Ins Gebäude Markplatz 11 (Mitte) könnte ein edles Bistro einziehen. Foto: Klormann

Was passiert mit dem Erdgeschoss des ältesten Hauses in Calw, direkt am Rathaus? Darüber wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert. Nun scheint es auf ein edles Bistro hinauszulaufen. Das Konzept wirkt vielversprechend. Billig wird das für die Stadt aber nicht.

Calw - Seit vielen Jahren herrscht in den ebenerdigen Räumen des Gebäudes mit der Hausnummer Marktplatz 11 in Calw tote Hose. Doch wie kann ins älteste noch bestehende Haus der Stadt, das aus dem 16. Jahrhundert stammt, wieder Leben einkehren? Diese Frage steht schon länger im Raum. Nun scheint ein Konzept gefunden, das nicht zuletzt den Gemeinderat überzeugte. Wie groß die Chancen sind, dass es klappt, ist jedoch ungewiss.

Die Vorgeschichte

Gastlich wirkt das Erdgeschoss im Gebäude Marktplatz 11 nicht, die Räume befinden sich im Rohzustand. Durchaus beabsichtigt. Denn als das Calwer Rathaus zwischen 2007 und 2019 aufwendig saniert wurde, hatte der Gemeinderat 2013 beschlossen, diesen Teil des Hauses aus Kostengründen nicht auszubauen und später darüber zu beraten, wie und von wem die Räume eines Tages genutzt werden können.

Seitdem ist viel Zeit vergangen, beraten wurde intensiv. Schnell stand fest, dass der Ausbau hohe Summen verschlingen würde – zumal die Flächen nicht für jede Nutzung geeignet seien.

Im Februar vergangenen Jahres beschloss der Bau- und Umweltausschuss daher, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, um vier Möglichkeiten zu prüfen: Vollgastronomie, eingeschränkte Gastronomie, Büros oder Laden. Im November 2021, als die Ergebnisse präsentiert wurden, war sich der Gemeinderat recht schnell weitgehend einig. Obgleich die geschätzten Umbaukosten für eine Gastronomie am höchsten ausfielen, sahen die Räte darin auch den größten Nutzen; immerhin gelte es auch, den Marktplatz zu beleben. Die Verwaltung verfolgte das Vorhaben weiter – und beauftragte über Kontakte zur Dehoga den unabhängigen Berater Uli Riedel. Der wiederum analysierte die Situation, entwickelte ein Konzept und stellte dieses jüngst vor.

Das Konzept

Gleich zu Beginn hielt Riedel fest, dass mit Ratsstube, La Caletta, Le Petit Bistro und Café Goldmund bereits jetzt vier Gastronomie-Betriebe am Marktplatz angesiedelt sind. Komme ein weiterer hinzu, müsse dieser sich abheben beziehungsweise eine Nische finden, um angenommen zu werden. "Damit haben Sie mir nicht die einfachste Aufgabe gestellt", meinte Riedel – zumal die Bedingungen alles andere als einfach seien: Stufen außen und innen, ein Gastraum auf mehreren Ebenen, wenig Lagerflächen, keine Parkplätze vor der Tür.

Dennoch zeigte Riedel sich zuversichtlich, dass hier ein gastronomischer Ganztagesbetrieb seinen Platz finden könne. Sein Vorschlag: Ein Bistro unter dem Motto "Gerbersau – Calw und Herrmann Hesse in Hülle und Fülle". Ein Treffpunkt, in dem die Gäste in Gerbersau sitzen und bewusst oder unbewusst in Hesses Leben und Werk eintauchen können. Alles solle an den Nobelpreisträger angelehnt sein, ohne zum Museum zu werden. Modern, mit einem Augenzwinkern, beispielsweise durch passende Zitate oder die Porträts von Andy Warhol.

Da angesichts der Räume eine komplette Zubereitung von Gerichten schwierig werde, schlug Riedel vor, sich auf hochwertige Ankerprodukte zu konzentrieren, die küchenfertig angeliefert und vor Ort fertig zubereitet werden. Das Prinzip: wenige Grundprodukte, größtmögliche kulinarische Vielfalt, ganztägig angeboten. Als Speisen, für die das Lokal bekannt werden könnte, schwebten Riedel Strudel vor, herzhaft oder süß, mit Fisch, Fleisch, Gemüse oder Obst. Weitere Kernprodukte könnten Maultaschen, Salate, Eis und "Calwer Schüsseln" sein (angelehnt an die seit einiger Zeit im Trend liegenden "Bowl" (engl. für Schüssel)-Gerichte). Auch hier solle jeweils ein Bezug zu Hesses Leben hergestellt werden.

Damit all das überhaupt möglich werden kann, rät Riedel, das Gebäude auf Kosten der Stadt auf Vordermann zu bringen. Ein Investor würde das angesichts der hohen Summen kaum stemmen wollen oder auch nur können.

Und nun?

Der Gemeinderat zeigte sich insgesamt angetan von Riedels Vorschlägen. Eine gewisse Skepsis blieb jedoch. "Sind Sie überzeugt, dass das auch was werden kann?", fragte beispielsweise Dieter Kömpf (Freie Wähler). Der Berater reagierte offen: "Es gibt keine Garantien, es gibt kein Netz und keinen doppelten Boden", räumte er ein. Wenn sich jedoch jemand finde, der sich mit Leidenschaft und Begeisterung einbringe, dann werde es ein Erfolg. "Ja, daran glaube ich", bekräftigte Riedel. Irmhild Mannsfeld (Neue Liste Calw) schätzte es ähnlich ein. "Ich habe selten so ein durchdrungenes Konzept gesehen", lobte sie. Aber "wenn wir jetzt schon wieder viele Bedenken haben", warnte sie, "kann man alles wieder zunichte machen".

Sowohl die Frage, ob sich das angedachte Bistro wirtschaftlich betreiben lasse, als auch die teils unsichere Finanzierungssituation bereitete dennoch Sorge. Im Calwer Haushalt sind zwar momentan 300 000 Euro für den Ausbau eingeplant – die werden allerdings bei Weitem nicht ausreichen. Daher läuft auch ein Antrag auf Fördermittel in Höhe von 475 000 Euro im Rahmen des Förderprogramms Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren. Eine Bewilligung steht noch aus.