Alwin Rist bei seiner Ansprache. Foto: Bantle Foto: Schwarzwälder Bote

Festakt: Nahwärmeversorgung geht ans Netz / Redner würdigen Pionierleistung der Bürger

In würdigem Rahmen wurde am Freitagabend in der Eschachhalle die Fertigstellung des Großprojektes "Nahwärmeversorgung für Niedereschach" gefeiert, das mehrfach als Jahrhundertprojekt bezeichnet wurde.

Niedereschach. Dass die Akteure der Genossenshaft Bürgerenergie Niedereschach (BEN) dabei Großartiges und etwas ganz Besonderes geschaffen haben, zeigte die Anwesenheit der Landtagsabgeordneten Martina Braun (Grüne) und Karl Rombach (CDU), des Landrats Sven Hinterseh, des für Firmenkunden zuständigen Direktors Peter Heine von der Sparkasse Schwarzwald-Baar, des Bürgermeisters Martin Ragg, der Ortsvorsteher Peter Engesser (Fischbach), Alfred Irion (Schabenhausen) und Werner Reich (Kappel), Alt-Bürgermeisters Otto Sieber sowie verschiedene Gemeinde- und Ortschaftsräten.

Braun, Rombach, Hinterseh, Heine und Ragg zollten in ihren Ansprachen den "Machern" und den Mitgliedern der Bürgerenergie Niedereschach (BEN) Hochachtung sowie höchsten Respekt und Anerkennung für eine unglaubliche, ehrenamtlich erbrachte Leistung und dies ganz im Sinne eines nachhaltigen Klimaschutzes. Eine Leistung, mit der zudem die regionale Wertschöpfung gestärkt und die Abhängigkeit von Russland und den arabischen Ölstaaten minimiert wurde.

Unglaubliches erreicht

Alle Redner waren sich einig, dass in Niedereschach durch die BEN fast Unglaubliches erreicht wurde und Niedereschach zurecht stolz sein könne, Bioenergiedorf zu sein. Das Nahwärmeprojekt habe als Positivbeispiel eine große Strahlkraft auf andere Gemeinden im Schwarzwald-Baar-Kreis, wusste Landrat Hinterseh zu berichten. Niedereschach gehe stets mutig voran, sagte Hinterseh und fügte hinzu: "Die Niedereschacher sind etwas ganz Besonderes". Alle Redner hoben den Pioniergeist hervor, mit dem die Macher des BEN- Teams, zu Werke gingen.

Eine die Veranstaltung prägende Rede hielt der Vorstandsvorsitzende, Alwin Rist. (siehe weiteren Bericht). Begleitet wurde die Rede mit einer musikalisch untermalten, sehr aussagekräftigen und informativen Bild-Präsentation über eine zurückliegende "geile Zeit". Die Bilder zeigten die vielen Baustellen und Aufgrabungen, den Bau der Heizzentrale und auch sehr negative Dinge, wie beispielsweise das Projekt heftig angreifende Leserbriefe.

Mancher Leserbrief mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten, in denen die ehrenamtlich tätigen Menschen in der BEN an den Pranger gestellt wurden, habe bei Teilen der Bevölkerung für Verunsicherung und Ängste gesorgt, doch das BEN-Team habe sich nicht von seinem Weg abbringen lassen, betonte Bürgermeister Martin Ragg, der zudem wie der Landrat darauf hinwies, dass in den Gräben für das sage und schreibe 16 Kilometer umfassenden Leitungsnetz der BEN, gleichzeitig und dies sehr kostengünstig für die Gemeinde, die Leerrohre für das Glasfaser-Netz mit verlegt wurden. Zudem wurden, verbunden mit vielen Synergieeffekten Kanäle, Schächte, Gehwege und Wasserleitungen erneuert.

Durch das Programm führte der bekannte Kabarettist und Schauspieler, Martin Wangler, in seiner Paraderolle als Fidelius "Fidele" Waldvogel. Der sorgte als echter Schwarzwälder in Schwarzwälder Mundart, humorig und gekonnt für beste Unterhaltung zwischen den einzelnen Ansprachen und im Anschluss an den offiziellen Teil des Festaktes und wachte mit der "Geißel" in der Hand darüber, dass die Ansprachen nicht zu lange ausfielen.

Tolle Auftritte

Aufgelockert wurde das Programm zudem durch einen tollen Auftritt der Boogie-Woogie-Gruppe "Red Socks", in der Alwin Rist selbst das Tanzbein schwang. Für die Bewirtung der Gäste sorgte ein Team des SV Niedereschach.

Niedereschach (alb). Eine viel beachtete Rede hielt beim Festakt der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft "Bürgerenergie Niedereschach" (BEN), Alwin Rist.

"Solch ein Projekt umsetzen zu dürfen, war nur möglich, durch die Akzeptanz und Bereitschaft aller Beteiligten, gemeinsam neue Wege zu gehen. Sich einzulassen auf ein Projekt, von dem niemand hier im Saal wahrscheinlich auch nur eine annähernde Vorstellung gehabt hat, was die Verrückten der BEN da auf sich nehmen um das Ganze umzusetzen", sagte er. Und er gestand ein, dass er und sein Team den Aufwand und die zu investierende Zeit nicht ansatzweise richtig eingeschätzt haben. Mit großem Vertrauen hätten sich die heute 381 Genossenschaftsmitglieder auf die damaligen Versprechen und Aussagen verlassen. Finanzmittel bereitgestellt und auf breiter Linie das Projekt unterstützt. "Heute können wir mit Fug und Recht sagen, dass wir geliefert haben, was wir versprochen hatten. Ihr Vertrauen in das Projekt wurde nicht enttäuscht. Manchmal fragt man sich schon, woher nimmt man den vielen Mut und das Selbstvertrauen um sich dem allem stellen zu wollen, ohne vor der schieren Größe der Aufgabe zurückzuschrecken", so Rist wörtlich.

Vielleicht lag es in einem gemeinsamen Geist, in dem sich die einzelnen Personen gefunden haben, die sich der Aufgabe gestellt haben. Vielleicht habe es damit zu tun, ein Gespür für Umwelt und Natur zu haben und dringend etwas tun zu müssen um beflügelt vom Zeitgeist etwas verändern zu wollen, um im Rückblick eines Tages feststellen zu dürfen. "Ja, wir haben hier Spuren hinterlassen, die nachhaltig sind."

Vielleicht habe es damit zu tun, dass alle die mit gemacht haben, ganz einfach ihren Heimatort Niedereschach lieben und dieser Heimat etwas geben, etwas bewegen wollten, das aus der Kraft der Bürger hervorgeht. Man könne von unten herauf, durch Selbstbestimmung, Selbstgestaltung beeinflussen, wie man leben und die Heimat gestalten könne. "Wir alle sind Teil jeder Entscheidung, die wir treffen oder auch verwerfen." "Ich möchte an dieser Stelle auch einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger dieser Gemeinde richten und sie ermutigen, solche Momente, wenn sich Türen auftun, Visionen entstehen, diese mit Ihren Mitmenschen zu teilen, diese versuchen zu überzeugen um Ideen zu verwirklichen", so Rist weiter.

Das Gemeinwohl lebe von innen heraus, lebe vom Engagement und der Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich einzubringen. "Ihre Bereitschaft, etwas gestalten zu wollen, verändern zu wollen, zaubert nicht nur ein Lächeln auf das Gesicht Ihrer Mitbürger, nein, auch Sie werden bei sich dieses Lächeln verspüren", sagte Rist weiter.

An die Politik und Verantwortlichen von Staat und Kommune richtete er den Appell, den Menschen die erforderliche Freiheit und Gestaltungsräume zu lassen, sie zu unterstützen und zu ermutigen und das Engagement der Bürger zu nutzen, deren Ideen und Visionen aufzugreifen. "Hören Sie zu und wägen Sie gut ab. Vermitteln Sie ehrlich das Gefühl an die Mitbürger, dass sie ernst genommen werden, dass sie gebraucht werden, dass sie wichtig sind. Dadurch geben Sie Selbstvertrauen und Motivation für mehr Engagement, Ehrenamt und Selbstgestaltung. Sie werden sehen es lohnt sich."

Gleich mehrfach wurde hervorgehoben, dass durch die nun an das Nahwärmenetz angeschlossenen 263 Gebäude, darunter auch die Schule, jährlich klimaschädliches CO2 in Höhe von mehr als einer Million Liter Heizöl eingespart werden. Wer mehr zum Nahwärmeprojekt oder zur Technik in der Heizzentrale erfahren möchte, ist eingeladen, am Sonntag, 14. Oktober, ab 10 Uhr beim "Tag der offenen Tür" die Heizzentrale neben der Schule in der Friedhofstraße zu besuchen.