Harter Schlag für die Nahversorgung: Die ZG Raiffeisen wird ihren Markt in Rust zum Jahresende schließen. Foto: Mutz

Die ZG Raiffeisen schließt den Ruster Markt in der Ritterstraße nach mehr als 20 Jahren zum Ende des Jahres. Damit verschwindet eine weitere wichtige Anlaufstelle für die Versorgung im Ort.

Die Mitteilung, dass der Raiffeisenmarkt in Rust ab Januar geschlossen ist, erging rein beiläufig in einem anderen Zusammenhang in der vergangenen Gemeinderatssitzung in Rust. Das Gebäude ist im Besitz der ZG Raiffeisen in Karlsruhe. Die Genossenschaftszentrale bestätigte auf Anfrage schriftlich die Schließung aus wirtschaftlichen Gründen.

So wird wieder ein Geschäft der Nahversorgung im ländlichen Raum wegen Unwirtschaftlichkeit geschlossen. Nicht nur der Innenstadthandel hat seine Probleme, mit jeder Schließung der kleinen Geschäfte wird ein Tourismusdorf wie Rust ärmer. Ob und in welcher Weise das Gebäude eine Nachnutzung erfährt, darüber schweigt sich die ZG Raiffeisen noch aus. Offensichtlich gibt es dafür schon länger Anfragen. Sicher ist jedoch, und das bestätigt sowohl die Leitung in Karlsruhe als auch das Betriebspersonal in Rust, dass die Beschäftigten zu den Märkten Endingen, Freiamt und Kippenheim wechseln können.

Wichtige Anlaufstelle in zentraler Ortslage

Manuel Entz, der seit November den Markt leitet, hätte sehr gerne weitergemacht, wie er beim Gespräch bedauerte. Dies gilt auch für den Mitarbeiter Ralph Ritt und eine weitere Mitarbeiterin. Für die Bürger von Rust und der Umgebung – und besonders für ältere Leute – sei der Ruster Markt eine wichtige Anlaufstelle in zentraler Ortslage, sagte Ritt. Eine der Ursachen sei der Rückgang der landwirtschaftlichen Betriebe. Der Europa-Park sei früher ebenfalls ein guter Kunde gewesen, mit dem Logistikzentrum sei der Park in der Hauptsache jedoch Selbstversorger.

Die Corona-Pandemie habe sich ebenfalls ausgewirkt, wie Ritt vermutet. Denn wenn keine Gäste kommen, brauchen die Vermieter auch keine Getränke und keine Blumen. Dass Wirtschaftlichkeit eine Bedingung im Geschäftsleben darstellt, das sei aus unternehmerischer Sicht verständlich, sagte Entz und kann deshalb die Entscheidung ein Stück weit nachvollziehen. Man hat indes nicht das Gefühl, dass es an Kundschaft fehlt, denn es ist nach wie vor ein Kommen und Gehen im Ruster Raiffeisenmarkt.

An der Stelle des ZG-Raiffeisen-Gebäudes stand einst die Synagoge. Über Jahrhunderte hinweg gab es in Rust immer jüdische Bürger, mehr als in den benachbarten anderen Gemeinden. Nachdem die alte Synagoge in der Klarastraße zu klein geworden war, erbaute die jüdische Gemeinde in den 1850er-Jahren das neue Gotteshaus in der Ritterstraße. Im September 1857 wurde die Synagoge, die nach den Plänen des Freiburger Architekten Jakob Schneider gebaut wurde, eingeweiht. Im Jahr 1933 lebten nur noch 26 Juden in Rust. Die lange Geschichte fand auch in Rust mit dem Machtstreben des Nationalsozialismus und mit der Verfolgung und Ermordung vieler jüdischer Bürger durch die NS-Gewaltherrschaft ihr schreckliches Ende. Im Verlauf des Krieges wurde das Synagogengebäude durch Artilleriebeschuss schwer beschädigt, nach dem Krieg wurde die Ruine im Jahr 1941 an die Gemeinde verkauft. Diese veräußerte es im Jahr 1963 an die Raiffeisengenossenschaft. Da eine Nachnutzung als Lagerhaus nicht möglich war, wurde das Gebäude 1964 abgerissen und das Grundstück anschließend überbaut. Seither bilden die Portale der ehemaligen Synagoge an der Südwand des Raiffeisenmarktes eine kleine Gedenkstätte.