Die Kombination für Frauen ist eine junge Sportart: Im deutschen WM-Team steht auch die 16-jährige Cindy Haasch. Foto: dpa/Daniel Karmann

Bei den Weltmeisterschaften in Oberstdorf gibt es zwei neue Wettbewerbe für Frauen – das ist erfreulich, stellt die Athletinnen aber noch lange nicht zufrieden.

Oberstdorf - Korruption, Doping, Wettbetrug – die Welt des Sports ist beileibe nicht immer fair. Daran hat auch das Internationale Olympische Komitee seine Aktien. Umso mehr ist das IOC bestrebt, sich an anderer Stelle nichts nachsagen zu lassen: in puncto Gleichberechtigung. Bei den Sommerspielen 2021 in Tokio werden, wenn sie stattfinden, erstmals beinahe so viele Frauen wie Männer starten, auch die Zahl der Wettbewerbe ist nahezu identisch. Was im Großen klappt, funktioniert nun auch im Kleinen. Bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf herrscht erstmals Schanzengleichheit. Und trotzdem gibt es noch reichlich Luft nach oben.

Am größten war die Diskrepanz bisher zweifelsohne in der Kombination. Während Frenzel, Rydzek und Co. bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang in drei Rennen um Medaillen kämpften, fehlte ein Wettbewerb für Frauen. Das gab es in keiner anderen Disziplin, weshalb das IOC auf den Ski-Weltverband Druck ausgeübt haben soll – nach dem Motto: Wer bei der Gleichbehandlung nicht mitzieht, fliegt raus. Das Ergebnis ist an diesem Samstag zu sehen, auf der Normalschanze (10 Uhr) und in der Loipe (15.30 Uhr/beides in der ARD) findet die erste WM für Kombiniererinnen statt. „Für unsere Sportart ist das enorm wichtig“, sagt Männer-Bundestrainer Hermann Weinbuch. Und Horst Hüttel, der Sportliche Leiter für Langlauf und Kombination im Deutschen Ski-Verband (DSV), meint: „Es wird Zeit.“ Auch wenn es für die Athletinnen ein Auftritt unter erschwerten Bedingungen ist.

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Vor der WM gab es nur einen einzigen Weltcup-Wettbewerb – kurz vor Weihnachten in Ramsau. Und nun geht es gleich auf die ganz große Bühne, ins Rampenlicht. „Sportlich darf man sicher nicht gleich zu hohe Ansprüche anlegen“, sagt Weinbuch, „die Besten machen zwar einen sehr guten Job, aber die Dichte ist noch nicht so groß.“ Gleichzeitig kämpfen die Kombiniererinnen nicht nur um Gold, Silber und Bronze, sondern auch um die Chance auf eine glänzende Zukunft. Nur wenn sie beweisen, dass sie über genügend Entwicklungspotenzial verfügen, dürfen sie auf grünes Licht für die Winterspiele 2026 in Italien hoffen. Und nur dann gibt es staatliche Förderung, Trainerstellen, lukrative Kaderplätze. „Die Türe“, erklärt Horst Hüttel, „steht offen.“

Die Frauen träumen vom Skifliegen

Die Skispringerinnen sind schon ein paar Schritte weiter. Sie feierten 2014 in Sotschi ihre olympische Premiere. Gold holte Carina Vogt, die ihre Prominenz nutzte, um auch danach immer wieder ihre Stimme zu erheben und für Gleichberechtigung zu kämpfen. In Oberstdorf steigt am Mittwoch (17.15 Uhr/ZDF) das erste WM-Springen für Frauen von einer Großschanze, wie bei den Männern gibt es nun auch für sie vier Wettbewerbe (Normal- und Großschanze, Team und Mixed-Team). „Das ist super“, sagt Katharina Althaus, die beste deutsche Athletin – und betont zugleich, dass sie und ihre Kolleginnen noch längst nicht zufrieden sind.

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Auf dem Wunschzettel steht die Aufnahme des Springens von der Großschanze und des Teamwettbewerbs ins olympische Programm, und die Liste der Forderungen ist noch länger: mehr Weltcup-Termine, die längst versprochene Vierschanzentournee, die Möglichkeit zum Skifliegen auf den ganz großen Anlagen, die Angleichung der Preisgelder. „Es hat sich schon echt viel getan im Frauen-Skispringen“, sagt Bundestrainer Andreas Bauer, der aber auch die Ansprüche seiner Athletinnen versteht: „Natürlich nutzen sie die öffentliche Plattform, um zu sagen, was ihnen noch fehlt.“

Hüttel mahnt: „Das Ende der Fahnenstange ist langsam erreicht“

Ähnliche Stimmen werden auch aus dem Lager der Kombiniererinnen zu vernehmen sein, sollte ihre Premiere in Oberstdorf erfolgreich verlaufen. Schließlich wird dies ihr einziger WM-Auftritt bleiben, während es bei den Männern insgesamt vier Rennen gibt. Zumindest eine Mixed-Staffel in der Kombination kann sich auch Horst Hüttel gut vorstellen, zugleich mahnt der einflussreiche DSV-Funktionär aber, die Inflation von WM-Wettbewerben nicht ungehemmt voranzutreiben. „Im alpinen und nordischen Skisport sowie im Biathlon müssen wir alle zusammen aufpassen“, sagt er, „das Ende der Fahnenstange ist langsam erreicht.“

Für die Gleichberechtigung gilt das nicht.