Motorsportchef Norbert Haug bläst in der neuen Formel-1-Saison zum Angriff auf die Topteams.
Stuttgart - Die nötigen Lehren aus der vergangenen Saison sind gezogen, das mäßig erfolgreiche Jahr 2010 ist abgehakt. In der kommenden Saison will Mercedes-GP die Bremse lösen und die drei Topteams angreifen. "Wir können mit unseren Voraussetzungen ein WM-fähiges Auto bauen", betont Norbert Haug.
4-3-2-1. Das ist der Countdown von Norbert Haug; die Rückzähl-Aktion von Mercedes-Motorsport. 2010, im ersten Jahr des Formel-1-Teams Mercedes-Grand-Prix Limited, endete das WM-Rennen mit einem etwas enttäuschenden vierten Platz in der Konstrukteurswertung. "Das entsprach auch unserem Leistungsvermögen", räumt der Mercedes-Motorsportchef am Redaktionstisch unserer Zeitung ein. 2011 peilt die Mannschaft mit den Zentralen in Brackley und Stuttgart eine Steigerung an - unter die Top 3 soll das Team vorstoßen, zum Niveau der Branchenführer Red Bull, Ferrari und McLaren aufsteigen. Ganz so, wie es Daimler-Chef Dieter Zetsche von seinen Motorsportlern gefordert hat: Mercedes müsse nicht jährlich Weltmeister werden, aber stets in der Lage sein, um den Titel mitzukämpfen. "Das trauen wir uns zu", sagt Haug, "und wir liegen in dieser Saison auch im Zeitplan."
Die Testfahrten in Barcelona stimmten die Mannschaft vorsichtig zuversichtlich, der Silberpfeil mit der Bezeichnung W02 scheint mit seinen Konkurrenten besser mithalten zu können als der etwas schwerfällige W01. Dass Mercedes die ärgerliche Lücke nach oben schließen könne, davon ist der 58 Jahre alte Stuttgarter überzeugt, an Know-how und Erfahrung mangle es den Ingenieuren nicht. Das beweise schon die Formel-1-Historie. 2004 platzten ständig die Motoren und als Folge davon auch die Träume vom Titel - eine Saison später gewann Mercedes, damals mit Partner McLaren, zehn der letzten 14 Rennen. "Eine Situation mit drei Motorschäden an einem Wochenende hatten wir seitdem nicht mehr", betont Haug, "wir lernen aus Fehlern."
2011 müssen die Mitglieder von Mercedes noch eine Schippe drauflegen und eine ganz anspruchsvolle Aufgabe bewältigen: Mit weniger mach' mehr. Das Resource Restriction Agreement - eine freiwillige Selbstverpflichtung der Rennställe zur Kostensenkung - zwingt die Teams, ihre Geschwindigkeit beim Geldausgeben weiter zu drosseln. Es gibt allerdings keine exakten Zahlen für Etathöhe und Personenstärke, die Obergrenzen orientieren sich an der bisherigen Intensität des Engagements, was nicht wirklich für Transparenz sorgt. Aber schon heute ist klar, dass besonders Red Bull und Ferrari unter möglichen weiteren Einschnitten leiden werden. "Der deutliche Mehraufwand, den das eine oder andere Team betrieben hat, wird nicht mehr möglich sein", sagt Haug und blickt ernst in die Runde.