Vor allem in den Berufen in der Gastronomie der Region fehlen die Bewerber. (Symbolfoto) Foto: goodluz - stock.adobe.com

Trotz Corona-Pandemie mit hellblauem Auge im Ausbildungsjahr 2020 davongekommen.  

Auch auf den Ausbildungsmarkt im Nordschwarzwald hat sich die Corona-Pandemie massiv ausgewirkt. Trotzdem zieht die Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim eine "solide Bilanz" für 2020 - und blickt sorgenvoll in die Zukunft.

Nordschwarzwald - "Mit einem Rückgang der gemeldeten Ausbildungsstellen um lediglich 1,2 Prozent sind wir mit einem hellblauen Auge davongekommen", so Martina Lehmann, Chefin der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Woran liegt das? Viele Ausbildungsbetriebe haben bereits vor dem ersten Lock-Down im März Auszubildende gefunden und Verträge abgeschlossen.

Hinzu kommt, dass alle Partner am Ausbildungsmarkt große Anstrengungen unternommen haben, damit Jugendliche gut informiert und beraten mit geeigneten Betrieben zusammenkommen konnten. "Für den Ausbildungsbeginn 2021 stehen wir allerdings vor großen Herausforderungen", ergänzt Lehmann.

Von Oktober 2019 bis September 2020 wurden dem Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim insgesamt 4400 Ausbildungsstellen gemeldet, 55 oder 1,2 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Eine Lehrstelle mit Unterstützung der Berufsberatung der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim suchten 3598 Bewerberinnen und Bewerber, das waren 102 oder 2,8 Prozent weniger als 2018/2019.

"Zur Sicherung ihrer Fachkräfte von morgen bilden unsere Unternehmen auch in Zeiten von Corona weiter auf hohem Niveau aus", meldet die Agenturchefin. "Das zeigt die Stärken unserer dualen Ausbildung, die auch in Krisenzeiten gute Chancen für den Berufseinstieg und hervorragende Karrierechancen bietet."

Messen konnten nicht stattfinden

Der rückläufige Trend auf der Bewerberseite ist neben der demografischen Entwicklung mit rückläufigen Schulabgängerzahlen auch auf die eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten zwischen Jugendlichen und Betrieben zurückzuführen. Ausbildungsmessen und Praktika in den Betrieben konnten nicht wie üblich stattfinden und auch für die Bewerbungsverfahren mussten neue Wege gefunden werden. Die Agentur für Arbeit setzt schon seit vielen Jahren auf moderne digitale Informations- und Beratungsangebote. Diese hat die Agentur in den vergangenen Monaten schnell weiter ausgebaut und auch weiterentwickelt.

Auch im abgelaufenen Berichtsjahr gab es deutlich mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber. Trotzdem ist es nicht allen Bewerbern gelungen, einen Ausbildungsplatz zu finden. Die Gründe hierfür sind vielschichtig und reichen von fehlender Mobilität, über das Nichterfüllen der Anforderungen der Betriebe bis hin zu ganz bestimmten Berufen, an die man sich klammert.

Um noch mehr Ausbildungssuchende und Betriebe zusammenzubringen, ist aus Sicht der Agentur auf beiden Seiten mehr Kompromissbereitschaft gefragt. "Wenn Bewerberinnen und Bewerber sich auch für Ausbildungsberufe jenseits ihres Traumberufes öffnen und Betriebe zudem auch Jugendlichen eine Chance geben, die nicht ihren Idealvorstellungen entsprechen, bin ich optimistisch, dass in der Nachvermittlungszeit noch weitere Ausbildungsverhältnisse zustande kommen", so Martina Lehmann.

In einigen Berufen ist die Chance auf eine Ausbildungsstelle deutlich höher als in anderen. So fehlten Bewerber vor allem für Hotel- und Gaststättenberufe sowie für viele Handwerksberufe, beispielsweise im Lebensmittelhandwerk und im Lebensmittelverkauf sowie in Bau- und baunahen Berufen. Im Gegensatz dazu gab es in Büroberufen weniger Ausbildungsstellen als Bewerber.

Weniger Ausbildungsstellen als 2019

In Folge dieser Ungleichgewichte waren am 30. September 2020 insgesamt noch 634 Ausbildungsstellen gemeldet. Gegenüber dem Vorjahr waren das 17 oder 2,6 Prozent weniger. Die meisten freien Ausbildungsstellen gab es bei den Köchen und Restaurantfachleuten (je 45) und den Kaufleuten im Einzelhandel (39).

1828 oder 50,8 Prozent aller Bewerber haben eine Berufsausbildung begonnen. 799 oder 22,2 haben sich für einen Schulbesuch, ein Praktikum oder ein Studium entschieden und 62 oder 1,7 Prozent für eine geförderte Qualifizierung wie eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine Einstiegsqualifizierung. Weitere 226 (6,3 Prozent) haben eine Arbeit aufgenommen, 87 oder 2,4 Prozent engagieren sich in gemeinnützigen, sozialen Diensten. 596 oder 16,6 Prozent der Bewerber haben keine Angaben zu ihrem Verbleib gemacht.

Zum Ende des Beratungsjahres waren noch 82 Bewerber unversorgt, also ohne Ausbildungsplatz oder Alternative. Das waren 18 oder 28,1 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auf dem Ausbildungsmarkt läuft jetzt die Nachvermittlungszeit. Noch bis in den Januar hinein können Ausbildungen begonnen werden.

An Jugendliche, die im nächsten oder übernächsten Jahr die Schule verlassen, appelliert Lehmann, sich an die Berufsberatung der Arbeitsagentur zu wenden. "Trotz der angespannten Situation informieren und beraten die Berufsberater kompetent und neutral rund um das Thema Berufswahl - in Zeiten von Social Distancing zunehmend auch über Videoberatung, so die Ausbildungsmarktexpertin abschließend.