Was für ein Drama: Nathalie Armbruster läuft in Weltklasse-Manier zu ihrem ersten Weltcup-Sieg. Eine Favoritin erlebt in Seefeld ihr Waterloo.
Schon auf der Zielgeraden riss Nathalie Armbruster die Arme jubelnd nach oben, umjubelt von den vielen deutschen Fans, die in Seefeld die Freudenstädterin anfeuerten. In der Loipe lief die 19-Jährige die gesamte Konkurrenz in Grund und Boden und feierte einen souveränen Sieg – bei ihrem 15. Podiumsplatz ihren ersten Weltcup-Sieg überhaupt.
„Ich bin so überwältigt“, erklärte sie nach dem Rennen, während sie unentwegt mit den Tränen kämpfte. „Es ist unfassbar! Dass es auch noch mit so einem Riesenvorsprung war, ist komplett irreal.“ Dabei blieb sie äußerlich im Rennen cool, aber wie es in ihr aussah, gab sie im Anschluss preis: „Ich hab, bis ich die letzte Abfahrt runter bin, Schiss gehabt, dass ich noch stürze oder sonst irgendwas passiert.“
Am Ende brachte sie aber den Sieg souverän über die Ziellinie, genoss den Triumph – und dachte zuerst an alle anderen: „Ich danke allen, die mir das ermöglicht haben: meinen Trainern, meinem Team, meiner Familie, den Technikern, den Leuten, die mich hier immer unterstützen.“
„Ein historischer Tag“
Gyda Westvold Hansen blieb nur Platz 2, die Japanerin Haruka Kasai überholte Westvold Hansen zwar kurz vor dem Ziel, die konterte aber noch einmal. Bundestrainer Florian Aichinger sah in Armbrusters Sieg den Lohn für die Arbeit der letzten Jahre: „Das ist ein historischer Tag für uns. Wir haben immer darauf gebaut, gewinnen zu wollen. So ein cooles Rennen von der Nathalie, heute hat einfach alles gepasst.“
Manuel Faißt auf Platz 7
Bei den Männern kämpfte sich Vinzenz Geiger auf den dritten Platz hinter Schwarzwaldpokal-Sieger Jens Luraas Oftebro und Jarl Magnus Riiber (beide Norwegen). Manuel Faißt holte nach einem guten Sprung in der Loipe alles aus sich heraus, hatte bei Kilometer 6,2 den Rückstand zur Spitze sogar auf 17,6 Sekunden reduziert, musste dann aber dem hohen Tempo Tribut zollen und verlor noch ein paar Sekunden. Platz 7 ist aber top und für den Sonntag immer noch sehr vielversprechend.
Monstersprung auf der Schanze
Am Freitag hatte Nathalie Armbruster angekündigt, auf der Schanze angreifen zu wollen. „Das kann ich noch nen Ticken besser“, hatte sie gesagt. Und das zeigte sie am Samstag. Mit einem Monstersprung auf 104,0 Meter segelte sie auf die größte Weite – und holte fast den gesamten Rückstand von Tag 1 des Seefeld-Triples auf Ida Marie Hagen auf.
Schock für die Favoritin
Die sprang in der Folge zwar nur auf 93,0 Meter, jubelte aber ausgelassen über die gerettete Führung. Dann aber der Schock bei der Materialkontrolle: Die norwegische Favoritin wurde wegen eines zu großen Anzugs disqualifiziert. Die norwegische Delegation schäumte, versuchte alles, die Disqualifikation anzufechten – vergebens. Wie schon beim PCR am Donnerstag hatten die Norweger zu hoch gepokert.
So startete Nathalie Armbruster in ihrer Lieblingsdisziplin „Individual Compact“ mit sechs Sekunden Vorsprung auf Gyda Westvold Hansen. Und sie legte los wie die Feuerwehr, vergrößerte schnell den Vorsprung auf die als beste Läuferin gelistete Norwegerin und hatte am Ende im Ziel sagenhafte 37,7 Sekunden Vorsprung auf Westvold Hansen. Jenny Nowak wurde Siebte, Maria Gerboth 15.
Bei Svenja Würth läuft es nicht
Bei Svenja Würth (SV Baiersbronn) lief es schon auf der Schanze schlecht, in der Loipe rutschte sie von Platz 15 noch auf Rang 24.
Die Weltcup-Führung winkt
Nun hat Nathalie Armbruster die besten Karten, das erste Seefeld-Triple der Frauen für sich zu entscheiden, denn Ida Marie Hagen darf auch am Sonntag nicht mehr an den Start gehen. Beim Triple werden die Ergebnisse des Vortages mit in den nächsten Tag genommen – und am Ende gibt es doppelte Weltcup-Punkte, sodass Nathalie Armbruster am Sonntagnachmittag auch die Führung im Gesamtweltcup übernehmen kann. „Jetzt müssen wir’s nur noch runterbringen“, meint Bundestrainer Aichinger.
Dass es das Triple nun auch für Frauen gibt, „ist definitiv ein sehr, sehr wichtiger und richtiger Schritt in die richtige Richtung“, wie die Freudenstädterin erklärt, „ein richtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung, in Richtung gleich vieler Wettkämpfe wie die Männer – und dann hoffentlich auch ein Zeichen in Richtung IOC in Bezug auf Olympia.“
Was wird aus dem Olympia-Traum?
Denn diese Prüfung steht im Juni noch bevor. Da entscheiden die obersten Olympier erneut über die Zukunft der Nordischen Kombination bei Olympia. Entweder werden die Frauen aufgenommen, oder die Sportart fliegt komplett aus dem Programm. Man kann nur hoffen, dass die Entscheider die tollen und stimmungsvollen Wettkämpfe in Seefeld und davor schon in Schonach angeschaut haben. Das war beste Werbung für die nordische Kombination.