Beim heimatgeschichtlichen Frühschoppen mit Vortrag über die Templer konnte SWV-Vizechefin Marianne Noe (links) im Heimatmuseum 25 Zuhörer begrüßen. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Schwäbische Palästina-Siedler wollten christlichen Staat mit Hauptstadt Jerusalem / Großes Interesse an Vortrag

Die Fragen aus dem Publikum im Heimatmuseum zum mit 30 Bildern ergänzten Vortrag "Warum die Templer zu Templern wurden – Namen und Wirken von 70 Palästina-Auswanderern aus Neuweilers Ortsteilen", zeugten von großem Interesse.

Neuweiler (hms). Die stellvertretende Vorsitzende des Schwarzwaldvereins Neuweiler, Marianne Noe, konnte beim von Hans Schabert gestalteten heimatgeschichtlichen Frühschoppen 25 Besucher begrüßen.

Es gebe zwei historische Gruppen, die als Templer bezeichnet werden, erläuterte der Referent. Das eine ist der geistliche Ritterorden, der von 1118 bis 1312 existierte und dann auf Druck von Frankreichs König Philipp IV. durch Papst Clemens V. aufgelöst wurde. Das andere waren mit der etablierten Kirche unzufriedene Auswanderer vor allem aus Württemberg, die vor 150 Jahren meinten, in der nahenden Endzeit nur in Palästina das wahre Seelenheil zu finden.

Auf der Tagesordnung einer im Nagolder Gesellschafter 1863 veröffentlichten Einladung zur Bezirksversammlung des Deutschen Tempels nach Calw stand: "Aufhebung der Staatskirchen". Als "Endziel" war aufgeführt, "nach der Weissagung die Aufrichtung eines selbstständigen christlichen Staats in Syrien mit der Hauptstadt Jerusalem." Wörtlich hieß es weiter: "Der Tempel in Jerusalem bedeutet das Aufgeben der Confessionen und Sekten in einem vollkommeneren Gottesdienst, und obschon ein Werk aller Völker, so ist seine Aufrichtung doch vornehmlich eine nationale Aufgabe der Deutschen."

70 Personen

Der Kirschenhardthof, heute Teil der Gemeinde Burgstetten, war die Evangelistenschule und Zentrum, von wo aus Christoph Hoffmann und Georg David Hardegg die Templer-Lehren verbreiteten und die Auswanderungswelle antrieben. Aus den heutigen Ortsteilen Agenbach, Neuweiler, Oberkollwangen und Zwerenberg der Waldgemeinde wanderten um 1870 rund 70 Personen aus. Sie ließen sich überwiegend in Haifa, teils auch Jaffa, Sarona und Wilhelma nieder. Dazu kamen ab 1898 die Dörfer Bethlehem, Waldheim und Wilhelma.

Vor allem aus Württemberg kamen etwa 2500 Menschen ins Heilige Land. Der betagte Zuhörer Gottfried Weber wusste: "Mein Großvater war auch dabei, kam aber wieder nach Neuweiler zurück." Auch der Evangelist Martin Blaich aus Zwerenberg und Johannes Seitz aus Neuweiler waren bald mit der Führung der Templer nicht mehr einig und verließen Palästina. Sie wirkten fortan in kirchlichen Verbänden und bauten ein Erholungswerk im Osten Deutschlands auf.

Orden verliehen

Eine besondere Rolle spielte Fritz Keller aus Neuweiler. Mit seiner Geschichte und den Templern befasst hat sich der Heimatgeschichtler Fritz Barth aus Calmbach. Er beschreibt in seinen Veröffentlichungen, wie es der Metzgergeselle und erste schwäbische Siedler von 1870 in Haifa zum Diplomaten brachte. Bis zur Pensionierung 1908 wirkte er als deutscher Vizekonsul so erfolgreich, dass er dort schon 1898 beim Besuch von Kaiser Wilhelm II. einen Reichsorden angeheftet, außerdem vom württembergischen König den Friedrichsorden und vom türkischen Sultan den "Osmanlyorden 3. Klasse" verliehen bekam.

Ein abruptes Ende setzte den Templer-Siedlungen in Palästina der Zweite Weltkrieg. Die Deutschen wurden interniert, soweit sie nicht – immerhin ein Drittel NSDAP-Mitglieder – als Wehrpflichtige oder aus Überzeugung im Feld standen.

Teils wurden sie während des Kriegs gegen Juden aus Deutschland ausgetauscht, teils nach Zypern verlegt und von dort nach Australien deportiert oder vom jungen Staat Israel 1948 nach Deutschland ausgewiesen.

Heute werden die Templer-Siedlungen vor allem in Haifa und Tel Aviv, das inzwischen Sarona überwachsen hat, unter Denkmalgesichtspunkten gepflegt und meist gewerblich genutzt. Anerkannt wird damit die Leistung der Siedler von einst, die in Infrastruktur und Arbeitsmethoden dem Land große Fortschritte brachten.

Religiöse Templer-Gemeinden gibt es heute noch zwei im Raum Stuttgart und fünf in Australien.