Schutz gegen Hochwasser: In Plüderhausen im Rems-Murr-Kreis soll ein Rückhaltebecken gebaut werden. Foto: dpa

Neues Gutachten soll die Auseinandersetzungen um Hochwasserrückhaltebecken bei Plüderhausen beilegen.

Schorndorf - Es ist ein Thema, das immer wieder, merkwürdigerweise meist in der Vorweihnachtszeit, hohe Wellen geschlagen hat und fast für orkanartige Wortgefechte sorgte. Es geht um das auf Plüderhausener Gemarkung vorgesehene, von der Gemeinde selbst aber als überdimensioniert eingestufte und bisher vehement abgelehnte Regenrückhaltebecken.

Durch die Vorwürfe, mit ihrer Verweigerung unsolidarisch zu handeln, fühlte sich die 9400-Einwohner-Gemeinde allerdings zu Unrecht unter Wasser getunkt. Nun soll alles wieder in einem sauberen Verfahren vorangehen – dank des neuen Wasserverbandsvorsitzenden Matthias Klopfer. Der Schorndorfer OB ist deutlich um Kompromisse und einen Neuanfang bemüht.

Spätestens seit 2010 sind die Fronten verhärtet – so massiv, wie die Staumauern bei einem Jahrhunderthochwasser im Idealfall sein sollten. Drei große Regenüberlaufbecken hat der 1998 von den Anliegerkommunen gegründete Wasserverband Rems bereits bauen lassen – mit kräftiger finanzieller Unterstützung des Landes.

„Das läuft zu wie eine Badewanne“

Das größte Becken befindet sich zwischen Schorndorf und Winterbach, zwei weitere im Ostalbkreis bei Schwäbisch Gmünd und Lorch. Das nächste – die Kosten wurden vor zwei Jahren auf 15 Millionen Euro geschätzt – soll nun in den Bereich zwischen Plüderhausen und Schorndorf kommen. So hat es der Wasserverband einst mehrheitlich beschlossen – gegen den Willen Plüderhausens. Die Gemeinde befürchtet, dass durch das dort aufgestaute Wasser auch ein nahes Gewerbegebiet überspült werden könnte.„Das läuft zu wie eine Badewanne“, so Bürgermeister Andreas Schaffer. Zudem müssten drei Millionen Euro in die Kanalisation und in Pumpwerke gesteckt werden.

Der Verband schien zunächst dank der mehrheitlich verabschiedeten Planung Oberwasser zu haben. Weil es aber in der Satzung einen Passus gibt, wonach keinesfalls gegen das Votum einer der beteiligten Gemeinden gebaut werden darf, saß man alsbald fast auf dem Trockenen. Denn Plüderhausen wehrte sich juristisch und erreichte vor dem Verwaltungsgericht einen Stopp des Verfahrens.

Kürzlich sollte eine weitere Auseinandersetzung vor dem Verwaltungsgerichtshof folgen – doch kurz davor beantragte der Verband das Ruhen des Verfahrens. „Die haben die weiße Fahne gehisst“, frohlockte Schultes Schaffer im vergangenen Februar im Plüderhausener Gemeinderat.

Alles deutete auf eine lange allgemeine Schockstarre hin

Bei seinen Amtsbrüdern im Remstal kam Schaffer mit dieser Haltung schlecht an. Klopfer rügte die Plüderhausener „Verweigerungshaltung“, Albrecht Ulrich aus Winterbach erklärte das Becken für unverzichtbar zum Schutz vor einem hundertjährigen Hochwasser. Norbert Zeidler (Remshalden) äußerte „überhaupt kein Verständnis“ für die von Plüderhausen angestrebte „Nulllösung samt Erhöhung von ein paar Dämmen“.

Alles deutete auf eine lange allgemeine Schockstarre hin – ehe kürzlich überraschend der bisherige Wasserverbandsvorsitzende und Schaffer-Gegenspieler Karl Bühler, Bürgermeister in Lorch, seinen Verzicht bekannt gab. Am 27. März wurde dann der Schorndorfer Rathauschef Klopfer zum neuen Vorsitzenden gewählt.

„Kommunikativer Paradigmenwechsel“

„Ich habe mich nicht nach dem Amt gedrängt“, erklärt er. Andererseits. „Wir wissen erneut seit Januar 2011, als uns das Wasser auch in Schorndorf bis Oberkante Unterlippe stand, wie wichtig Hochwasserschutz ist.“ Und Klopfer macht sogleich mit einem spielerischen Ausflug klar, dass es nun „Zurück auf Los“ gehen müsse: „Es gibt keine Verbandspolitik mehr gegen, sondern nur noch mit Plüderhausen.“ Die konträren inhaltlichen und rechtlichen Positionen sollen erneut geprüft werden, ein neues, unabhängiges Gutachten zur Lösung der Zwistigkeiten wird angestrebt.

Schaffer wirkt regelrecht euphorisiert, spricht von einem „kommunikativen Paradigmenwechsel“, lobt, „wie couragiert und klug“ Klopfer „gleich ein paar strategische Eckpunkte gesetzt hat“ und auf Kooperation und Transparenz setze. „Ich bin positiv überrascht und sehr beeindruckt, wie der OB sich einbringt, denn das ist ja keine leichte Aufgabe.“ Die bisherige Haltung des Wasserverbands sei hoffentlich vorbei, die da lautete: „Wir sind die Guten und Plüderhausen die Bösen, die uns nur behindern.“

Schaffer verspricht: „Wir stehen zu unserer Verpflichtung, am Hochwasserschutz im Remstal mitzuwirken.“ Damit wären dann auch die Unkenrufe von Remshaldens Schultes Zeidler überholt, der noch vor wenigen Wochen angesichts der „bockigen Parteien“ seufzte: „Der Karren ist irgendwie total verfahren.“ Nun scheint es, als könne er doch langsam wieder aus dem Dreck bugsiert werden.