Von einer kleinen Drückjagd im Nordschwarzwald Mitte der 1950er-Jahre stammt das Bild mit dem Jungen und dem Jäger, denen damals dem Vernehmen nach trotz der Schneelage keine Wildschweine begegneten.Foto: Digitalarchiv Schabert Foto: Schwarzwälder Bote

Wildschweinjagd: Gemeinderatskomitee beschloss 1946 Aufstellung von Fanggattern / Heute gibt es ähnliche Probleme

Die Wildschweine machen den Landwirten und auch so manchen anderen einige Sorgen. Der Drang der Tiere, unter der Grasnarbe nach Futter zu suchen, hat schon so manchen gepflegten Rasenplatz eines Sportvereins zum Acker werden oder einen Garten kaum wiedererkennen lassen.

Neuweiler. Das Thema ist gar nicht neu, wie in Neuweiler vor 75 Jahren beschlossene Maßnahmen zeigen. Mit dem Beratungsgegenstand, wie der Wildschweinplage Herr zu werden ist, befasste sich 1946 das Gemeinderatskomitee der Waldgemeinde.

Vom damaligen Bürgermeister Friedrich Hanselmann wurde im Einvernehmen mit dem vierköpfigen Gremium "verfügt", die "Errichtung von zwei oder drei Wildschweinfanggattern sofort an den Zimmermann Samuel Aichele zu übertragen". Dem Waldmeister Friedrich Lörcher wurde laut dem Beschluss "die Wartung und Bedienung der Fanggatter" gegen Taglohnvergütung auferlegt.

Aus dem Protokoll desGemeinderatskomitees

Über den Sachverhalt zum vor 75 Jahren gefassten Beschluss steht im damals vom Bürgermeister und den Mitgliedern Lörcher, Schanz, Ölschläger und nochmals Schanz unterzeichneten Protokoll des Gemeinderatskomitees Folgendes: "Schon seit geraumer Zeit werden auf der Markung hier durch Wildschweine große Schäden angerichtet. […] Der ganze Schaden wirkt sich in heutiger Notzeit doppelt aus und [es] ist alles zu versuchen, Abhilfe zu schaffen. Auf einen eingehenden Bericht an den Herrn Landrat wurde von dort bzw. durch das Forstamt Hofstett die Anweisung erteilt, Hunde auf die Felder hinauszubinden, die Schweine aufzuspüren und einzukreisen und dann jeweils die Besatzungstruppen zu benachrichtigen, um einen Abschuss zu organisieren."

Weiter ist festgehalten, dass "diese Methode zu keinem Ergebnis geführt" und die Wildschweinplage immer mehr zugenommen habe. Die Beratungen, "wie dem Übel am besten abgeholfen werden kann", ergaben, dass wohl nicht damit zu rechnen sei, "dass die hiesigen Jäger bald mit Schusswaffen versehen werden". So kam die Ratsrunde zu dem schließlich beschlossenen Ergebnis, Fanggatter zu errichten. Die Einschätzung des Gemeinderatskomitees, dass die deutsche Jägerschaft nicht so rasch wieder ihrer Aufgabe nachgehen kann, traf zu. Das Recht zu jagen, wurde den heimischen Weidmännern in den französisch besetzten Gebieten erst wieder am 1. Juli 1954 von der Besatzungsmacht übertragen.

Die Probleme nach dem Zweiten Weltkrieg ähnelten zumindest ein wenig denen von heute, wo ja der Wildschweinplage auch kaum Herr zu werden ist. In den vergangenen Jahren konnte allerdings die Jägerschaft nicht nur in Baden-Württemberg fast jedes Jahr immer höhere Abschüsse an Schwarzkitteln melden, obwohl deren Bejagen durch die milden Winter schwieriger wurde.

Im Jagdjahr 2019/20880 000 Tiere erlegt

Dennoch stieg die Zahl der Tiere stetig an. Allein 75 000 Wildschweine wurden in Baden-Württemberg, 880 000 bundesweit im Jagdjahr 2019/20 erlegt. Vom Land wurde deshalb das Jagdrecht für die Wildschweinjagd – auch im Hinblick auf das Problem Schweinepest – gelockert. Eine Reduktion des nach Zahlen nicht bekannten Bestands wird vom Landwirtschaftsministerium um 70 Prozent für nötig gehalten, wovon man weit entfernt ist.

Vielleicht hilft ja ein wenig, dass in diesem Jahr der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord zusammen mit Jägern, Metzgern und Gastronomen in einer ganzen Veranstaltungsreihe "Wilde Sau" Gelegenheit zur Begegnung mit dem Wildtier und dessen Biofleisch gibt. Denn gelegentlich mögen durchaus Absatzschwierigkeiten ein wenig den Abschuss gehemmt haben. Im September/Oktober wird im Kreis Calw und darüber hinaus allerhand zum Thema geboten sein (wir berichteten).