Zwar gab es diesmal keinen Festredner, dennoch lauschten die Zuschauer gebannt den Reden beim Neujahrsempfang. Foto: Schwarz

Austausch und Geselligkeit standen im Mittelpunkt des Neujahrsempfangs des Landkreises und der Kreissparkasse. Auf den Festredner hatte man deshalb verzichtet.

Freudenstadt - Knapp 300 geladene Gäste – darunter neben Kunden auch Vertreter unterschiedlicher Institutionen und der Politik – waren der Einladung zum Neujahrsempfang gefolgt und erlebten auch ohne Festrede einen vergnüglichen Abend bei leckeren "Schmaus"-Häppchen, einer vorzüglichen Getränkeauswahl und jeder Menge Kommunikation. Nach den Lockdowns der Vergangenheit hatten sich die Gastgeber bewusst für dieses Konzept entschieden. Den Gästen gefiel’s, nicht wenige blieben aufgrund der netten Unterhaltungen an den Stehtischen deshalb auch deutlich länger als gedacht.

Gestartet wurde dennoch mit einem kürzeren offiziellen Teil im Foyer der Sparkasse, bei dem Landrat Klaus Michael Rückert trotz – oder gerade wegen – der aktuellen Krise Optimismus verbreitete, aber auch Unmut äußerte. Über die "ergebnisoffene Manöverkritik der Politik" in Sachen Corona-Maßnahmen, auf die er bis heute vergeblich warte, zum Beispiel. Nie wieder, so Rückerts tiefe Überzeugung, dürfe man Schulen, Kindergärten und Hochschulen schließen. Die dadurch geschädigten Jugendlichen gehörten noch viel stärker unterstützt, weshalb man im Landkreis nun auch eine Offensive gestartet habe, um "das wieder aufzubauen, was kaputtgegangen ist".

Neun Hilfstransporte

Vor diesem Hintergrund hatten die beiden Gastgeber spontan entschieden, der Kinder- und Jugendwerkstatt Eigen-Sinn eine Spende von 3000 Euro zu übergeben. Rückert dankte zudem den Spendern von insgesamt 530.000 Euro, die bereits auf dem Sonderkonto des Landkreises für Hilfstransporte in den polnischen Partnerlandkreis, nahe der ukrainischen Grenze, gelandet sind. Neun Hilfstransporte mit sieben 40-Tonnern und Feuerwehrtransportfahrzeugen wurden damit finanziert. Zudem habe es unzählige Sachspenden aus der Bevölkerung und den Kommunen gegeben.

"Wir leben in gesellschaftlich und politisch herausfordernden Zeiten", bilanzierte Rückert. Bei der Bevölkerung verbreite sich ein Vertrauensverlust in Politik und Institutionen. Dass die Politik in Krisenzeiten Ängste geschürt habe und Medien dies auch noch unterstützt hätten, sei nicht gerade hilfreich gewesen. "Deshalb brauchen wir jetzt Mut und Optimismus zum Aufbruch in das neue Jahr 2023."

Neues Krankenhaus wird am 24. März eröffnet

Der Bevölkerung im Landkreis gehe es trotz der Belastungen aufgrund der sozialen Sicherungssysteme und der Unterstützungsleistungen des Staats noch gut. Die wirtschaftliche Lage entspanne sich.

Wasser in den Wein goss Rückert beim Thema Krankenhaus. Einen Verlust von zehn Millionen Euro im operativen Geschäft könne sich der Landkreis dauerhaft nicht leisten, weshalb man sowohl vom Land als auch vom Bund noch viel mehr Unterstützung brauche. Die angekündigten Reformen reichten nicht. Positiv erwähnte Rückert in diesem Kontext das neue Krankenhaus, das am 24. März mit einem Festakt eröffnet wird. Nach dem Tag der offenen Tür am 1. April werde dann auch umgezogen. Die neue integrierte Leitstelle im Sulzhau stehe ebenfalls kurz vor der Fertigstellung.

Landkreis feiert runden Geburtstag im Oktober

Beim ÖPNV habe der Landkreis mit der Mobilitätsgarantie – derzeit noch in der Pilotphase – einen Quantensprung gemacht. Sogar aus Städten wie Amsterdam und Barcelona habe man Einladungen bekommen, um dieses Konzept vorzustellen. Im Zuge des Nachhaltigkeitsprojekts plane man 2023 zwei Bürgerforen und einen kreisweiten Politiktag. Auch ein neues Jubiläumslogo zum 50. Geburtstag des Landkreises, den man am 7. und 8. Oktober feiere, habe man entwickelt. Ein Sprachatlas über die verschiedenen Dialekte und eine Broschüre über die schönsten Landkreisorte sei in Vorbereitung. All dies mache Mut.

Abschließend forderte Rückert die Zuhörer dazu auf, sich des Werts der Demokratie, der Verfassung und des Staats noch deutlich bewusster zu werden und Farbe zu bekennen gegenüber denjenigen, die diesen Staat in Frage stellten. Politik müsse mehr erklären und Bürokratie abbauen, weil die lähme, sagte er unter dem Applaus der Gäste. Ferner brauche es selbstbewusste Parlamente und eine starke "vierte Gewalt", die auch abweichende Meinungen zu Wort kommen lasse. Nur so könne sich die Bevölkerung ein eigenes Bild über schwierige Sachverhalte verschaffen. "Tragen wir mit als Mutmacher und Botschafter für Demokratie und Rechtsstaat zu einer guten Zukunft bei", lautete Rückerts Appell zum Schluss.

Loser: Krisen bedeuten auch Chancen

Der Kreissparkassen-Vorstandsvorsitzende Werner Loser stellte klar, dass Krisen zumindest aus Sicht der Sparkasse immer auch Chancen bedeuteten. In Krisenzeiten könne die Sparkasse ihre Leistungsfähigkeit besonders gut unter Beweis stellen.

Das Erfordernis der zunehmenden Digitalisierung während der Krise habe auch die Attraktivität der Kreissparkasse als Arbeitgeber – der Vorstandsvorsitzende nannte als Stichworte das Homeoffice und Videokonferenzen – erhöht, weil man dies dauerhaft so beibehalten wolle.

Transformation gelingt nur mit Kreditinstituten

Loser erwähnte die Folgen des Kriegs in der Ukraine und die Lehren, die daraus zu ziehen seien. Kurzfristig gesehen machten die LNG-Terminals Sinn, langfristig müsse man die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern deutlich reduzieren und regenerative Energien ausbauen. Dies nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes, sondern auch aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherung des Wohlstands, weil Energiepreise dauerhaft hoch blieben.

Ohne Beteiligung der Sparkassen und Volksbanken – etwa durch Finanzierung der langfristig wettbewerbsfähigen Energieinfrastruktur – gelinge die Transformation in ihrer notwendigen Breite nicht. Beteiligungen der Bevölkerung an der Windenergie seien eine derzeit diskutierte Option. Viele der anstehenden Aufgaben würden über Kredite der Sparkassen und Banken finanziert.

Die Geschwindigkeit und Wucht der Zinsentwicklung stelle die Sparkasse vor Herausforderungen, die man schultern werde. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur Bewältigung der Herausforderungen sei vorhanden. Loser geht davon aus, dass die Zinsen nicht in der derzeitigen Geschwindigkeit weiter steigen.

Maßnahmen zum Schutz der Automaten

Um die Rezession komme das Land vermutlich herum, die wirtschaftliche Situation entwickle sich besser als befürchtet. Zinsen auf Tagesgeldkonten könne man nach Abarbeitung der betriebswirtschaftlichen Belastungen in naher Zukunft auch wieder bezahlen.

Dem Problem der Geldautomatensprengung werde man möglicherweise durch temporäre Schließung der Zugänge nachts oder durch den Einsatz von Farbbomben begegnen.

Loser erwartet 2023 ein sehr herausforderndes und anspruchsvolles Geschäftsjahr mit verhaltenem Wachstum im Kreditbereich. Auch weiterhin werde die Kreissparkasse Freudenstadt das Gemeinwohl in den Bereichen Bildung, Sport, Soziales und Kultur mit Spenden unterstützen, kündigte er an. Aktuell habe sein Institut den Spitzenplatz als beste Bank im Bereich der Baufinanzierung und Immobilienvermittlung eingenommen. Dies zu verteidigen, sei erklärtes Ziel im Haus.

Für die schöne musikalische Umrahmung sorgten Annalena Wegenast, Diana Yufa und Kaan Yalmaz von der Musik- und Kunstschule.