Ministerin Nicole Razavi trägt sich in das Vöhringer Gästebuch ein. Links: Landtagsabgeordneter Stefan Teufel, rechts Bürgermeister Stefan Hammer. Foto: Steinmetz

Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, war am Mittwoch zu einer Diskussionsveranstaltung in der Vöhringer Tonauhalle. Dabei kamen vor allem die schwierige Situation im Baugewerbe und die Wohnungsnot zur Sprache.

Razavi sprach auf Einladung der CDU-Verbände Vöhringen/Wittershausen, Sulz, Dornhan und des CDU-Kreisverbands zum Thema „Leben und Wohnen im Zeichen der Zeitenwende“. Landtagsabgeordneter Stefan Teufel begrüßte dazu unter anderem den Ersten Landesbeamten Hermann Kopp, die Bürgermeister Jens Keucher (Sulz), Markus Huber (Dornhan) und Stefan Hammer (Vöhringen) sowie Kreishandwerksmeister Andreas Frank.

Nachmittags hatte Nicole Razavi Unternehmen besucht. Was sie dabei feststellen konnte: „Die Stimmung im Baugewerbe ist fast am Gefrierpunkt.“ Bauen rechne sich ohne Förderung kaum noch. Zwar waren die Bauzinsen auch schon höher gewesen, doch in der Mixtur mit anderen preistreibenden Faktoren „haben wir es im Bausektor mit einer veritablen Krise zu tun“, stellte sie fest.

Scharfe Kritik geäußert

Spürbar auch im Privaten: Familien müssten zunehmend ihre Baugrundstücke wieder zurückgeben. Derweil verschärft sich die Wohnungsnot durch Flüchtlinge aus der Ukraine. Um zu entlasten, brauche es Förderanreize wie das neue Wohnbauförderprogramm. „Damit sind wir auf dem richtigen Weg“, so die Ministerin. Der geförderte Bereich sei inzwischen der einzige, in dem noch mit einer schwarzen Null investiert werde.

Scharf kritisierte sie den Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen künftig zu verbieten. „So eine Politik verschreckt Eigentümer, die dafür gewonnen werden sollen, Wohnungen zur Verfügung zu stellen“, meinte sie. Der Klimaschutz müsse, so Razavi, zwar besser werden, aber auch bezahlbar sein. Zudem will sie das Bauen durch den digitalen Bauantrag beschleunigen.

Über den Tellerrand schauen

Sie forderte auch die Kommunen auf, ihren Eigenbeitrag zu leisten, etwa wenn es darum geht, vorhandenen Wohnraum zu aktivieren oder Spielräume bei Bebauungsplänen zur Anpassung an die neuen Wohnbedürfnisse zu nutzen. „Haben Sie den Mut, über den Tellerrand zu schauen“, appellierte sie an die anwesenden Kommunalpolitiker. Als Beispiel nannte sie, Wohnungen auf einen Supermarkt zu setzen.

Der Dornhaner Bürgermeister Markus Huber berichtete, wie schwierig es sei, innerörtliche „Enkelgrundstücke“ zu bebauen. Der Dornhaner Stadtrat Felix Lehmann wollte wissen, ob es eine rechtliche Möglichkeit gebe, Bauzwang auszuüben.

Naturschutz erschwert Bauvorhaben

„Die Grundsteuer C steht als Hebel zur Verfügung. Sonst bewegen wir uns in einem schwierigen Bereich, was Eigentum angeht“, sagte Razavi. Enteignungen kämen für die CDU nicht in Frage. Anfreunden könnte sie sich jedoch, wie von einem Besucher vorgeschlagen, mit der Senkung oder dem Verzicht auf die Grunderwerbsteuer bei Immobilien.

Moniert wurde der Naturschutz, der mit strengen Vorgaben Bauvorhaben behindert und verteuert. Inzwischen könne aber nicht mehr der einzelne Vogel Projekte verhindern. Geschützt werde vielmehr die Population, erklärte Nicole Razavi. „Ich bin für Artenschutz, aber es muss im Rahmen bleiben“, sagte sie. Den Flächenverbrauch auf auf Netto-Null zu reduzieren, hält sie zwar für „schon richtig“. Aber ohne neue Bauflächen in den Außenbereichen werde man vorerst nicht auskommen.

Stefan Teufel will die Diskussionsbeiträge mit in den Landtag nehmen. „Bezahlbarer Wohnraum ist ein wichtiges Ziel“, betonte er.