Eine von vielen bereits auf den Weg gebrachten Aktivitäten in Sachen Klimaschutz in Niedereschach ist das von Andreas Meyer betreute Projekt "Spurwechsel". Foto: Bantle Foto: Schwarzwälder Bote

Umwelt: Kommunalpolitiker treffen keine Entscheidung über Beitritt zum Schutzpakt

Niedereschach. Das Thema Klimaschutz nahm in der Sitzung des Niedereschacher Gemeinderates am Dienstagabend in der Eschachhalle einen breiten Raum ein.

"Die Gemeinde stellt ihren Fuhrpark auf umweltfreundliche Elektromobilität um, und bei den Bürgern steht der protzige Drei-Liter-SUV in der Garage" – zu dieser Diskrepanz ergab sich eine kontroverse Diskussion um die Frage, ob die Gemeinde, so wie in einem Antrag der Fraktion von Bündnis 90 /Die Grünen vom November 2019 gefordert, dem Klimaschutzpakt Baden-Württemberg beitritt und am prozessorientierten Zertifizierungsverfahren für kommunale Energieeffizienz und Klimaschutz, dem European Energy Award, teilnehmen sollte. Dass die Gemeinde bereits mit der Umstellung der Straßenbeleuchtung, Umstellung gemeindeeigener Heizanlagen und vor allem der Ben-Fernwärmeversorgung etliche wertvolle Beiträge zum Klimaschutz geleistet hat, hatte Bürgermeister Martin Ragg schon im Vorfeld der Diskussion erläutert. Nichts desto trotz solle man weiterhin den konzeptionellen Klimaschutz ins Auge fassen, um ein Gesamtbild des Klimaschutzes in der Gemeinde betrachten zu können.

Dies sah auch der zur Sitzung hinzugezogene Klimaschutzexperte der Energieagentur, der Niederlassungsleiter im Schwarzwald-Baar-Kreis, Tobias Bacher, der die Ziele eines Klimaschutzkonzeptes erläuterte, nicht anders. Bacher erläuterte in seinem Vortrag, speziell auf die Struktur Niedereschachs zugeschnitten, Schritt für Schritt die Fragen, was möglich wäre, was sinnvolle Schritte wären und welche Förderungsmöglichkeiten es zur Realisierung eines Konzeptes gebe. Er zeigte aber auch deutlich auf, wie sich die Temperaturkurve in Baden-Württemberg seit 1881 nach oben entwickelt hat. Das gelte auch für die CO 2-Emissionen. Er mahnte dringlichen Handlungsbedarf an, um den Anstieg dieser Kurven zu verlangsamen. Eine Aufgabe, die jedoch nur gemeinschaftlich gelöst werden könne mit Zielsetzungen in Sachen Klimaschutz zum Beispiel mit einem kommunalen Energiemanagement wie in Niedereschach. Ziele müssten eine lokale Wertschöpfung, ein höherer Einsatz erneuerbarer Energien, Imagegewinn und Bewusstseinsbildung sowie das Schaffen eines attraktiven und zukunftsfähigen Standorts für Familien und Unternehmen sein. Und am Ende stehe die Zertifizierung European Energy Award. Bacher zeigte aber auch die vielen möglichen Wege zu einer Förderung und Bezuschussung auf.

In den Augen etlicher Gemeinderäte, allen voran Rüdiger Krachenfels und Michael Asal, ist dies nichts anderes als eine Effekthascherei, wie sich in der Diskussion zeigte. "Denn die ganzen Klimaschutzmaßnahmen bringen nichts, wenn sich die Einstellung der einzelnen Bürger nicht ändert", betonte Krachenfels und verweis auf die Landesregierung, welche die schlechteste CO 2-Bilanz in der gesamten Bundesrepublik aufweise. Die sollten doch erst einmal mit gutem Beispiel vorangehen. Deutliche Worte fand auch Siggi Reich. "Sind Sie der Meinung, dass die E-Mobilität umweltschonender ist wie die Verbrennungsmotoren, sind sie der Meinung, dass der Strom aus der Steckdose kommt und die Batterien nicht vom Himmel herunterwachsen?", fragte er den Referenten provokant. Man müsse doch alles in allem sehen, nicht nur die Rosinen rauspicken. Das E-Mobil sei umweltfreundlich, wo es gerade fährt, aber Umweltschäden und -belastungen würden auch am Ort der Produktion entstehen, und auch der Strom für den Betrieb müsse erzeugt werden.

Dem Stichwort Effekthascherei von Krachenfels konnte sich Oliver Bumann nicht anschließen: Eine CO 2-Bilanz diene ja gerade dazu, diese aufzudecken oder gar nicht entstehen zu lassen. Es könne fundiert bewertet werde, wie am Beispiel der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, ob es etwas bringe oder nicht. "Das Problem, das man im Moment hat ist: Es werden sehr viel gute Dinge macht, aber sie entziehen sich eben der Kontrolle, weil man zum Beispiel keine CO 2-Bilanzierung macht."

Auf die Frage von Bürgermeister Ragg, ob man nun am European Energy Award teilnehmen solle oder nicht, meldete sich Michael Asal zu Wort und betonte, dass der Gemeinderat doch nicht, wie schon so oft, aus dem Stehgreif irgendwelche "Schnellschüsse" treffen sollte, nur weil es zuerst nichts koste, da die Gemeinde, einmal installiert, auf den Folgekosten doch wieder sitzenbleibe. Auf die weitere Frage, ob dies allgemeiner Konsens im Rat sei, folgte der Bürgermeisters dem Vorschlag Asals, sich die Geschichte nochmals zu überlegen und die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen.

Der Antrag der Gemeinderatsfraktion der Grünen vom November 2019 umfasste im Wesentlichen die Erstellung einer Energie- und CO 2-Bilanz der Gemeinde, um eine belastbare Ausgangsbasis für konkrete Klimaschutz-Maßnahmen zu erhalten. Ausgehend von dieser Bilanz sollen konkrete Maßnahmen zur Verringerung des CO 2-Ausstoßes in der Gemeinde, in Übereinstimmung mit den Zielen des Landes Baden-Württemberg und der Bundesregierung umgesetzt werden. Zudem fordert die Fraktion, dass die Gemeinde Niedereschach dem Klimaschutzpakt Baden-Württemberg beitritt und am prozessorientierten Zertifi-zierungsverfahren für kommunale Energieeffizienz und Klimaschutz, dem European Energy Award, teilnimmt.