Folgende Argumente für eine Bürgerbeteiligung führt Felix Hezel ins Feld. Es stelle sich die Frage, ob die Bürger überhaupt einen Discounter benötigen würden. Es seien schließlich bereits viele Einkaufsmöglichkeiten in der Gemeinde vorhanden. Lohne sich deshalb die Ansiedelung eines Discounters und die damit verbundenen Investitionen der Gemeinde überhaupt? Diese Beteiligung dürfte über die kalkulierten 100.000 Euro hinausgehen, befürchtet er. Könne dieses Geld nicht anders investiert werden, um die Gemeinde attraktiver zu machen, überlegt Hezel.
Er bemängelt, dass die Umfrage, wie die Gemeinde attraktiver gemacht werden könnte, nur Leute ab 30 Jahren umfasst habe. Zweifelsohne sei die Gemeinde auch vom demographischen Wandel betroffen, und darauf müsse man sich vorbereiten. Aber was sei mit den jüngeren Leuten, also die Zukunft der Gemeinde, so Felix Hezel? Wie könne man die Gemeinde für diese Leute attraktiv machen, dass diese der Gemeinde erhalten bleiben und dem demographischen Wandel entgegengewirkt werden könne?
Der Bösinger Bürger stellt sich außerdem die Frage, ob der Standort direkt am Ortsrand der richtige sei. Hohe Lärmemissionen gehen gerade durch den Anlieferverkehr aus, und damit seien Lärmimmissionen in die angrenzende Wohnbebauung verbunden. Gefährliche Verkehrssituationen in der Nähe vom Neubaugebiet und dem Weg zu Kindergarten und Schule könnten entstehen. Sei eine Ansiedelung im Gewerbegebiet nicht sinnvoller, fragt er deshalb.
In einem weiteren Themenkomplex bündelt er folgende Punkt: Bewusstsein für Nachhaltigkeit, Wertschätzung von Lebensmitteln, Verminderung des Verpackungsmülls. Kurz: Die Regionalität nehme immer mehr zu. Daher, gerade in Anbetracht der vielen regionalen Einkaufsmöglichkeiten in der Gemeinde, werde durch einen Discounter der falsche Weg eingeschlagen, fasst Felix Hezel zusammen.
Als nächstes stellt er sich die Frage, ob sich das Einkaufen gerade für die ältere Generation überhaupt erleichtere? Großeinkauf, so mit Getränkekisten, müsse trotzdem mit Auto getätigt werden. Die ältere Generation werde nicht von einem Ortsende zum anderen laufen und den Einkauf zurückschleppen. Und die Herrenzimmerner müssten weiterhin auf das Auto zurückgreifen.
Zuletzt bringt der Bürger ein mögliches Ende des Discounters ins Spiel, falls er sich nicht tragen sollte. Dann werde dieser einfach geschlossen und es bliebe eine Bauruine, da "vermutlich das Gebäude nicht von anderem LEH übernommen" werde. Dann sei unnötig Fläche versiegelt worden – und dies direkt am Ortseingang, wo eventuell Wohnbebauung platziert werden könnte.
Wie es weiter geht
Dass Felix Hezel nicht der einzige ist, der diese oder ähnliche Gedanken mit sich herumträgt, zeigt sich darin, dass die "Online-Petition über die Ansiedlung eines ›Norma‹ in der Gemeinde Bösingen" nicht unbeachtet geblieben ist. Wie er von "Mehr Demokratie e.V." erfahren hat, sei eine Online-Petition "als informelle Bitte an den Gemeinderat zu verstehen, selbst einen Bürgerentscheid einzuleiten, denn formalrechtlich handelt es sich nicht um ein gültiges Bürgerbegehren – unter anderem aber nicht nur wegen der digitalen Unterschriftensammlung". Sie ist konkret an den Bürgermeister adressiert.
150 Stimmen seien mit Blick auf die Einwohnerzahl von Bösingen als Quorum erforderlich. Bisher (Donnerstag, 17.11 Uhr) haben sich dort 120 Unterstützende, davon 116 aus Bösingen, eingefunden.
Blepp: eine "Riesenchance"
Der potentielle Adressat dieser Petition, Bürgermeister Blepp, wiederum sieht die Ansiedlung eines Discounters als eine "Riesenchance" für die Gemeinde. Seitdem das Kaufhaus Hestri 2015 geschlossen hat, gibt es Wünsche aus der Bevölkerung, die sich einen Lebensmittelmarkt wünschen.
Zuletzt seien diese Anliegen verstärkt bei der Bürgerbefragung geäußert worden. Während der vergangenen Kommunalwahlen sei dieser Wunsch ebenfalls Thema gewesen. Und, nicht zu vergessen, sei er bereits im Bürgermeisterwahlkampf in seinem Wahlprogramm aufgenommen worden.
Deshalb habe er, Johannes Blepp, sich die Jahre über um eine Ansiedlung bemüht. Und nun bestehe die Möglichkeit, in absehbarer Zeit Dinge des täglichen Bedarfs vor Ort einzukaufen.
Als Konkurrenz für die Einzelhändler der Gemeinde sieht der Schultes einen Discounter nicht. Die "sehr gute Qualität" der Metzger, Bäcker und anderer Einzelhändler vor Ort werde weiterhin nachgefragt, ist sich Johannes Blepp sicher. Doch mit einem Discounter lasse sich sehr vieles direkt vor Ort einkaufen, wo aktuell noch eine Fahrt nach Dunningen, Villingendorf, Oberndorf oder Rottweil anstehe. Diese könne somit entfallen. Und damit erhöhe sich die Lebensqualität in der Gemeinde. Ein weiterer Nebeneffekt: Ältere Bürger können zu diesem Markt hinlaufen.
Generell habe er, Johannes Blepp, "sehr, sehr viele positive Rückmeldungen" erhalten.
Diskussion vorgesehen
Als ersten Schritt will er nun das direkte Gespräch mit Felix Hezel suchen. Vorgesehen sei außerdem eine Diskussion im Gemeinderat. Nebenbei angemerkt: Für einen Bürgerentscheid, ähnlich wie unlängst in Königsfeld, werden Unterschriften von mindestens sieben Prozent aller Wahlberechtigten benötigt.
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