Der Mann wurde wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter und schwerer Brandstiftung veurteilt. Foto: © PUNTO STUDIO FOTO AG – stock.adobe.com

Stiefvater gesteht, Mutter schweigt und bleibt. Einjährige Freiheitsstrafen auf Bewährung. Betrunken Feuer gelegt.

Neuweiler/Calw - Zwei einjährige Freiheitsstrafen auf Bewährung hat das Schöffengericht beim Amtsgericht Calw gegen einen Familienvater aus Neuweiler ausgesprochen. Er wurde wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter und schwerer Brandstiftung veurteilt.

"Finger weg von Kindern", mahnte Staatsanwältin Edith Zug in ihrem Plädoyer. Dem darin beantragten Strafmaß für die Taten des Angeklagten folgte das Schöffengericht unter Vorsitz des Nagolder Amtsgerichtsdirektors Hans-Georg Gawronski.

Versuchte Tat auch bei dreijähriger Tochter

Zum Auftakt der Verhandlung hatte die Staatsanwältin in der Anklage an die Ereignisse in der betroffenen Familie erinnert. Demnach nutzte der 44-jährige Angeklagte vor drei und vier Jahren die Zeit, als er mit seiner damals neun- und zehnjährigen Stieftochter alleine zu Hause war, um sich an ihr zu vergehen – ohne in sie einzudringen.

Im Dezember 2016 spitzte sich indes die Lage zu: Nach ausgiebigem Alkoholkonsum versuchte der Angeklagte, seine dreijährige Tochter im Schlaf zu missbrauchen. Seine Ehefrau stoppte ihn dabei, wie die Staatsanwältin feststellte. In der Nacht eskalierte ein Streit des Ehepaars, in dessen Folge die Mutter mit allen vier Kindern aus dem Haus floh. "Unter Alkohol und in depressiver Stimmung hat er mit Spiritus begonnen, einen Brand zu legen und dadurch die Nachbarin in der angrenzenden Haushälfte in Gefahr gebracht", führte Zug weitere Vorwürfe aus.

Nach Angaben des Kriminalhauptkommissars, der damals als einer der Ersten vor Ort war, sah es aber so aus, als habe der Beschuldigte das Feuer selbst wieder gelöscht. Er sägte sogar einzelne Stellen auf, um Glutnester zu vermeiden. "Er hatte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck und äußerte Suizidandrohungen", berichtete der Polizist. Bei dem Familienvater habe man einen Alkoholwert von 2,2 Promille festgestellt, in der Konsequenz sei er in eine Psychiatrie gebracht worden.

Ehefrau beruft sich auf Zeugnisverweigerungsrecht

Während sich die Ehefrau auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berief und nicht aussagte, erklärte der Angeklagte, er könne sich an nichts erinnern und sei erst in der Klinik wieder zu sich gekommen. Die Erinnerungslücken führte er selbst auf massiven Alkoholmissbrauch zurück, wie er seinem Verteidiger Christian Schmidtberg entgegnete. "Ich wurde nach und nach mit der Tat konfrontiert und war geschockt, als ich unser Haus sah", fasste der Beschuldigte zusammen.

Nach einem fast vierwöchigen Klinikaufenthalt habe er einen Entzug gemacht und sich in Therapie begeben. Aktuell absolviere er eine einjährige Abstinenzkontrolle bei einem Arzt und nehme an der Nachsorgegruppe der Fachstelle Sucht teil. Zudem befinde er sich wieder in Arbeit mit unbefristetem Vertrag. Die Eigeninitiative zur Entgiftung rechneten denn auch die Staatsanwältin und das Gericht positiv an.

"Wir rechnen Ihnen das Geständnis des Missbrauchs hoch an und hegen auch keinen Zweifel, dass Sie den Brand gelegt haben, für den sie die Verantwortung übernahmen", zog der Vorsitzende Richter nach einer mehrstündigen Verhandlung sein Fazit. Dennoch, so Gawronski, solle sich der Beschuldigte Gedanken machen, ob nicht pädophile Neigungen erkennbar seien. "Es ist nicht selbstverständlich, dass Ihre Frau weiter zu Ihnen hält und Sie die Familie erhalten können", hob er hervor.

Einbindung eines Urteils von 2016

Auch bei einigen Vorstrafen des Angeklagten spielte Alkoholeinfluss eine tragende Rolle. "Wegen des zeitlichen Abschlusses sind deshalb zwei Urteile zu fällen", erläuterte der Richter die Einbindung eines Urteils vom März 2016, das zu einer einjährigen Gesamtstrafe mit Blick auf den Kindesmissbrauch führte. Die schwere Brandstiftung ahndete das Schöffengericht zudem mit 15 Monaten. Beide Strafen verringern sich aufgrund der langen Zeit, die seither verstrichen ist, um jeweils zwei Monate.

In beiden Fällen wurde eine dreijährige Bewährungszeit festgesetzt und dem Angeklagten für zwei Jahre ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. "Sie werden 60 Stunden gemeinnützige Arbeit im ›Projekt Schwitzen statt Sitzen‹ leisten, Ihre Nachsorge weiter verfolgen und dem Gericht nachweisen", setzte Gawronski außerdem Auflagen fest.

Da sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwältin auf einen Einspruch verzichteten, ist das Urteil des Schöffengerichts bereits rechtskräftig.