Karl Geiger freut sich über seine dritte Medaille bei seiner Heim-WM. Foto: dpa/Daniel Karmann

Skispringer Karl Geiger glänzt bei der WM in Oberstdorf und erklärt nach Bronze von der Großschanze sein Erfolgsgeheimnis.

Oberstdorf - Stefan Horngacher ist seit fast zwei Jahrzehnten Skisprung-Trainer. Er hat großartige Sportler betreut, darunter Olympiasieger und Weltmeister wie Martin Schmitt oder Kamil Stoch. Umso erstaunlicher war der Satz, den der Chefcoach des deutschen Teams nach dem WM-Springen von der Großschanze am Freitagabend in Oberstdorf über Karl Geiger sagte: „Er ist unglaublich, ich habe noch nie einen solchen Athleten trainieren dürfen – Hut ab!“

Klar, es waren Worte aus der Emotion heraus, schließlich hatte der Lokalmatador gerade im dritten Wettkampf seiner Heim-WM die dritte Medaille geholt. Bronze war es diesmal, hinter Stefan Kraft (Österreich) und Robert Johansson (Norwegen), nach Silber im Einzel und Gold mit dem Mixed-Team auf der Normalschanze. Und trotzdem hält die Aussage von Horngacher auch einer nüchternen Betrachtung stand. Denn Geiger verfügt über eine Eigenschaft, die ihn von anderen Springern abhebt – und die auch seinen Kollegen Pius Paschke, der auf Rang 18 gelandet war, beschäftigte: „Es ist echt stark, wie er es schafft, immer dann seine besten Sprünge auszupacken, wenn es gilt. Ich muss ihn mal fragen, wie er das macht.“

Deutscher Überflieger

Karl Geiger hat die Antwort noch an der Schanze gegeben, in der Medienrunde nach seinem dritten WM-Coup. „Ich kann im Wettkampf alle Kräfte mobilisieren, die ich habe“, sagte der deutsche Überflieger, „die Vorbereitung fängt schon früh am Morgen an. Ich sammle mich über den ganzen Tag, visualisiere meinen Sprung, rede dann nicht mehr so viel, bin in einer anderen Welt. Das entstand, weil ich im Jugendbereich ein totaler Wettkampfversager war. Irgendwann habe ich geschafft, das zu drehen. Und jetzt vertraue ich voll auf mein Rezept.“ Das auch dem Bundestrainer Respekt abnötigt: „Er hat sich diese Fähigkeit über Jahre angeeignet. Ich bin froh, einen mental so starken Springer zu haben, der immer in der Lage ist, Medaillen zu holen.“ Wie nun in Oberstdorf.

Dabei war Geiger (28) nach dem ersten Durchgang noch ziemlich unzufrieden gewesen. Er hatte im dichten Schneefall den Absprung nicht genau getroffen, flog zwar weit, aber nicht weit genug für die guten Bedingungen, lag nur auf Rang sechs. Der zweite Sprung ging auf 132 Meter, diesmal aber mit deutlich weniger Windunterstützung. „Das ist unwahrscheinlich stark gewesen“, lobte Horngacher. Und auch Geiger war begeistert von sich selbst: „Es ist einfach unglaublich, was hier passiert. Der zweite Sprung war saugut, eine Vollrakete.“ Drei Plätze machte der Oberstdorfer gut – und konnte sein Glück kaum fassen. „Es gibt im Leben nur eine Heim-WM. Nun auf den Punkt da zu sein, bedeutet mir unglaublich viel“, meinte er und erinnerte an seine Formkrise Anfang Februar: „Vor drei Wochen wäre ich noch richtig auf die Nase geflogen.“ Das passierte diesmal Markus Eisenbichler.

Eisenbichler landet im Schnee

Der Titelverteidiger wollte nach Platz 16 im ersten Durchgang richtig angreifen, sprang 134 Meter – und konnte den weiten Satz nicht stehen. Er landete kopfüber im Neuschnee, was Geiger oben auf dem Turm mit Schrecken beobachtete: „Ich habe ziemlich geschluckt, es war ziemlich stumpf, da können blöde Sachen passieren. Doch dann habe ich gesehen, wie er sich den Schnee aus dem Bart pult, es ist gut ausgegangen.“ Bis auf den Ärger, den Eisenbichler, der letztlich 17. wurde, weder verbergen konnte noch wollte. „Ich bin auf die Schnauze geflogen. Das hat nicht gut getan, aber ich habe halt viel riskiert“, sagte der 29-Jährige, „es ist kacke, denn ich war echt gut in Form. Und dann legt es mich auf die Waffel, das nervt mich.“

Eine Chance haben die deutschen Skispringer nun noch, Geiger will an diesem Samstag (17 Uhr/ZDF) im Teamspringen seine vierte Medaille holen. „Wir wissen, was wir können, sind gut aufgestellt“, sagte der Erfolgsgarant, „wir haben noch etwas vor.“