Aus kleinen Anfängen entsteht ein Unternehmen mit beeindruckendem Firmengebäude. Foto: Firma Joh. Nep. Jerger

Jubiläum: "Joh. Nep. Jerger" feiert sein 100-jähriges Bestehen / Familienbetrieb in vierter Generation

Sein 100-jähriges Bestehen feiert der Familienbetrieb "Joh. Nep. Jerger".

Niedereschach. Die Firma, die sich mit viel Weitsicht kontinuierlich entwickelt hat, gilt als echter Vorzeigebetrieb im Ort und beschäftigt inzwischen über 140 Mitarbeiter.

Eigentlich wollte man das 100-jährige Firmenjubiläum ganz groß feiern. Zugleich sollte der 80. Geburtstag des Seniorchefs Günter Jerger und der 50. seines Sohnes Heiko Jerger begangen werden – doch die Pandemie machte dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.

Die Firmengeschichte

Begonnen hatte alles im Jahr 1920, als Johann Nepomuk Jerger im ausgebauten Ökonomieteil seines Hauses in der Rottweiler Straße 20 unter einfachsten Bedingungen die Produktion von Teilen für die Uhrenindustrie, aber auch die Elektroindustrie aufnahm. Nachdem Johann Nepomuks Sohn Alfons Jerger das Unternehmen übernommen hatte, musste er es durch die schwere Zeit der Wirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs führen. Die Folgen des Krieges sowie die Demontage nach dem Krieg waren ein herber Rückschlag in der Entwicklung, mit der das Unternehmen lange zu kämpfen hatte. Anfang der 1960er-Jahre hat Günter Jerger die Verantwortung übernommen. Er führt das Unternehmen zusammen mit den beiden Söhnen Ralph und Heiko.

Günter Jerger erkannte schnell, dass die Zukunft in modernen Fertigungstechnologien liegt. Weitsichtig folgte er dem Trend zur Automatisierung, verabschiedete sich schnell von den sogenannten Einspindel-Drehautomaten und investierte in vollautomatische Rundtaktmaschinen. Sein ausgeprägter Unternehmergeist legte den Grundstein für eine rasante Entwicklung. Die früh erkannte Unabhängigkeit von der Uhrenindustrie bewahrte das Unternehmen vor dem Sog in den Abgrund. Gleichzeitig erkannte Günter Jerger das Potenzial einer neuen Fertigungsart, dem Verfahren der Rundtaktfertigung.

1990 folgte mit dem Bau eines neuen Produktions- und Verwaltungsgebäudes der Umzug ins Gewerbegebiet. Damit war die Grundvoraussetzung für einen voll automatisierten Dreischichtbetrieb erfüllt. 2007 folgte die Inbetriebnahme des modernen Logistikzentrums mit Hochregallager.

Die Firmenphilosophie

Das Prinzip der Automatisierung ist heute technologische Grundlage für die Konkurrenzfähigkeit der Jerger KG. Allseits bekannt dürfte ein berühmter Entwickler der zerlegbaren Möbel sein: Ingvar Kamprad mit dessen weltweit agierenden Konzern Ikea. Die Firma Jerger war Lieferant der ersten Stunde bei Ikea und führt dort heute noch die einstellige Lieferantennummer sechs.

Neue Rundtaktdrehautomaten erlaubten Teile mit komplexer Geometrie einstufig weit leistungsfähiger als bisher zu produzieren. Statt von Hand Rohmaterialstangen nachzulegen erlaubten schwere Drahtrollen (Coils) lange Laufzeiten. Ideal für die damals schon preissensiblen Großserien für die Möbelindustrie. Schon bald konnte mit mannlosen Geisterschichten rund um die Uhr gefertigt werden.

Die Expansion

Mit jeder weiteren in Betrieb genommenen Maschine, wurde der Platz in der Rottweiler Straße enger. Ende der 1980er-Jahre war klar, dass der Standort in der Rottweiler Straße mit seiner ungünstigen Lage umgeben von Wohnhäusern nicht mehr zukunftsfähig war. Die Entscheidung zum Umzug ins neue Gewerbegebiet fiel Günter Jerger leichter im Wissen, da seine Söhne früh Interesse bekundeten, die Unternehmensnachfolge antreten zu wollen.

1990 konnte der Neubau am heutigen Standort in der Wilhelm-Jerger-Straße bezogen werden. Es war auch die Zeit in der die vierte Generation mehr und mehr in die Abläufe des Unternehmens integriert wurde und Schritt für Schritt die Verantwortung übernahmen. Heiko Jerger absolvierte die technische Laufbahn während der jüngere Bruder Ralph sich auf die betriebswirtschaftliche Ausbildung konzentrierte.

Neue Strategien

Im Jahr 2011 wagte die Familie einen weiteren Entwicklungsschritt. Viele Kunden benötigen neben Stahl- auch Kunststoffteile, in separater Funktionsweise oder in Verbindung mit einer Baugruppe. Auch wurde das eine oder andere Stahlteil aus Kostengründen durch Kunststoffteile ersetzt. Diese Erfahrung war Auslöser sich mit dem Thema "Kunststoffspritzguss" näher zu beschäftigen. 2016 konnte dieses Standbein, das bis dahin eine überschaubar Größe hatte, ebenfalls durch eine Firmenübernahme eine solide Eigenständigkeit erhalten. So sind heute an drei Standorten 150 Mitarbeiter beschäftigt.

Corona-Krise

Die Corona-Krise verschonte auch die Joh. Nep. Jerger GmbH & Co. KG nicht. Im April brachen die Aufträge schlagartig deutlich ein, eine völlig neue Erfahrung – war doch gerade die Möbelindustrie ein stets stabiler Markt in Krisenzeiten. Kurzarbeit musste eingeführt werden. Betriebsbedingte Entlassungen waren aber niemals in der 100-jährigen Geschichte und auch bis heute nicht erforderlich. Es zeigte sich erneut, dass der Fokus auf eine starke Unabhängigkeit eine solide Basis auch in Krisenzeiten bietet. Seit Ende der Sommerferien ist ein enormer Auftragsanstieg spürbar, der auch noch deutlich ins neue Jahr reicht.

Die fünfte Generation steht bereits parat. Die Söhne von Ralph und Heiko Jerger, jeweils zwei im Alter von 14 bis 17 Jahren, haben ihr Interesse bereits deutlich gemacht, dass sie bereit sind, das Familienunternehmen in fünfter Generation weiterzuführen, wenn es denn an der Zeit sein sollte.