In der letzten Folge der LZ-Bürgermeisterwahl-Serie geht es um den ÖPNV. Archivfoto: Bohnert-Seidel Foto: Lahrer Zeitung

Serie (8): Die vier Neurieder Bürgermeisterkandidaten erklären, was sie bei ÖPNV und Verkehr in der Gemeinde verbessern wollen

Neuried - Noch genau vier Tage dann ist es soweit: Am Sonntag, 21. Februar, wählt Neuried ihren neuen Bürgermeister. Vier Kandidaten haben ihren Hut in den Ring geworfen: Torsten Mundenast, Jörg Reichenbach, Tobias Uhrich und Raphael Jung.

Die Lahrer Zeitung hat die Wochen vor der Entscheidung intensiv in Form einer Bürgermeisterwahl-Serie begleitet. So wurden die Bürgermeisterkandidaten zunächst vorgestellt, es wurde über Stärken und Schwächen in der Gemeinde gesprochen, es ging um das Ortsteildenken und den Zusammenhalt der Gemeinde und auch die Kinder und Jugendlichen kamen zu Wort. Bei der achten und damit letzten Folge der LZ-Bürgermeisterwahl-Serie geht es um ein Thema, das alle betrifft: Der Verkehr und der ÖPNV. "Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf? Wo gibt es besonders gefährliche Stellen? Was läuft denn schon richtig gut?", diese Fragen hat die Lahrer Zeitung den Bürgermeisterkandidaten gestellt. Alle sind sich einig: Es müsse etwas getan werden. Sie gehen auf das Projekt Bürgerbus ein, wissen um den Handlungsbedarf hinsichtlich des Lkw-Verkehrs innerhalb der Ortschaften und sehen das Mobilitätsnetzwerk Ortenau als ersten Schritt in die richtige Richtung.

Alle weiteren Folgen der Bürgermeisterwahl-Serie finden sich auf der Homepage der Lahrer Zeitung unter www.lahrer-zeitung.de.

"Neuried ist eine Auspendlergemeinde und hat rund 3400 Auspendler, die jeden Morgen aus Neuried raus fahren und das vor allem mit dem privaten Pkw. Einer davon bin bisher übrigens ich. Unsere Ortsdurchfahrten sind sehr stark befahren und die Tempo 30 werden nur punktuell beachtet! Zwar wird an diesem Punkt mit dem sogenannten Verkehrslenkungskonzept bereits angesetzt, die Umsetzung ruht derzeit jedoch. Unser bisheriger ÖPNV verfehlt meiner Meinung nach jeglichen Anreiz. Das betrifft die Taktungen und Linienführungen, so dass nicht jeder Ort in Neuried von den umliegenden Zentren Kehl, Lahr und Offenburg gut erreicht werden kann. Schutterzell ist hier auch ganz klar abgeschnitten! Ich habe lange in Freiburg gewohnt. Wenn alle zehn Minuten eine Tram fährt und diese gut erreichbar ist, dann brauchen Sie kein Auto mehr! Auch sind Fahrplanvernetzungen zwischen verschiedenen Anbietern ist noch ein großes Problem, was vor allem Pendler zum Beispiel nach Freiburg betrifft.

Insgesamt sollte man Mobilität weniger vom jeweiligen Medium (Bus, Bahn, Tram) denken. Man muss gut von A nach B kommen und um das zu gewährleisten, muss man sich mehr am Kunden und seinen Bedürfnissen orientieren. Vereinfachungen bei den Tickets wären ebenfalls sinnvoll. Das Mobilitätsnetzwerk, bei dem zehn Kommunen bereits mitmachen, ist ein richtiger Schritt, aber da geht noch mehr! Es ist wichtig für solche Vorhaben auch weitere Kommunen mit ins Boot zu holen! Die viel zitierte Mobilitätswende fällt nicht einfach so vom Himmel. Man muss hier wirkliche Anreize schaffen!

Dass sich im Bereich Mobilität etwas verändern muss, sehe ich auch vor dem Hintergrund geboten, dass im modernen Städtebau das Auto immer mehr aus der Stadt verdrängt wird. Hier sehe ich eine zunehmende Diskrepanz zwischen dem städtischen und dem ländlichen Raum und darauf müssen wir reagieren! Zu guter Letzt muss man sich vor Augen führen, dass Verkehr und Mobilität wesentlich zum Klimawandel beitragen. Dass wir hier ansetzen, bedeutet langfristig nicht nur weniger Verkehr in unseren Ortsdurchfahrten, sondern auch ein Schritt näher an die angestrebte Klimaneutralität zu kommen. Darum würde ich auch gerne den bereits initiierten Bürgerbus schnell umsetzen wollen."

"Die Busverkehrswege Richtung Süden sind ein Schwachpunkt. Eigentlich müssten mehr Busse vom Drehkreuz Altenheim in Richtung Dundenheim und Ichenheim eingesetzt werden. Außen vor ist hier bisher Schutterzell – und das sollte sich dringend ändern. Für die Gemeinde Neuried ist das schon lange Thema. Leider hat sich da bisher nicht all zu viel geändert, was nicht heißt, dass man es nicht weiter versuchen soll. Die Gemeinde muss weiter mit den Betreibern in Kontakt bleiben, um eine Veränderung erzielen zu können.

Klar ist aber, schnellere Lösungen bieten andere Konzepte. Ein Projekt ist der Bürgerbus. Hier liegt bereits ein Konzept vor. Dieses sollte so schnell wie möglich umgesetzt werden. Gerade für ältere Menschen bringt dies eine enorme Erleichterung. Auch für Schul- und Kindergartenkinder soll der Bürgerbus eine Ergänzung zum Schulbus sein. Es gibt auch einige Gemeinden, in denen ein Bürgerbus schon erfolgreich läuft. Beispiele sind hier Willstätt oder Efringen-Kirchen. Die Erfahrungen dieser Gemeinden sollten wir nutzen.

Außerdem ist Neuried Mitglied des Mobilitätsnetzwerks Ortenau. Das ist für mich genau der richtige Weg. Hier arbeiten zehn umliegende Gemeinden zusammen. Und in so einer Zusammensetzung kann man in diesem Punkt auch wesentlich mehr erreichen als eine Gemeinde alleine. Elektromobilität mit vermehrten Lademöglichkeiten, Carsharing, Fahrradverleihsysteme, Job-Bike und eine Mobilitäts-App sind hier bereits Thema, beziehungsweise zum Teil schon am Laufen.

Zum Thema Sicherheit gibt es auf den Hauptstraßen ganz klar zu wenige Überquerungsmöglichkeiten für Fußgänger. Die recht langen Hauptstraßen in Schutterzell, Altenheim und Ichenheim sind durch ihre Kurven sehr unübersichtlich und stellen dadurch für die Fußgänger eine Gefahr dar. In Altenheim, Dundenheim und Ichenheim gibt es jeweils nur eine Überquerungsmöglichkeit, in Schutterzell gar keine. Gerade für Kinder und Senioren ist das sehr gefährlich. Um hier eine Verbesserung zu schaffen, ist die Gemeinde auch auf das Landratsamt angewiesen. Man sollte aber nicht erst handeln, wenn etwas passiert ist und schnell mit den Verantwortlichen das Gespräch suchen."

"Der ÖPNV ist ein Thema, mit dem ich auf meiner Kennenlern-Tour immer wieder konfrontiert wurde. Tagsüber fahren die Busse zu selten, abends fast gar nicht und in Schutterzell ist man ohne eigenes Auto oder Fahrrad ziemlich aufgeschmissen.

Um diese Situation zu verbessern, setze ich auf eine intelligente Mischung. Ein Bürgermeister kann nicht einfach neue Busse hinstellen oder es der SWEG vorschreiben. Innerhalb der Gemeinde hat er allerdings Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten, die ich nutzen werde.

Der Bürgerbus ist beschlossene Sache. Ihn gilt es nun umzusetzen. Mir ist wichtig, dabei an alle Generationen zu denken. Deshalb wird der Bürgerbus mit mir als Bürgermeister barrierefrei sein. Denn was hilft ein Bürgerbus, wenn die, die ihn benötigen, Schwierigkeiten beim Ein- und Ausstieg haben?

Neben dem Bürgerbus werde ich ein Ruf-Taxi, Mitfahrerbänkle, Mobilitätsstationen und eine Mobilitäts-App einführen. Es gibt nicht das eine Heilmittel. Die Verbesserung des ÖPNV in Neuried ist eine komplexe Herausforderung die mehr als einen Lösungsansatz benötigt.

Zum Thema Verkehr gehört auch die Belastung durch Lkw-Verkehr in den Ortschaften. Ein erster Schritt ist die Umsetzung der Nordtangente in Ichenheim, die ich in den nächsten fünf Jahren fertigstellen werde. Derzeit erfährt die Rheinstraße eine enorme Belastung, wovon 28 Prozent Lkws sind. Bereits jetzt stehen im Haushalt eine Million Euro für den Grunderwerb zur Verfügung. Es gilt, hier loszulegen.

Aber auch die Autofahrer spielen eine wichtige Rolle. Immer wieder wurde mir von Rasern berichtet, und während ich meine Drucksachen verteilt habe, habe ich es selbst gemerkt. Dem Thema werde ich mich widmen. Es kann nicht sein, dass Eltern Angst um ihre Kinder haben müssen, wenn diese aus dem Hof laufen. Generell ist an manchen Stellen die Situation für Fußgänger nicht befriedigend gelöst. Fehlende Gehwege und Überquerungsmöglichkeiten an den Hauptverkehrsstraßen werde ich, wo nötig und möglich, nachbessern. Als Gemeinschaft müssen wir an die Schwächsten denken, um so eine Situation zu schaffen, in der wir uns alle wohlfühlen und jeder nicht nur auf sich, sondern auch auf die anderen achtet."

"Der Verkehr muss weniger werden. Dazu brauchen wir intelligente Konzepte, wie Carsharing und Mitfahrgelegenheiten, Bürgerbus und ein auf die Bedürfnisse ergänzter ÖPNV. In Letzterem liegt auch das größte Entwicklungspotenzial für Neuried. Mit dem eigenen Auto wird auf dem Land auch immer Eigenständigkeit und Freiheit verbunden. Umso wichtiger ist es, gut durchdachte Lösungen mit den Bürgern zu entwickeln. Nur so erhält man Akzeptanz.

Als eine der wichtigsten Aufgaben sehe ich die Umsetzung des Lkw-Lenkungskonzeptes, das seit einiger Zeit beim Kreis liegt und nicht weiter vorangetrieben wird. Auch der Bau von Ampelanlagen oder Querungshilfen entlang der Durchgangsstraße L 75 durch die Ortschaften Altenheim, Dundenheim und Ichenheim, bis hin zu einer Vereinheitlichung der Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts auf 30 Stundenkilometer auf allen Straßen in den Dörfern sollte angegangen werden. Und: Wir brauchen Maßnahmen, um unsere Kinder fit für den Verkehr zu machen. Verkehrsberuhigung ist gut. Aber Kinder kommen auch zu Schaden, wenn sie mit einem Auto bei Tempo 30 kollidieren! Ebenso sollte man zum Beispiel bei fehlender Fußgängerinfrastruktur überdenken, ob durch intelligente Einbahnstraßenlösungen oder Verkehrsberuhigung die Sicherheit für Kinder, Fußgänger und Fahrradverkehr erhöht werden kann.

Letzen Endes muss Verkehr auch unter dem Aspekt des Umweltschutzes neu gedacht werden. Durch die Verbesserung in der Radweginfrastruktur innerhalb der Gemeinde sowie auch gemeindeübergreifend liegt großes Potenzial. Bei der Stadtradeln-Aktion wurden in Neuried in drei Wochen rund 52 000 Kilometer zusammengeradelt. Das zeigt, dass der Umstieg aufs Rad möglich ist.

Auch der Umstieg auf alternative Antriebsarten beim privat genutzten Pkw steht an. Um die E-Mobilität weiter zu unterstützen, könnte die Gemeinde einen Teil ihrer Einnahmen aus der Konzessionsabgabe des E-Werk-Mittelbaden dafür verwenden, den Bau privater Ladestationen zu fördern. Grundsätzlich halte ich den Beitritt zum Mobilitätsnetzwerk für richtig. Mobilität in all ihren neuen Formen muss zwingend über die Gemeindegrenzen hinaus zusammen mit Partnern gedacht werden. Der Erfolg dieses Netzwerkes steht und fällt mit der Umsetzung von Maßnahmen vor Ort in den einzelnen Gemeinden."