Für Nathalie Armbruster starten bald schon wieder die ersten Wettkämpfe. Foto: Lothar Schwark

Die Nordische Kombiniererin Nathalie Armbruster aus Freudenstadt steckt derzeit zwischen Spitzensport und dem anstehenden Abitur. In unserem Interview spricht sie über ihre Zukunftspläne, ihre Aufgabe als Botschafterin der Landesgartenschau und darüber, in welchem Beruf sie gerne arbeiten würde.

Auf der Schanze und in der Loipe überzeugt die junge Kombiniererin vom Kniebis auf ganzer Linie. Zudem ist Nathalie Armbruster Botschafterin der Landesgartenschau. Die 18-Jährige gibt Einblicke in ihren Alltag als Sportlerin und freut sich, dass sich das Verhältnis zwischen Freudenstadt und Baiersbronn in den vergangenen Jahren verbessert hat.

 

Nathalie, der Weltcup-Kalender der Nordischen Kombiniererinnen wurde mittlerweile veröffentlicht. Wie sieht deine Vorbereitung aus?

Seit meinem Urlaub in den Osterferien bin ich schon wieder voll im Training. Mittlerweile hatte ich einen Lehrgang, eine Sondertrainingseinheit in Oslo, die jährliche sportmedizinische Untersuchung in Freiburg und die jährliche Leistungsdiagnostik in Oberhof. Ich bin froh, dass meine Werte alle sehr gut waren und ich gesund in die Vorbereitungen starten konnte.

Wann geht es denn los mit den ersten Wettkämpfen?

Wir starten am 24. August mit dem Mixed-Team in Tschagguns und am Tag darauf mit dem ersten Einzel der Sommer-Saison. Am 28. August findet das jährliche Abendspringen mit Night-Race in Oberstdorf statt. Ein megacooles Event, bei dem ich jedem nur empfehlen kann, zuzuschauen. Zumal wir dieses Jahr zum ersten Mal von der Großschanze springen dürfen. Danach reist der Tross von Oberstdorf weiter nach Frankreich, und wir bestreiten die letzten zwei Einzel-Wettkämpfe in Chaux Neuve.

Training auch daheim

Bist du bis dahin zu Hause im Training?

Ja und nein. Vor den Sommerferien habe ich noch zwei Lehrgänge und nach meinem Urlaub noch einen kurz vor den Wettkämpfen. Ansonsten trainiere ich zu Hause mit meinen Heimtrainern Tino Uhlig und Joni Siegel.

Nathalie Armbruster bei der Siegerehrung in Seefeld Foto: Eibner-Pressefoto/Adelsberger

Werden sie dich auch zu den Wettkämpfen begleiten?

Grundsätzlich werde ich bei den Wettkämpfen von meinem Bundestrainer Florian Aichinger und seinem Co-Trainer Tim Kopp betreut. Wir sind ein richtig gutes Team geworden, und ich arbeite sehr gerne mit den beiden zusammen. Trotzdem freue ich mich natürlich riesig, wenn Tino oder Joni auch vor Ort sind. Mit ihnen trainiere ich fast jeden Tag und fühle mich dadurch natürlich mit ihnen ganz besonders verbunden. Sie geben mir zusätzlichen Halt und Sicherheit. Tino wird auf jeden Fall in Oberstdorf dabei sein. Soweit ich weiß, wird ein Bus von Baiersbronn nach Oberstdorf fahren. Das ist natürlich super. Heimisches Publikum vor dieser genialen Kulisse. Ich freue mich so sehr auf die Wettkämpfe!

In der letzten Saison hast du ja vor allem im Laufen überzeugt. Wie läuft es momentan auf der Schanze?

Ich bin bisher mit meinen Leistungen auf der Schanze zufrieden. Wir sind auf dem richtigen Weg und ich konnte sehr gut an meinen Sprüngen arbeiten. Wie gesagt, haben wir in Oberstdorf dieses Jahr unseren ersten Wettkampf auf der Großschanze. Letzte Woche bin ich dort mal wieder gesprungen, und es hat richtig Spaß gemacht. Aber es gibt immer noch Baustellen, an denen getüftelt werden kann.

„Ich bekomme nichts geschenkt“

Springst du jede Woche?

Nein, leider ist das momentan nicht möglich. Tatsächlich bin ich momentan noch im Schulstress, auch wenn das Schuljahr so langsam zu Ende geht. Ich muss noch Klausuren nachholen, meine GFS halten und im Sportunterricht Sportnoten nachholen. Zum Glück haben 90 Prozent meiner Lehrer*innen Verständnis, dass ich Tests und Klausuren vor- oder nachschreiben muss. Aber ich habe es ja schon oft gesagt: Ich bekomme nichts geschenkt. Ich muss jede einzelne Note nachholen und – weil ich ja so häufig im Unterricht fehle – in jeder freien Minute den versäumten Schulstoff nachholen und sehr viel lernen. Letztendlich will ich einfach auch ein sehr gutes Abitur ablegen. Aber das eine Jahr bis zum Abi schaffe ich mit der Unterstützung vieler lieber Menschen auch noch. Ich muss aber zugeben, dass ich mich schon sehr darauf freue, mich ganz auf den Sport konzentrieren zu können und nach einem Lehrgang/Wettkampf nicht morgens um 7.35 Uhr schon wieder in der Schule sitzen zu müssen. Bei den Lehrgängen und Wettkämpfen in den Pausen einfach mal nur auszuruhen und sich auf die nächste Einheit vorzubereiten, macht es dann auch irgendwann leichter.

Heißt das, dass du planst, nach dem Abitur „nur“ Sport zu machen?

Naja, das hängt von vielen Faktoren ab. Wie ist die Förderung? Bekomme ich eine Behördenstelle? Kann ich über die Behördenstelle studieren? Wer ist bereit, zu unterstützen und zu sponsern? Ich würde mich tatsächlich gerne mal ein Jahr nur auf den Sport konzentrieren und dann parallel mit meinem Studium anfangen.

„Würde gerne im ländlichen Raum bleiben“

Willst du noch Grundschullehrerin werden?

Ja. Viele sehen mich in anderen Positionen, aber ich glaube immer noch, dass Lehramt perfekt zu mir passt. Und ehrlich gesagt, glaube ich auch, dass ich bei den ganz Kleinen sehr gut aufgehoben bin. Man kann sie so wunderbar begeistern und ihnen so viel mit auf den Weg geben. Ich erinnere mich sehr gerne an meine Grundschulzeit. Natürlich kommt es am Ende immer darauf an, in welcher Schule man „landet“. Ich würde natürlich gerne im ländlichen Raum bleiben.

Apropos ländlicher Raum: Kannst du noch in Ruhe durch Freudenstadt laufen oder wird du ständig erkannt?

Klar, in und um Freudenstadt werde ich häufig erkannt, manchmal auch angesprochen. Ganz besonders natürlich jetzt, nachdem überall die Plakate und Banner von unserem Tal X hängen. Aber lustigerweise wurde ich auch schon an ganz kuriosen Orten erkannt. Auf Sylt im Schreibwarenladen von dem supersympathischen Besitzer, ganz hinten am Ende des Königssees auf der Fischunkelalm oder mitten im überfüllten ICE nach Nürnberg. Bis jetzt waren es immer sehr schöne Begegnungen mit netten und oft sehr interessanten Menschen. Mich stört das überhaupt nicht. Im Gegenteil – ich freue mich, wenn mich die Menschen erkennen, mich ansprechen und sich für unsere Sportart interessieren.

Spontane Idee

Du hast gerade von der Landesgartenschau, dem Tal X, gesprochen? Wie bist du zur Botschafterin geworden?

Noch direkt bei meinem Empfang auf dem Kniebis nach der WM 2023 hat mich OB Juliann Osswald angesprochen, ob ich mir das vorstellen könne. Ich hatte gerade auf der Bühne darüber gesprochen, wie wichtig es ist, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, egal aus welchem Verein man kommt – da hatte er ganz spontan die Idee.

Hast du spontan zugesagt?

Tatsächlich ja. Es ging mir zum einen um die Heimatverbundenheit, meine Liebe zur Natur und um die tolle Chance für die Region, aber in erster Linie um die Idee, dass Freudenstadt und Baiersbronn beim Tal X so eng zusammenarbeiten. Das gefällt mir richtig gut, und das ist ganz in meinem Sinne. Es war nicht einfach, als Kniebiserin und damit Freudenstädterin in Baiersbronn zu trainieren, aber für den Kniebis an den Start zu gehen. Auf beiden Seiten gab es Erlebnisse, die ich schon als Kind überhaupt nicht verstanden habe. Noch heute frage ich mich nicht nur im Sport: Wie soll es auf der großen weiten Welt klappen, wenn man im Kleinen schon so engstirnig ist? Zum Glück hat sich in den letzten zehn Jahren vieles verändert und in die richtige Richtung entwickelt. Gerade Klaus Faißt vom SV Baiersbronn hat einen großen Anteil daran, dass der Stützpunkt Baiersbronn zu dem wurde, was er heute ist. Einer der erfolgreichsten Stützpunkte Deutschlands im Wintersport. Mittlerweile ist es ganz normal, dass einige Kniebiser in Baiersbronn mittrainieren, aber für den Kniebis an den Start gehen. Und ich gehe zwar noch für meinen Heimatverein an den Start, bin ja aber auch mit ganzem Herzen Mitglied im SV Baiersbronn und fühle mich dort sehr wohl und auch zugehörig. Ich hoffe, dass ich als Botschafterin noch mal einen kleinen Teil zum großen Ganzen beitragen kann.