165 Ukrainer sind seit dem Beginn des Ukrainekriegs nach Ettenheim gekommen. Foto: Koall

Die Vereinsmitglieder der Initiative "Neustart" hatten die vergangenen zwei Jahre alle Hände voll zu tun – 165 Ukrainer sind seit Kriegsbeginn in Ettenheim untergekommen. Der Verein sorgte dafür, dass trotz Isolationspflicht niemand zurückbleibt.

Ettenheim - Die Willkommensinitiative "Neustart" hat zu einer Mitgliederversammlung eingeladen. Die Vorsitzende Beate Kostanzer berichtete über das vergangene Jahr. "Das von Corona geprägte Jahr 2021 hat durch die Aufforderung, Kontakt zu vermeiden, für einen Verein, der für Integration und Begrüßung stehe, fast ein Berufsverbot dargestellt", begann Kostanzer ihre Rede. Trotz dieses Hindernisses sei der Verein jedoch stets aktiv geblieben. So habe man in den Gemeinschaftsunterkünften dafür gesorgt, dass alle Bewohner dort Zugang zum Internet hatten. Als eine große Herausforderung hätten sich die beengten Wohnungen herausgestellt. Als Lösung habe die Willkommensinitiative die Stadt aufgefordert, für größeren Wohnraum zu sorgen.

Flüchtlinge zum Impfen ermutigt

In Zeiten der Corona-Pandemie seien zudem mit Hilfe des Roten Kreuzes und der Stadt Impfkampagnen veranstaltet worden. Geflüchtete seien damit zum Impfen ermutigt worden.

Im zweiten Halbjahr habe der Verein Deutschkurse für Geflüchtete und Migranten unterstützt. Jene Zuwanderer in Familien und Altersheimen sollten so der deutschen Sprache näherkommen und Freundschaften schließen. Ein Problem sei jedoch, flexible Lehrer zu finden, was den strengen Vorgaben geschuldet sei. Was dem Verein die Arbeit ebenfalls erschwere, sei das "Bürokratiemonster", was den Zugang zu den Kursen schwerer mache.

Neben den Deutschkursen entwickelte die Initiative ein Kochbuch, das Geflüchteten aus Ettenheim die Möglichkeit bot, ihre heimatlichen Rezepte zu verfassen und so die Umgebung mit ihrer Kultur zu bereichern.

Während der Pandemie wurden auch die Kleiderkammern offen gehalten, um Bedürftigen auch in kritischen Zeiten Unterstützung zu bieten, so Kostanzer weiter.

Der Computerkompetenzkurs sollte dafür sorgen, dass auch die Geflüchteten in der Schule von zu Hause aus mitkommen können und in der deutschen Sprache gestärkt werden. Schade sei jedoch, dass das Nachhilfeprojekt des Vereins "Schüler helfen Schülern" "eingeschlafen" sei. Bei diesem Projekt sollten junge Zuwanderer besser Anschluss finden und Einheimische ihnen Solidarität zeigen. Es habe dabei an Ermutigung seitens des Vereins gefehlt, so Kostanzer. Die Vorsitzende erhofft sich, in Zukunft wieder Schüler für das Projekt gewinnen zu können.

Plätzchenbacken geplant

Der Verein plant ein gemeinsames Plätzchenbacken am 5. Dezember ab 15 Uhr mit den Geflüchteten. Auch ein "Frauencafé" ist geplant, bei dem sich Einheimische und Zuwanderinnen austauschen können. Die Bevölkerung ist dem Verein gegenüber "recht positiv gestimmt", freute sich Kostanzer: "Die Stadt ist froh, dass es einen Verein wie ›Neustart‹ gibt", weiß die Vorsitzende.

165 Ukrainer sind seit Kriegsbeginn in Ettenheim untergekommen

Seit 2014 zählt Ettenheim 259 zugewiesene Geflüchtete. Im Jahr 2022 hat es ohne ukrainische Geflüchtete 34 Zuwanderer gegeben. 194 zugewiesene Geflüchtete sind derzeit wohnhaft in Ettenheim, 67 davon privat. 165 Geflüchtete, von denen der Verein weiß, sind seit der russischen Invasion in die Ukraine in Ettenheim untergekommen und 136 davon sind dort noch wohnhaft.

Ein großer Erfolg seien zudem die Nachbarschaftstreffen, in denen Nachmittage mit den Flüchtlingen gestaltet wurden. So habe das Bild auf die Zuwanderer verbessert werden können. Der Verein steht nach hohen Finanzierungen in die Eingliederung und Bildung der Geflüchteten wieder auf stabilem Fuß.

SPD-Bundestagsgeordneter Johannes Fechner äußerte sich anerkennend und war von der Integrationsarbeit des Vereins beeindruckt: "Es läuft nicht überall so gut wie hier". Gerade im Winter müsse das Rote Kreuz und die Stadt die Ukrainer in der kalten Jahreszeit unterstützen, "was nicht einfach wird", so Fechner. "Man kann sich dabei nicht nur auf das Ehrenamt verlassen, es muss auch politisch gelöst werden", deutete dazu ein Vereinsmitglied an.

Auch Suche nach Räumen für "Tafel"

Die Willkommensinitiative Neustart hat dafür abgestimmt, die Stadt Ettenheim um Unterstützung für die Suche nach Raum und möglichem Geschäftsbesitzer für den Tafelladen in Ettenheim zu bitten. Der Verein ist seit Jahren auf der Suche nach Räumlichkeit für die Ausgabestelle.