Deckel drauf: Raphael Kemmer schließt die Kapsel für den Grundstein, die Geschäftsführer Peter H. Kemmer hält. Foto: Kistner

In der Ebinger Schillerstraße ist gestern der Grundstein zum neuen Seniorenzentrum neben dem Schillerpark gelegt worden – symbolisch wohlgemerkt, denn gebaut wird schon seit Monaten.

Albstadt-Ebingen - Zweimal, im Oktober und im Januar, hatten Peter und Raphael Kemmer, Geschäftsführer respektive Projektentwickler der Stuttgarter KIAG Grundbesitz GmbH, und ihr Architekt Ralph Burghardt den Grundstein fürs neue Pflegeheim und ein Haus für betreutes Wohnen, legen wollen – beide Male machten ihnen Regen, Schnee und Schlamm einen Strich durch die Rechnung. Und so beschlossen sie, die Grundsteinlegung in eine freundlichere Jahreszeit zu verlegen und wählten den 13. Mai, einen Freitag, als Termin dafür aus. Pech muss man haben: Am 12. war das Wetter noch schön – am 13. goss es aus Kübeln.

 

Wo einst "Ebingun" lag

Aber so etwas kann die Kemmers nicht beeindrucken; dafür haben sie im Zusammenhang mit diesem Projekt schon zuviel erlebt. Bereits 2017, erinnerte sich Raphael Kemmer in seiner Festansprache, war der Bauantrag gestellt worden; im folgenden Herbst eröffnete Baubürgermeister Udo Hollauer den Antragstellern, dass es ein kleines Problem gab: Der Baugrund östlich des Schillerparks war eine sogenannte "Verdachtsfläche"; Sondierungen hatten ergeben, dass sich unter der Erde Überreste des frühmittelalterlichen "Ebingun" befanden. Der Verdacht bestätigte sich; im Juni 2016 nahm die Firma ArchaeoBW im Auftrag des Landesamts für Denkmalpflege die Notgrabung in Angriff.

Glücksfall für Archäologen

Wie Grabungsleiter Max Hermann im Anschluss an Kemmers Rede berichtete, kamen dabei 250 Fundstücke zu Tage, die aus dem 8. bis 12. Jahrhundert stammten. Es wurden 120 Pfostengruben und die Spuren von neun Grubenhäusern freigelegt, Holzverschlägen, in den möglicherweise Handwerker tätig waren – Spinnwirtel im Boden legten die Annahme nahe, dass schon das frühmittelalterliche Ebingen eine Heimstatt der Textilindustrie war. Außerdem wurde ein fast zwei Meter tiefer, von Palisadenspuren flankierter Graben entdeckt, der parallel zur Schillerstraße verlief – ob unter deren Asphalt etwa die Überreste der Methalle von Graf Berthold ruhen, dessen Existenz urkundlich verbürgt ist, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. So oder so, der Ertrag der Grabung war laut Hermann beträchtlich; für den Archäologen, erklärte er, sei es ein Glücksfall, inmitten einer städtischen Umgebung auf einer so geschichtsträchtigen und noch nicht überbauten Fläche arbeiten zu dürfen.

Pflegeinfrastruktur wird aufgewertet

Noch nicht überbaut – das ist jetzt Vergangenheit: In der Schillerstraße entsteht seit dem Herbst 2021 ein sechsgeschossiges Pflegezentrum mit 45 stationären Pflegeplätzen, sieben Stiftswohnungen, Tagespflege und ambulanten Diensten, im zweiten Haus an der Raidenstraße 16 barrierefreie betreute Wohnungen – Baubürgermeister Udo Hollauer machte kein Hehl aus seiner Freude über die Aufwertung der Albstädter Pflegeinfrastruktur. Die gesamte Wohn- und Nutzfläche misst rund 5000 Quadratmeter, die Kubatur etwa 18 500 Kubikmeter; die Zahl der künftigen Bewohner beträgt rund 75, die der neuen Arbeitsplätze etwa 50 und die Kosten zirka 16,5 Millionen Euro.

Wie aber legt man den Grundstein für ein Haus, dessen Richtfest nicht mehr allzu fern ist? Peter und Raphael Kemmer disponieren einfach um: Die kupferne Kapsel, die sie am Ende der Feier mit einem Grußwort des Oberbürgermeisters, einer Namensliste des Gemeinderats und einer aktuellen Zeitungsausgabe befüllten, wird nicht einbetoniert, sondern kommt im neuen Haus hinter Glas. Zusammen mit Originalkeramik aus dem alten "Ebingun".