Foto: Frank Engelhardt

Ein Wochenende voller Emotionen geht zu Ende. Impressionen rund ums Festival. Mit Video

Neuhausen ob Eck - Vier Tage voller Musik, Emotionen und genialer Auftritte. 93 Bands standen auf den vier Bühnen des Southside Festivals und sorgten für Unterhaltung.

Glitzerstaub auf den Gesichtern und Pogo im Matsch – diesmal spielte sich beim Southside-Festival alles zwischen Poncho, Party, Platzregen und Pavillon ab.

Wild war nicht nur, was auf den Bühnen passierte. Vor allem am Samstag verwandelte Starkregen den Take-off-Gewerbepark bei Neuhausen ob Eck in eine Schlammwüste. Dabei hatte der Veranstalter FKP Skorpio in diesem Jahr noch stärker auf den Zauber des Open-Air-Konzerts gesetzt: Die Red Stage war nicht mehr im Zelt, sondern unter freiem Himmel. "Angesichts der vielen Zuschauer lagen wir damit goldrichtig",meinte Festivalleiter Benjamin Hetzer. Den Festivalfans, rund 60 000 waren es pro Tag, machte das Wetter nichts aus: Sie hatten für die 21. Auflage des Southsides sowohl Hotpants als auch Ponchos und Gummistiefel im Gepäck oder deckten sich beim Festivalsupermarkt damit ein.

Das ganz große Unwetter mit Weltuntergangsstimmung à la 2016 blieb aber aus, und am Sonntag brutzelte die Sonne sogar ordentlich herunter. Dafür krachte es auf der Bühne so richtig, vor allem mit den "Foo Fighters" am Freitag. Frontmann Dave Grohl holte alles aus sich und seiner Stimme heraus und lieferte eine legendäre Show ab, die stimmungsmäßig mit kaum etwas zu vergleichen war bei diesem Festival. Für einen Schockmoment bei den Zuschauern sorgte ein junger Mann, der sich in Lebensgefahr begab, weil er während des Auftritts auf eine etwa 20 Meter hohe Traverse kletterte und dort zu "Best of you" tanzte. Für einen Freitags-Höhepunkt sorgte der Auftritt von "Royal Republic", die 2016 schon einmal gebucht waren, aber aufgrund des Unwetters nicht zum Zug gekommen waren. Mit ihren royal-roten Sakkos und dem Song "Full Steam Spacemachine" ließen sie niemanden still stehen. Kreisch-Alarm war bei Rapper "Bausa" angesagt. "Wolfmother", "The Streets", "Faber", "Grossstadtgeflüster" und "Ok Kid" komplettierten das Freitags-Line-Up, ehe der Abend mit "The Cure" träumerisch zu Ende ging.

Der Festival-Samstag war ebenso vielseitig. Während Rap- und Hip-Hop-Fans zu "UFO 361", "Teesy" und "Trettmann" tanzten, pogten zahlreiche Fans zwei Bühnen weiter zum Song "Last Resort" von "Papa Roach". Die US-Amerikaner lieferten eine starke Performance ab und rissen die Zuhörer so mit, dass einer vor lauter Freude sogar sein Portemonnaie auf die Bühne warf.

Ähnlich überschäumend waren die Emotionen bei der britischen Post-Hardcore-Band "Enter Shikari". Zumindest war Frontmann Rou Reynolds so aufgekratzt, dass er sogar versehentlich ein Glas zertrümmerte. Ob Genie oder Wahnsinn – vor seinen Tanz-Moves und seiner Energie musste man den Hut ziehen. Eine Spur härter wurde das Programm mit "Parkway Drive", die ihre Verzweiflung und Wut etwa bei "Romance is Dead" in den Abendhimmel schrien. Bis vor das Zelt standen die Fans derweil an, um die Elektropop-Sängerin "Alma" zu sehen. Und "Lauvs" "I Like Me Better When I’m With You" stimmten die Fans ohne Diskussion zu. "Alice Merton", "Tame Impala", "Betontod" und "Leoniden" komplettierten das abwechslungsreiche Programm. "Bosse" sang von der "schönsten Zeit". Und spätestens zu den "Toten Hosen" trieb es auch den Letzten, der seine Zeit lieber mit Grillen, Chillen und Bier beim Campingplatz verbracht hatte, aus dem Zelt. Mit Campino, der seinen 57. Geburtstag auf der Southside-Bühne feierte, ließen sie bei den Fans das "Alte Fieber" wieder aufflammen und mehr als 30 Jahre Musik Revue passieren. Auch das "Mädchen von Rottweil" durfte bei der Show der Kult-Punkrocker im Süden natürlich nicht fehlen. Bei den alten Hits wie "Hier kommt Alex" und "Alles aus Liebe", spätestens aber bei der Hymne "Tage wie diese" sangen die Zuschauer lauthals mit. Einen Hauch "Coachella" gab es zu später Stunde mit "Tame Impala".

Nicht weniger unterhaltsam gestaltete sich der Festival-Sonntag. "Hey du, sag mal, gehst du heim, ganz allein?" fragten die Jungs von "Schmutzki" die Menge, ehe "Die Orsons" ordentlich "Schwung in die Kiste" und die Festivalbesucher zum Tanzen und Springen brachten. Das verrückte Programm ging mit den Energiebündeln von den "257ers" und ihrer gewaltigen Bühnenshow weiter. Ihre Hymnen "Holland" und "Holz" wurden von den Fans mitgegrölt. Zur Belohnung gab’s nicht nur Schaum als Abkühlung, sondern auch eine Bierdusche. Spätestens beim 90er-Jahre-Medley konnten wirklich alle Festivalfans die Energie spüren. Doch es durfte sich niemand verausgaben. Schließlich wartete noch US-Rapper "Macklemore", bei dem die Party mit Songs wie "Thrift Shop", "Can’t hold us" und "And we danced" programmiert war. Träumerisch, nachdenklich und melancholisch wurde es mit "Annenmaykantereit" und ihrer "Pocahontas", ehe das Festival für die einen mit Headliner "Mumford & Sons" ruhig und melodisch ausklang und die anderen zu "Steve Aoki" ein letztes Mal alles aus sich herausholten und tanzten, was das Zeug hielt.

Abseits der Bühne hatten rund 7500 Personen für Verpflegung und Ordnung auf dem 89 000 Quadratmeter großen Veranstaltungsgelände gesorgt. Die Polizei freute sich über ein ruhiges Festival. Lediglich 159 polizeiliche Ereignisse habe es gegeben, davon 128 Straftaten, meinte der Rottweiler Revierleiter und Southside-Einsatzleiter Markus Haug von der Polizei. Bei den Taten ging es vor allem um Unbefugte,die sich Zutritt zum Gelände verschaffen wollten, sowie Diebstähle und Körperverletzungen. Die Zahl liege aber im Durchschnitt, so Haug. Gewalt gegen Polizisten, die ja immer mehr Thema werde, habe es glücklicherweise gar keine gegeben. "So macht die Arbeit Spaß", sagte er. Die Johanniter waren mit 450 Kräften vor Ort und mussten 915 Mal Hilfe leisten. In 140 Fällen wurde eine weitere Behandlung im Krankenhaus nötig. Damit liege man nur geringfügig höher als im Jahr zuvor, so Daniel Ganther von den Johannitern.

Den Eindruck eines friedlichen Festivals bekam man auch vor den Bühnen. High fives und Hilfe für die, die es beim Pogo umgeworfen hatte, zeugten von guter Stimmung. So dass sich am Sonntagabend bei der Abreise alle an die Toten Hosen hielten und sich nur eine Frage stellten: "Wannsee, Wannsee, wann seh’n wir uns endlich wieder?". Und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: vom 19. bis 21. Juni 2020 mit "Seeed" in Neuhausen ob Eck.

Alle Bilder, Berichte und Videos gibt es auf unserer Themenseite zum Southside-Festival.