Auch im Kreis Calw entscheiden die SPD-Mitglieder über die Große Koalition. Foto: Murat

Trotz Kritik scheint eine Mehrheit der SPD-Mitglieder im Kreis Calw für eine Große Koalition zu stimmen.

Nordschwarzwald - Seit vergangener Woche sind bei den SPD-Mitgliedern Briefwahlunterlagen ins Haus geflattert, mit denen sie über das weitere Schicksal der Partei abstimmen werden. Im Kreis Calw deuten die Zeichen weitgehend auf eine Zustimmung zur Großen Koalition hin.

Die Bundestagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Saskia Esken berichtet, dass die Debatte zwar zunächst stark emotional aufgeladen gewesen sei. "Nachdem die Inhalte bekannt geworden sind, wurde es aber immer sachlicher", sagt Esken. Sie selbst scheint auf jeden Fall von einer Großen Koalition überzeugt zu sein, denn am Wochenende besuchte sie unter dem Motto "Roter Ratschlag" sechs Kommunen, um mit den dortigen SPD-Mitgliedern über die Inhalte des Koalitionsvertages zu sprechen und um Zustimmung zu werben. "Natürlich gab es dort auch Gegenstimmen", gab sie zu. Und selbst von denjenigen, die zustimmen, seien die wenigsten "mit Feuer und Flamme" dafür gewesen.

Richard Dipper, ehemaliger SPD-Kreisvorsitzender, hat die Tendenz wahrgenommen, dass die meisten Mitglieder für die Große Koalition sind. "Wenn auch zum Teil mit einem gewissen Zähneknirschen", räumt er ein. Andererseits habe die SPD sich in vielen Punkten gegenüber der Union durchgesetzt.

Der Mitgliederentscheid war auch bei der Hauptversammlung des Calwer SPD-Ortsvereins vor gut einer Woche das dominierende Thema. "Die Tendenz ist, dass wir der Sache aufgeschlossen gegenüber stehen", meint der Vorsitzende Renato Fontes. Ein reines sozialdemokratisches Regierungsprogramm wäre ihm natürlich lieber. "Das kann man sich herausnehmen, wenn man die absolute Mehrheit hat. Das ist aber nicht der Fall", relativiert Fontes. Er denkt, dass die Mehrheit der 70 Calwer SPD-Mitglieder für die Große Koalition stimmt.

Anders sieht es beim Ortsverein Oberes Enztal aus. Dort seien die Meinungen bei den knapp 50 Mitgliedern "sehr zwiegespalten", beobachtet der Vorsitzende Thomas Gischer. Eine Probeabstimmung habe ein Unentschieden ergeben. "Es gibt Mitglieder, die sagen, es hätte eine Personaldiskussion geben sollen", meint Gischer. Er selbst war anfangs skeptisch, ob man die Basis entscheiden lassen solle: "Hätten Leute wie Schmidt oder Brandt die Mitglieder mit ins Boot geholt?" Inzwischen steht der Wildbader diesem Weg positiv gegenüber: "Das wird Schule machen."

"Es sind eigentlich alle für die Große Koalition", schätzt Lutz Endres seinen Wildberger Ortsverein ein. Der Vorsitzende der SPD-Gemeinderatsfraktion sieht die Koalitionsverhandlungen zwar kritisch, gesteht aber: "Es wird für die SPD keine Alternative geben. Das war mir schon nach dem Wahlergebnis klar."

In Nagold stehen die Zeichen ebenfalls auf Zustimmung. "Der Koalitionsvertrag ist lange nicht so ausgefallen wie ich mir das vorgestellt habe", räumt Fraktionschef Rainer Schmid ein. Er denkt dennoch, dass die meisten Sozialdemokraten – genau wie er selbst – die politische Ehe mit der Union eingehen wollen. Dass am Ende nicht alle Mitglieder dafür stimmenn werden, findet Schmid gut: "Wir sind keine 99-Prozent-Partei wie die CDU."

Auch der Nagolder SPD-Kreisrat Daniel Steinrode äußert sich zur Stimmung in der örtlichen Basis optimistisch, wenn auch mit einem gewissen Rest von Vorsicht – obwohl ihm im Raum Nagold keine entschiedenen Gegener bekannt seien. Die positive Tendenz wiederum erklärt auch er sich durch die Inhalte des Koalitationsvertrages. "Denn der trägt eindeutig eine sozialdemokratische Handschrift", hob Steinrode hervor.