"Nehmen Sie Rücksicht und helfen Sie sich gegenseitig. Es kommt auf jeden an", sagt Gemeinderat Sören Rall.Foto: Bantle Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Gemeinderat und Physiotherapeut berichtet über Vorsichts- und Hygienemaßnahmen / Unterwegs mit einem Lächeln

Niedereschach. Physio-Praxen sind für viele Menschen eine wichtige Anlaufstelle, wenn es um die Gesundheit geht. Gemeinderat und Physiotherapeut Sören Rall berichtet über seine Arbeit in der derzeitigen Krise.

Ist die Versorgung der betroffenen Menschen in Ihrer Praxis auch in Zeiten der Coronakrise gesichert?

Natürlich stehen wir unseren Patienten auch in dieser etwas schwierigeren Zeit stets zur Seite. Wir versuchen, den Praxisalltag so zu gestalten, dass sich die Patienten sicher und gut umsorgt fühlen. Durch verschiedene Maßnahmen haben wir auch eine positive Resonanz der noch zur Behandlung erscheinenden Patienten erhalten. Dies freut uns sehr.

Wie wirkt sich die Coronakrise in ihrer Praxis ganz konkret aus?

Es ist eine riesige logistische Aufgabe geworden. Zum Schutz unserer Patienten haben wir die Therapeuten so eingeteilt, dass sich höchstens zwei Therapeuten mit ihren Patienten in der Praxis befinden. Es ist alles etwas anders geworden aber bestimmte Situationen erfordern nun mal auch besondere Maßnahmen.

Gibt es aktuell für Sie und ihre Mitarbeiter Einschränkungen, was die Betreuung Ihrer Patienten betrifft?

Es gibt Vorgaben des Gesundheitsamts zur Behandlung und Eigenschutz, die wir natürlich penibel einhalten. Wir betreiben in der Praxis noch mehr Vorsichtsmaßnahmen als eigentlich gefordert werden, aber das sehen wir als selbstverständlich an. Der Schutz der Patienten und der Mitarbeiter ist in dieser Zeit das allerwichtigste. Leider ist es sehr kostenintensiv und manchmal sogar eine fast unmögliche Aufgabe, die Schutzausrüstung zu bekommen. Es war unser Glück, das uns dies schon immer wichtig war und wir so auf unseren Vorrat zurückgreifen konnten.

Welche Vorsichts- und Hygienemaßnahmen haben Sie zum Ihrem und zum Schutz ihrer Mitarbeiter und der Patienten getroffen?

Wir haben die Bestuhlung im Wartebereich auf ein Minimum reduziert, so dass hier bei uns sogar ein Abstand von fünf Metern zum nächsten wartenden Patienten entsteht. Im Wartebereich sowie in jedem Behandlungszimmer haben wir Luftdesinfektionsgeräte installiert, um auch hier dem Virus einen Schritt voraus zu ein. Bevor die Behandlung beginnen kann, wird der Patient gebeten, sich die Hände zu waschen und sie danach zu desinfizieren. Im Behandlungszimmer angelangt wird nur dann behandelt, wenn der Patient sein eigens großes Handtuch auf der Liege ausgebreitet hat und alle anderen Maßnahmen erfolgt sind. Alle unsere Mitarbeiter sind angewiesen, diese Abläufe aufs penibelste zu kontrollieren, um den Schutz aller weiteren Patienten gewährleisten zu können. Der Therapeut selbst arbeitet nur noch mit medizinischem Mundschutz, in besonderen Fällen auch mit einmal Handschuhen und OP-Jacken. Somit können wir die Gefahr einer Ansteckung während der Therapie auf einen fast unwahrscheinlichen Prozentsatz senken. Dies gibt uns und unseren Patienten ein sehr gutes Gefühl bei der Durchführung unserer Behandlungen.

Welche Auswirkungen auf Ihre Patienten hat die Coronakrise? Bemerken Sie persönlich Veränderungen im Verhalten und Wesen Ihrer Patienten?

Es gibt verschiedene Meinungen und Verhaltensweisen der Patienten. Da gibt es ängstliche, panische und manche, die vielleicht zu gelassen an die Sache herangehen. Ich selbst finde man sollte mit dem Thema ernst umgehen, aber nicht zur Panik tendieren. Das Virus wird durch Schmierinfektion und/oder Tröpfcheninfektion übertragen, wenn man sich dabei an einfache Regeln hält, dann ist das Risiko zu erkranken sehr gering. Ich finde es erschreckend, dass einfache Methoden wie, sich die Hände zu waschen oder beim Husten und Niesen sich die Hand oder die Ellenbeuge vors Gesicht zu halten von unserer heutigen Gesellschaft fast schon zu viel verlangt sind. Gerade in dieser Zeit sollten wir uns gegenseitig schützen und auf uns achten.

Haben Sie durch die Krise Einnahmeeinbußen?

Es ist eine wirklich schwierige Zeit für uns und alle Kollegen meiner Branche. Wir haben derzeit etwa 60 Prozent weniger Patienten als zuvor. Neuanmeldungen kommen nur wenige. Wir alle hoffen, dass bald ein Rettungsschirm der Bundesregierung für uns Heilmittelerbringer ins Leben gerufen wird. Denn unter den jetzigen Umständen wird es viele Praxen geben, die die erheblichen Umsatzverluste nicht kompensieren können. Leider gibt es in unsere Branche sowieso schon enorme Engpässe bei der Patientenversorgung, und wenn jetzt noch einige Praxen schließen müssen, dann sehe ich für die Zeit nach dem allem ein riesiges Problem auf uns zukommen. Die medizinische Versorgung wird noch schwerer zu erlangen sein als zuvor. Dann sind vier bis sechs Wochen des Wartens auf einen freien Behandlungstermin noch das kleinere Übel.

Sind die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter aktuell in Gefahr?

Aktuell besteht unser Team aus neun Mitarbeitern. Diesen möchte ich an dieser Stelle auch einen riesen Dank aussprechen. Mein Team reagierte sehr verständnisvoll, als es darum ging, wie wir in dieser Zeit unseren Patienten immer noch zur Seite stehen können. Ohne diesen starken Zusammenhalt und dieses Pflichtbewusstsein unseres Teams würde das alles nicht möglich sein. Auch wir hatten anfangs Angst zu erkranken, Angst unsere Patienten anzustecken zu können, das ist, so glaube ich, ganz normal. Aber wir wissen das es für viele ein enormer Rückschritt in ihrer Therapie wäre und für manche sogar lebensbedrohlich werden könnte, wenn wir keine Therapien erbringen würden. Wir wissen, dass wir alles Menschenmögliche tun, um all das zu verhindern und fühlen uns mit den von uns ins Leben gerufenen Maßnahmen in der Praxis und bei den Therapien nun auch sehr wohl und sehen dem allem positiv entgegen. Aber klar ist auch, wenn sich die Situation nicht ändert, wird es früher oder später in jedem Betrieb Kündigungen aus finanzieller Notlage heraus geben. Dies hoffen wir aber zu verhindern. Wir werden weiterhin zusammenstehen und das Ganze meistern.

Sie sind ja auch Gemeinderat. Was erwarten Sie für die Zeit nach der Krise und der Aufhebung der aktuellen Beschränkungen?

Davor habe ich am meisten Respekt. Ich bin sehr gespannt, was uns danach erwarten wird. Leider können wir zur jetzigen Zeit nicht abschätzen, wann mal wieder ein normaler Alltag einkehren wird. Aber eines kann ich Ihnen versichern, wir werden alles dafür tun um die Gemeinde so unbeschadet wie nur möglich hier durchzuführen. Wir sind uns unserer Wichtigkeit für die Gemeinde bewusst und wissen mehr denn je, dass es jetzt auf eine gute Zusammenarbeit aller am meisten ankommt. Ich stehe dem allem positiv gegenüber, denn es gibt auch hier nur einen Weg und der ist positiv nach vorne zu schauen und mit vereinten Kräften zur alten Stärke zurückfinden. Ich hoffe, dass jeder Bürger diese Zeit unbeschadet übersteht und trotz der vielen negativen Eindrücke mit einem Lächeln auf die Straße geht. Wie einst ein Patient, der leider zu früh von uns gegangen ist, zu mir sagte: Sören, egal was passiert lächle und sei fröhlich, denn wenn du traurig bist, regnet es trotzdem. Ich hoffe Sie nehmen sich diesen Satz zu Herzen, denn ich selbst denke täglich daran. Zum Abschluss möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass es genau in dieser Zeit darauf ankommt, aufeinander zu achten, sich zu helfen und aufeinander Rücksicht zu nehmen. Bitte unterstützen Sie die ansässigen Unternehmen. Es wäre sehr schade, wenn es diese wichtigen, auch meist kleinen Unternehmen nach dem allem nicht mehr geben würde. Haben Sie keine Panik, sondern üben Sie sich in Rücksicht und helfen sich gegenseitig. Es kommt auf jeden an.   Die Fragen stellte Albert Bantle.