Der vollständige Ausbau mit Glasfaserleitungen bietet schnellere Geschwindigkeiten. Foto: Woitas

Regionalverband kritisiert Deal mit Stuttgart. Aufrüstung auf glasfaserbasierte Hausanschlüsse angemahnt.

Nordschwarzwald - Im Landkreis Calw verlässt man sich in Sachen Breitbandausbau längst nicht mehr nur auf andere und hat das Heft des Handelns längst in die eigene Hand genommen. Nun schaltet sich der Regionalverband in die Angelegenheit ein und legt der Deutschen Telekom nahe, sich in der Region im gleichen Umfang zu engagieren wie in der Landeshauptstadt.

Der Breitbandausbau kommt voran – wenn auch nicht im gewünschten Tempo. "Womit wir es zu tun haben, ist ein Marktversagen, das der Gesetzgeber bei der Liberalisie- rung des Telekommunikationsmarktes nicht voraussehen konnte oder wollte", kommentiert Jürgen Kurz, Verbandsvorsitzender des Regionalverbands Nordschwarzwald, die vielerorts noch unzulängliche Breitbandversorgung in der Region.

Landesweit große Resonanz hatte Anfang Juli eine Vereinbarung der Region Stuttgart mit der Deutschen Telekom AG zum Ausbau der Breitbandinfrastruktur hervorgerufen. Danach wird die Telekom 1,1 Milliarden Euro in der Region Stuttgart investieren, nochmals 500 Millionen Euro kommen von den Kommunen in der Region Stuttgart.

"Eine solche Vereinbarung hilft uns nicht weiter"

Langfristiges Ziel ist ein fast vollständiger Ausbau mit Glasfaseranschlüssen und eine leistungsstarke Versorgung mit dem künftigen Mobilfunknetz 5G.

Der Regionalverband Nordschwarzwald hat die Eckpunkte der Stuttgarter Vereinbarung nun genauer unter die Lupe genommen. Kurz fällt hier ein klares Urteil: "Nach unserer Prüfung und nach Gesprächen mit den Landräten aus Calw und Freudenstadt sowie des Enzkreises und dem OB der Stadt Pforzheim kommen wir zu dem Schluss, dass eine ähnliche Vereinbarung uns nicht weiterhilft." Dabei spielt er insbesondere auf den beabsichtigten kommunalen Verzicht zum Auf- und Ausbau eigener Backbone-Netze, die das Rückgrat der Breitbandinfrastruktur darstellen, an.

"Auch sonst scheint der Deal in Stuttgart für die dortigen Kommunen nicht unbedingt ein besonders Guter zu sein", so Kurz abschließend. Nicht zuletzt werde sich zeigen, ob 1,6 Milliarden Euro in der Region Stuttgart für den Vollausbau überhaupt ausreichen werden. Schätzungen zufolge wird eher die dreifache Summe erforderlich sein.

Telekom hinkt eigenen Zielen beim Ausbau hinterher

250 Millionen Euro. So groß müsste in etwa das finanzielle Engagement der Deutschen Telekom AG in der Region Nordschwarzwald sein, um in Relation zur Bevölkerungszahl dieselbe Investitionsbereitschaft wie in der Region Stuttgart zu signalisieren. "Wir laden die Deutsche Telekom AG herzlich dazu ein, sich bei der Aufrüstung ihrer vectoring-basierten Breitbandanschlüsse auf glasfaserbasierte Hausanschlüsse in diesem Umfang einzubringen. Das würde auch die regionsweiten Anstrengungen der Kreise zur Schließung von ›weißen Flecken‹ nicht torpedieren, sondern sinnvoll ergänzen", merkt Matthias Proske, Verbandsdirektor des Regionalverbands, an.

Ob die Deutsche Telekom AG hierzu willens oder gar in der Lage ist, bleibt offen. Sie hinkt ihren eigenen Ausbauzielen jedenfalls hinterher: Ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Herstellung eines bis Ende 2018 bundesweit flächendeckenden Ausbaus auf Basis der Vectoring-Technologie ist sie noch nicht umfassend nachgekommen. Bei dieser Technologie werden die Strecken bis zum Hauptverteiler mit Glasfaser bestückt, erst danach geht es langsamer auf Basis bestehender Kupferkabel weiter zu den Häusern und Wohnungen. Diese Technologie gilt nach Meinung von Experten als wenig zukunftsweisend. Schnellere Geschwindigkeiten bietet nur der vollständige Ausbau von Glasfaserleitungen bis zum Nutzer.