Nordkorea hat zum 75. Jahrestag seiner Gründung ein taktisches Atom-U-Boot vorgestellt. Kurz vor einem wahrscheinlichen Waffendeal mit Russland wird damit die nächste Kampfansage an die Nachbarländer und den Westen gemacht.
Kim Jong-un hatte ein vergnügtes Lächeln im Gesicht, trug einen Sonnenhut und einen beigen Anzug. Aber was auf den ersten Blick nach einer Cocktailparty aussehen konnte, stellte sich beim zweiten Hinsehen dann doch als einer jener Auftritte heraus, die man vom nordkoreanischen Diktator kennt. Hinter ihm prangte ein schwarzer Koloss, auf dessen Bug uniformierte Männer standen. Und Kim erklärte, dieses U-Boot in seinem Rücken „symbolisiert unsere Macht, die unsere schamlosen Gegner in Angst versetzt“. Nordkoreas Muskeln seien mal wieder ein bisschen größer geworden.
Insofern könnte der „Oberste Führer“ Nordkoreas, wie Kim in seiner totalitär geführten Kommunistischen Partei genannt wird, recht haben: Das neue U-Boot soll mit ballistischen Raketen ausgestattet und sowohl für taktische atomare Erst- als auch für Gegenschläge konstruiert sein. Es ist in dem ostasiatischen Land das erste seiner Art. Und damit versendet Nordkorea eine klare Botschaft in die Welt: Auch die Marine sei kriegstüchtig. Für einen bewaffneten Konflikt mit den Nachbarn Südkorea, Japan oder den USA sei man bereit.
Kim will sich als Anführer einer kräftigen Nation darstellen
Dabei ist es kein Zufall, dass das neue U-Boot gerade jetzt enthüllt wurde. An diesem Samstag begeht Nordkorea das 75. Jubiläum seiner Staatsgründung durch Kim Il-sung, den Großvater von Kim Jong-un. Vorige staatstragende Jahrestage wurden immer wieder von großen Militärparaden und neuen Präsentationen begleitet. Hinzu kommt, dass Kim Jong-un dieser Tage vermutlich einen Waffendeal mit Russland vereinbaren wird. Kim wird ab Sonntag im ostrussischen Wladiwostok erwartet, wo die Investmentkonferenz Eastern Economic Forum stattfindet.
Auch hier will sich Kim als Anführer einer kräftigen Nation darstellen, die einiges an Rüstungsgütern zu bieten hat. Tatsächlich verfügt Nordkorea – laut Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wohl eines der ärmsten Länder der Welt, das zudem seit einiger Zeit mit Ernährungsproblemen zu kämpfen hat – gemessen am gesamten Wohlstandsniveau über beeindruckende militärische Fähigkeiten. Russland könnte hier Munition für verschiedene Waffensysteme einkaufen, inklusive Artillerie. US-Geheimdienste vermuteten schon im vergangenen Jahr, dass dies längst geschehe.
Über die vergangenen Wochen hat Nordkorea auch zwei Versuche unternommen, einen Satelliten in die Erdumlaufbahn zu schicken, die aber beide gescheitert sind. Mit eigener Satelliteninfrastruktur wäre Nordkorea, das zudem schon mehrere Atombombentests durchgeführt hat, auch besser in der Lage, andere Staaten zu überwachen. Nun wird erwartet, dass sich Kim Jong-un in Russland auch Hilfe für einen Satellitenstart holen könnte. Aber auch um nicht zu sehr wie ein Bittsteller auszusehen, war die Vorstellung eines atomwaffenbestückten U-Boots nun von großer Bedeutung für das Regime.
„Nordkorea unterhält eine der größten U-Boot-Flotten der Welt“
Außerdem lässt Nordkorea immer dann besonders die Muskeln spielen, wenn die politische Führung das Gefühl hat, dessen Feinde tun es auch. Im südkoreanischen Busan wurde im Juli ein nuklearangetriebenes U-Boot der USA stationiert. Seit Beginn des dreijährigen Koreakriegs, der 1953 nur in einem Waffenstillstand endete, befinden sich Nord- und Südkorea formal im Kriegszustand. Die seitdem starke US-Militärpräsenz in Südkorea sieht Nordkorea als Bedrohung an.
So soll es in Nordkorea nun nicht bei einem einzigen atomwaffenbestückten U-Boot bleiben, wie Kim Jong-un ankündigte. Vielmehr würden die bestehenden Gefährte entsprechend aufgerüstet. Und das hätte einen enormen Umfang: „Nordkorea unterhält eine der größten U-Boot-Flotten der Welt, mit schätzungsweise 64 bis 86 U-Booten“, berichtet der US-amerikanische Thinktank Nuclear Threat Initiative. Allerdings betont das Institut auch: „Experten bezweifeln angesichts des Alters einiger Boote, dass alle einsatzbereit sind.“
Das nun vorgestellte U-Boot basiert laut Einschätzung von Analysten auf sowjetischer Technologie, die Nordkorea in den 1970er Jahren aus China gekauft und seither aufgerüstet hat. Allerdings dürfte es nicht den höchsten Standards entsprechen. Dieses und andere Boote seien relativ laut, langsam und haben eine begrenzte Reichweite, betonte Vann Van Diepen, ein ehemaliger Waffenexperte der US-Regierung, der nun für 38 North arbeitet, eine US-amerikanische Analyseplattform zu Nordkorea. „Wenn das Teil im Einsatz ist, wird es sehr verwundbar sein.“