Birgit Köpfer (von links), Maria Lucia, Lena Garcia und Andrea Wardtmann genießen den Festivalwahnsinn bei strahlendem Sonnenschein. Foto: Cools

Freundinnen aus Villingendorf und Schramberg mittendrin. Keine Sicherheitsbedenken.

Neuhausen ob Eck - Männer mit Krönchen und Tutus, selbst gebastelte Sonnenhüte aus Bierkartons, 60.000 Menschen, die sich von einer Bühne zur anderen schieben. Mittendrin die 20-jährige Lena Garcia aus Villingendorf mit ihren Freundinnen Andrea Wardtmann, Birgit Köpfer und Maria Lucia, alle 29 und aus Schramberg. Während Lena bereits zum vierten Mal zum Southside nach Neuhausen ob Eck gepilgert ist, sind die Schramberger zum ersten Mal mit von der Partie.

Da sind so einige neue Eindrücke, die auf die jungen Frauen einströmen – sei es die gigantische Masse an Leuten, die hohe Künstlerdichte oder die ausgefallenen Outfits mancher Festivalbesucher. Sogar kuschlige Eisbärkostüme sind bei einer Außentemperatur von gut 30 Grad zu entdecken. Da zählen sich die Frauen eher zu den gemäßigten Festivalbesuchern.

Nach der schweißtreibenden Ankunft am Donnerstagabend mit gefühlt ewiger Warterei beim Bändelholen und erster Orientierung auf dem rund 800.000 Quadratmeter großen Gelände war endlich eine Erfrischung im zelteigenen Mini-Pool angesagt. Die Folgen des Sonnenbads ließen aber nicht lang auf sich warten: So wie zahlreiche Festivalbesucher, die es mit dem Sonnenschutz nicht ganz so genau genommen hatten, durfte sich auch Maria bereits an Tag eins über eine rötliche Hautfärbung "freuen". "Ich bin froh, dass die Mädels mich wenigstens dazu überredet haben, eine Mütze mitzunehmen, auch wenn ich anfangs skeptisch war", meint Maria mit Blick zum Himmel. Während die Schramberger Frauen unberührt von den Ereignissen im vergangenen Jahr zum Southside kamen, hat Lena das damalige Unwetter hautnah miterlebt. Als es so richtig losging, stand sie mitten im Hagel. "Meine Beine waren übersät von blauen Flecken", erinnert sie sich. Bis sie sich orientiert hatte und beim rettenden Bus angekommen war, sei sie schon kurz in Panik geraten, gibt die sonst ziemlich coole 20-Jährige zu. Sie hatte aber noch einigermaßen Glück. "Das Zelt war noch brauchbar. Alles andere, was nass war, haben wir dort gelassen", erzählt sie. Auch dank des Rabatts des Veranstalter für Besucher des vergangenen Jahres gab es für sie kein Zaudern, als es darum ging, das Festival erneut zu buchen. "Es ist einfach ein wahnsinnig starkes Festival mit gutem Line-Up. Casper und Greenday sind grandios", freut sie sich auf die Headliner. Schade sei allerdings, dass viele Bands, die sie sehen wolle, parallel auf verschiedenen Bühnen spielten, beispielsweise "SDP" und "Die Orsons".

Angst vor einem Terroranschlag hat sie nach eigenem Bekunden keine, auch wenn die Ereignisse von "Rock am Ring" sie nachdenklich gemacht haben. "Jetzt, wo ich hier bin, fühle ich mich sicher", sagt sie mit fester Stimme. Auch andere Besucher zeigen sich größtenteils furchtlos. Amelie Haas, 22, aus Dunningen ist mit ihrem Freund Benny auf dem Southside. Sie ist froh, dass es in diesem Jahr strenge Taschenkontrollen gibt. "Damit fühle ich mich einfach sicherer und habe somit auch keine Angst vor einem Terroranschlag", sagt sie. Für Bennys Geschmack könnte die Security allerdings noch etwas gründlicher vorgehen. Er ist zum ersten Mal auf dem Festival. Der erste Eindruck: Schock. "Ich habe gehört, dass nachts manche ans Zelt pinkeln oder betrunkene Fremde einfach hineinstolpern. Das muss ich nicht haben", meint er. Daher übernachten Amelie und er bei Bekannten in der Nähe. Benny ist vom Line-Up nicht ganz so überzeugt wie Lena. Das Highfield-Festival, das ebenso wie das Southside von FKP Scorpio veranstaltet wird, schätzt er mit Künstlern wie Billy Talent, The Offspring, Die Toten Hosen und Placebo um einiges stärker ein.

Amelie, die im Vorjahr mal eine Festival-Pause eingelegt hatte, hat im Vorfeld regelmäßig die Wetter-Apps gecheckt, um nicht überrascht zu werden. Sie freut sich vor allem auf Linkin Park, Green Day, Blink-182 und Kontra K. Erste Station für die Schramberger und Lena ist derweil der Auftritt der 257er auf der Blue Stage. Erste Reihe, Crowdsurfing oder Moshpit sind für die Frauen aber nichts. "Das muss ich nicht haben. Lieber steh’ ich hier ein bisschen entspannter und kann die Musik mehr genießen", sagt Birgit. Beim "Holz" der 257er, das die Band von den Fans angepriesen sehen will, singen die Frauen dann lauthals mit, jedoch nicht, ohne sich das ein oder andere Lachen zu verkneifen. Die Seriosität haben sie am Festivaleingang abgegeben, jetzt gilt es nur noch, Spaß zu haben und sich nicht darum zu scheren, was die anderen von einem denken.

Höhepunkt ist für die Frauen Green Day. Dazu passend haben sie sich auch gleich zu Beginn mal ein T-Shirt vom Merchandise-Stand gegönnt. "Das muss einfach sein, auch wenn man dauernd darauf angesprochen wird", meint Andrea.

Sie sind extra früh zur Bühne gepilgert, um sich einen guten Platz zu sichern. Bald schon stehen sie in engem Kontakt mit anderen. Wer jetzt auf die Toilette muss, hat einen minutenlangen beschwerlichen Fußweg durch die Menschenmasse und einige Bierduschen in Kauf zu nehmen. Doch das stört die jungen Frauen nicht – irgendwie gehört es ja zu dem ganzen Feeling dazu.

Als die ersten Takte von "Know your enemy" ertönen, sind sie ohnehin ganz woanders, springen, singen und rasten aus. Und wenn sie nach dem gigantischen Wochenende dann die Rückreise antreten, wissen sie eins genau: Mit 60.000 Menschen zu schwitzen, zu singen und gute Musik zu feiern ist eine Erfahrung, die man so schnell nicht mehr vergisst – und das ganz ohne verrücktes Outfit oder Eskapaden.

Weitere Bilder und Videos vom Southside gibt es auf www.schwabo.de/southside