Mercedes-Motorsportchef ist überzeugt, das Tempo aus dem Qualifying bald ins Rennen zu übertragen.
dHerr Haug, mit welchen Gefühlen sind Sie aus Malaysia abgeflogen?
Wir sind in Malaysia zum zweiten Mal im zweiten Rennen vor den amtierenden Weltmeistern gestartet und haben diese gute Ausgangslage über die Distanz im Rennen zum zweiten Mal nicht nutzen können. Unser neues Auto hat Speed und Potenzial, und wir müssen Schritt für Schritt lernen, beides über die ganze Renndistanz zu nutzen.
War Sepang eine Steigerung im Vergleich zu Melbourne?
Um zu lernen, muss man Rennergebnisse differenziert und auch jenseits der Ergebnislisten mit den Platzierungen im Ziel betrachten – auch wenn klar ist, dass nur die Ergebnisse im Ziel zählen.
Was heißt das konkret?
Michael Schumacher wurde gleich in der ersten Runde von einem Konkurrenten umgedreht. Michael war als Dritter gestartet und kam als 16. aus der ersten Runde zurück. Nach dem Restart kam Michael noch auf Platz zehn, 35 Sekunden von Platz drei, einem Podiumsrang, entfernt. Ein Abstand, der aufholbar ist, sobald wir unser Auto in einem breiteren Bereich, so wie in Malaysia gefordert, zwischen heißem Asphalt und feuchter oder nasser Fahrbahn mit guten Rundenzeiten nutzen können.
Vor den letzten Boxenstopps im letzten Renndrittel lag Michael in der 38. Runde 60,448 Sekunden hinter dem Spitzenreiter . . .
. . . und im Ziel, 18 Runden später, waren es nur noch 49,996 Sekunden. Im letzten Viertel der Renndistanz bei trockener Strecke – auf die wir uns im Training vorbereitet hatten – sahen wir im Vergleich zu den WM-Aspiranten nicht so schlecht aus, deutlich besser als im letzten Jahr.
Wurde Mercedes mit nur einem Punkt durch Michael Schumacher unter Wert geschlagen?
Bei Trockenheit und ohne die unverschuldete Kollision war mehr drin – aber man muss mit den herrschenden Bedingungen klarkommen. Die oben gemachten Vergleiche sind rein faktisch.
„Wir müssen uns in allen Bereichen optimieren“
Das Qualifying lief in Sepang mit Platz drei für Schumacher noch besser als in Melbourne, doch im Rennen konnten beide Piloten die Hoffnungen der Mercedes-Fans nicht erfüllen. Warum läuft es bisher nur im Qualifying gut?
Wie beschrieben, gibt es Bedingungen, die wir mittlerweile beherrschen, im letzten Renndrittel waren zwischen den Siegerteams und Marktführern McLaren Mercedes, Red Bull und uns keine sehr großen Zeitdifferenzen. Wir haben eine gute Basis und müssen in aller Konzentriertheit mit härtester Arbeit diese Basis über die ganze Renndistanz nutzen. Ich bin überzeugt, dass wir das mit der notwendigen Zeit zum Lernen schaffen werden.
Das große Problem scheint zu sein, dass der Silberpfeil die Reifen nicht optimal nutzt. Warum verschleißt das Auto die Reifen so extrem schnell? Nach den Tests sah es so aus, als trete dieser Mangel aus dem Vorjahr nicht mehr auf.
Die Intermediate Reifen, eine Mischung zwischen Regen- und Trockenreifen, sahen nach Nutzung bei uns prima aus, genauso die Trockenreifen, mit denen wir im letzten Renndrittel fuhren. Eine Verbesserung verglichen mit dem ersten Rennen in Australien.
Kann das Problem mit den Reifen kurzfristig ausgeräumt werden, vielleicht durch ein verändertes Setup, oder muss dazu das Gesamtpaket des Autos verändert werden?
Wir müssen uns in allen Bereichen weiter optimieren, in Malaysia brachten wir weder den Intermediate noch den Regenreifen ans Arbeiten, wohl aber die Trockenreifen im letzten Renndrittel, wie unsere in dieser Phase gefahrenen Rundenzeiten zeigen.
Welche sind die nächsten Maßnahmen, die die Ingenieure nun vornehmen können?
Wir haben viel gelernt in den ersten beiden Rennen und sicherlich nicht angenommen, gleich zweimal aus Reihe zwei zu starten, am vergangenen Sonntag mit weniger als zwei Zehntel Sekunden Abstand auf die Pole-Position. Unseren Speed vom Qualifying müssen wir jetzt ins Rennen übertragen.
Muss Mercedes in den nächsten Rennen zunächst darum kämpfen, nicht von Mittelfeldteams wie Sauber, Toro Rosso, Force India und Williams überholt zu werden – anstatt sich nach vorn zu den Top drei zu orientieren?
Alles liegt dicht beieinander, was sehr gut für den Sport und den interessierten Zuschauer ist. Das Sauber-Team beispielsweise hat am Sonntag mit Sergio Perez und Platz zwei astreine Arbeit abgeliefert, zu der ich allen Teammitgliedern und Peter Sauber von Herzen gratuliere. Wir als Team haben es jetzt in den Händen, das, was wir im Qualifying und in Malaysia im letzten Renndrittel gezeigt haben, während einer ganzen Grand-Prix-Distanz umzusetzen. Wir werden das mit zunehmendem Lernprozess können.
Michael Schumacher sprach nach dem Rennen von Fortschritten im Vergleich zum Vorjahr. Überwiegen aus Ihrer Sicht ebenfalls die Vorteile?
Ganz klar ja. Augenblicklich noch nicht in der Punktetabelle, dafür aber im reinen Speed-Vergleich mit den Marktführern. Und guter Speed ist die Basis für späteren Erfolg. Wir müssen ihn jetzt sukzessive konstant im Rennen darstellen.
Melbourne war kein permanenter Rennkurs, in Sepang waren die Wetterbedingungen ungewöhnlich – nach wie vielen Rennen kann man ein seriöses Fazit über die Leistungsfähigkeit des Teams ziehen?
Nach Barcelona, dem fünften Rennen der Saison.