wusste, wie ich die Milch für meine zwei kleinen Kinder bezahlen konnte“. Nach dem Hauptschulabschluss gelangte sie über den zweiten Bildungsweg (Abitur mit 30 Jahren; danach Studium) zum Traumberuf Ärztin.

Kongenialer Bühnenpartner

Ihr kongenialer Bühnenpartner Bernd Kohlhepp wiederum ist nicht nur ein Comedian. Der Gewinner des Baden-Württembergischen Kleinkunstpreises ist Schauspieler, Autor, Mundartdichter, Parodist und eine Naturgewalt auf der Bühne der Kabarettisten.

Fragte sich der Zuschauer vor dem ersten verbalen Austausch, wie die beiden zusammenpassen, wurde er sofort überzeugt. Kohlhepp, startete in der Rolle eines Fragestellers. Um Federle aus ihrem Leben und Beruf berichten zu lassen.

Das legendäre Arztmobil

Sie erzählte von dem inzwischen legendär gewordenen „Arztmobil,“ das sie zu Zeiten der großen Flüchtlingswelle auf eigenes Risiko bestellte. Die Kosten: 70 000 Euro. Sie sah die Notwendigkeit, hin zu den Hilfesuchenden zu fahren und so viele, dem Grunde nach medizinisch nicht notwendige, jedoch aus Unkenntnis angeforderte Notarztfahrten durch das DRK zu vermeiden. Das Arztmobil wurde später für Obdachlose gebraucht, um in der Corona-Krise zum Corona-Test-Mobil zu werden. So fuhr man auch Altenheime an. Gleich bei der ersten Station testete man 17 Bewohner positiv, von denen 12 starben. „ Davon einige, die noch gerne weiter gelebt hätten.“ Hier wurde Federle ernst. „Was mich manchmal nervt, ist, dass heute die damalige Situation so hingestellt wird, als wäre alles nicht so schlimm gewesen. Natürlich ist man im Nachhinein schlauer und könnte einiges anders machen.“

Unglaubliche Geschichten

Federle erzählt von unglaublichen Geschichten, die ein Notarzt erlebt. Da ist die mit 140 Messerstichen und durchschnittene Kehle getötete Frau. Angefordert wurde der Rettungsdienst mit der Begründung „Schnittverletzung am Unterarm.“ Ein 17-jähriges Mädchen, das sie wegen starker Rückenschmerzen behandeln sollte, brachte noch während ihres Besuches ein kleines Mädchen zur Welt.

Das Publikum, nach Abfrage per Armheben von Kohlhepp „von überall“ her stammend (nur fast nicht aus Calw!), erlebte eine Gratwanderung zwischen Lachen und Verärgerung.

Kinder aus prekären Verhältnissen waren die Verlierer der Corona-Pandemie. Diese konnten ihre zum Teil kleinen Wohnungen nicht verlassen, hatten kaum Möglichkeit zu Sport und Bewegung. Der gemeinnützige Verein „Bewegt Euch“, von Federle ins Leben gerufen, ist eine Herzensangelegenheit Federles, um auf die negativen Folgen von Bewegungsmangel hinzuweisen. Zwischenzeitlich konnten mehr als 1000 Kinder bundesweit unterstützt werden, resümierte Federle stolz.

Nach der Pause schlug die Stunde des Humoristen Bernd Kohlhepp. Er nahm beispielsweise eine in der ersten Reihe sitzende Besucherin „aus Ehningen bei Böblingen“ „als Königin der Herzen“ ins Visier. Einem Mann, der kurz vor der Pause den Saal verließ, schrieb er die „Pole-Position auf dem WC“ zu.