Baureste der Oberkollwanger Kirche – die ein Foto zusammen mit "Hirsch", der Straßenpartie und 1950 abgebrannter alter Molke vor etwa drei Generationen zeigt – deuten auf ein höheres Alter hin, als bisher angenommen. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Historiker Jeff Klotz weiß von zwei Köpfen aus Stein / Zwei Kirchen wohl älter

Verbindungen in die Römerzeit soll es laut eines angesehenen Historikers aus dem Enzkreis in Neuweiler geben. Hinzu kommt, dass die Kirchen in Oberkollwangen und Neuweiler wohl deutlich älter sind als ursprünglich angenommen.

Neuweiler. Muss die bisher bekannte Geschichte von Neuweiler um ein römisches Kapitel ergänzt werden und sind zumindest zwei Kirchen in der Gemeinde noch älter, als bisher angenommen? Nach Meinung des renommierten Fachmanns Jeff Klotz aus Remchingen im Enzkreis – der in seiner Heimatgemeinde das Römermuseum aufgebaut hat und ehrenamtlich leitet – ist davon auszugehen.

Nach einem Vortrag von Klotz in der Kelterner Teilgemeinde Weiler anlässlich von deren 800-jährigem Jubiläum der urkundlichen Ersterwähnung kam der Autor dieses Beitrags ins Gespräch mit dem Historiker. Dieser hat Geschichte, klassische Archäologie, Ur- und Frühgeschichte studiert, forscht und betreibt einen Verlag. Hellhörig hatten seine Ausführungen dazu gemacht, dass das dem Badischen zuzuordnende Dorf eine Gründung der Calwer Grafen sei.

Da drängte sich die Frage auf: Gibt es vielleicht eine Verbindung zu Neuweiler? Dem will Klotz nachgehen. Parat hatte er einige Tage später die erwähnten Überraschungen. Im Depot des archäologischen Museums am Kappelhof in Pforzheim, das Klotz wissenschaftlich betreut, befinden sich zwei aus Stein gearbeitete Köpfe römischen Ursprungs aus Neuweiler. Sie wurden 1911 von einem Bauern aus der Waldgemeinde an den zeitweiligen Stadtbaumeister und Museumsleiter Alfons Kern in die Goldstadt verkauft. "Der Nördliche Schwarzwald war tiefer von den Römern besiedelt, als bisher angenommen", ist sich Klotz sicher. Der Wald sei damals nicht undurchdringlich und weniger dicht gewesen als heute.

Es gebe Funde, die für ihn belegten, dass die Römer in der Gegend Wegverbindungen unterhielten. Aus dem Teinachtal stammen steinerne Zeugen und Münzfunde aus Loffenau und Enzklösterle. Dazu kommen die beiden Römerköpfe aus Neuweiler. Es habe wohl – nach seiner auf den Spuren beruhenden Annahme – eine viel weiter südlich verlaufende Querverbindung ins bedeutende römische Baden-Baden gegeben als bisher angenommen. Diese könne auch Neuweiler berührt haben.

Bisher noch kein historischer Gutshof gefunden

An diesen Strecken dürfe man sich da und dort Holzhäuser vorstellen. Davon sei nach der langen Zeit natürlich nichts mehr übrig, erklärt Klotz. Ein römischer Gutshof sei allerdings an der angenommenen Route bislang nicht gefunden worden. Allgemein bekannt sind römische Siedlungsspuren in Nagold, Wildberg, den Calwer Stadtteilen Hirsau sowie Stammheim und im Albtal. Kaum zwei Jahrhunderte dauerte die Römerzeit im hiesigen Raum, die ums Jahr 73 nach Christus hier Einzug gehalten hatte. Von Klotz wurden im Oberen Wald im Zusammenhang mit Forschungen zu Hirsau auch schon Kirchen untersucht. Bauform und Grundfunktion hätten früher übereinstimmen müssen, woran sich das Alter ablesen lasse.

Da sei bezüglich Neuweiler festzuhalten, dass Baureste von Vorgängerbauten wie auch der Name Stephanuskirche auf eine Urpfarrei Hirsaus verweisen. Ein erster Bau sei somit schon bis 1150 entstanden. Später folgten die Martins- und Michaelskirchen. Bis etwa 1350 hätten die Gotteshäuser dann Papstnamen erhalten.

Auch die Kirche in Oberkollwangen sei nach seinen Untersuchungen etwas älter als bisher angenommen. Angedacht ist von Klotz, einen bebilderten Führer in kleiner Buchform für alle Kirchenbauten in den Ortschaften der Gemeinde Neuweiler mit historischen Daten zu entwickeln. Vielleicht sei dies ja bis Ostern 2020 zu schaffen, stellte der Historiker in Aussicht.