Das neue Horber Grafenpaar wurde am Samstag präsentiert – diesmal aber auf noch kreativere Weise. Und natürlich durfte beim „kleinen Eröffnungsball“ auch ein „satirischer Jahresrückblick“ nicht fehlen. Selbstverständlich musste auch die Rathauspitze einige Sticheleien einstecken.
Tradition wird bei einer Narrenzunft, die im letzten Jahr ihr 100-jähriges Bestehen mit einem großen Ringtreffen feiern durfte, natürlich groß geschrieben. Und traditionell wird am ersten Samstag nach Martini das neue Grafenpaar präsentiert.
So auch in diesem Jahr. Am Samstag, 16. November, war es wieder einmal soweit, und das Geheimnis aller Horber Geheimnisse wurde gelüftet. Spot an, Licht aus und alle Handys richteten sich auf den Eingang vom Horber Steinhaus, von wo das neue Grafenpaar normalerweise zum Triumphmarsch aus „Aida“ einmarschiert.
Doch von dort kamen nur die Pagen Anni Bok und Mira Schmidt, die das Diadem der Gräfin auf einem samtenen Kissen in den Saal trugen. Wo waren die närrischen Hoheiten? Die kamen zur Melodie aus Verdis „Nabucco“, die mit einem Juxtext unterlegt war, direkt aus der Bar nach vorne marschiert. Ohne Ornat und schönem Gewand. So ganz in Zivilklamotten ohne das restliche Brimborium.
Überredungskunst ging an die Leberbelastungsgrenze Hofmarschall Dani Wagner, der nach dieser Fasnetsaison den gelben Rock des obersten Brauchtumhüters ablegt und zukünftig im Zottelfell unterwegs sein wird, freute sich sichtlich über diesen Coup.
Er und seine Grafenpaarüberredungskünstler-Zunftmeisterclique – die bei der Rekrutierung des neuen Grafenpaar an ihre Leberbelastungsgrenzen gehen mussten – gelang es, mit Marie Dörr und Felix Weisser das neue Grafenpaar präsentieren zu dürfen.
„In unserem sehr langen Fasnetjahr sind Sie das auserwählte Grafenpaar. Jung, frisch, fröhlich und frei sind die zwei ganz vorne mit dabei, werden unsere Zunft repräsentieren und als Ita und Rudi uns regieren“, reimte Dani Wagner in gewohnt souveräner Weise und schickte die beiden zum Umziehen.
Neues Grafenpaar schreitet in den Saal
Unter dem Beifall der Besucher und der traditionellen Ansage: „Meine Damen und Herren, Ladys and Gentlemen, Narren ond Obernarren, Horber und Rei’gschmeckte“, schritt später das neue Grafenpaar durch den mit Untertanen gut gefüllten Steinhaus-Saal.
Nun hat wenigsten die Horber Narrenzunft eine ordentliche Regierung, doch bis es so weit war, verging wie jedes Jahr eine ordentliche Zeit, in der die Besucher mit einigen aberwitzigen Beiträgen bei Laune gehalten wurden.
Landung auf der Horber Brücke läuft nicht reibungslos Den Anfang dieses „kleinen Eröffnungsballes“ macht die vier Zunftmeister Alex „Locke“ Guth, Gerd Munding, Christoph Baiker und Christian „Speck“ Bok himself, die mit ihrem Raumschiff auf der noch nicht so ganz fertigen Brücke landen wollten.
„Doch runter durften wir dort nicht, weil dort gern ein Bolzen bricht“, reimten sie auf Teufel komm raus und legten ordentlich nach. Sie schimpften über die beschissene Ausschreibung „und jetzt nemmt uns der Porr, dieser Ösi, auch noch aus“. Zur Bauzeit meinten sie: „Hättet di domols in Ägypten müssa die Pyramide baua, dät der Tut Anch Amun heute noch zuschaua.“ Auch den desolaten Haushalt im Kreis zogen die vier Extraterrestrischen durch den Kakao und bedauerten, dass der Rosi jetzt den Ankauf von jeder Rolle Klopapier begründen muss. Das Ampel-Aus und die eigene Personalsituation waren weitere Themen, denen sich die vier in Versform abarbeiteten.
Turmschurken und ihr neues Zuhause
Keine Fasneteröffnung ohne die Turmschurken. Zur Geschichte der zehn kleinen Schurken berichteten sie über ihr neues Zuhause, dem Schurkenturm.
„All die Horber Schurken hatten kein Zuhaus, sie zogen in den Schurkenturm, der Albverein wollte raus“, so begann die Story. Da konnte auch die Geschichtsstunde von Franz Gessler nichts machen und ihr Glaube, dass sie nun mit allen geschichtlichen Wassern gewaschen wären, wird ihnen ein Nordstetter Heimatforscher sicher bald austreiben.
Zwei Ex-Gräfinnen mit Charme und Anmut Zwei echte G’s – also zwei echte Ex-Gräfinnen und keine Gähs (Gänse) wie Locke Guth, der als Moderator durch das Programm führte, zuerst meinte – stürmten dann mit Charme und Anmut die Bühne. Bei den früheren Gräfinnen Susanne Baiker und Janet Bok, den Stars vieler Eröffnungsbälle, wusste man, was man bekommt. Allerbeste Unterhaltung und Gesang der Extraklasse. Und eine ganz neue Variante des Horber Narrengrußes Horrido.
Sie präsentierten das „Horidole“. „I wenk rechts und du winkscht links – dann fühlen wir uns wieder wie die Kings“, schwelgten sie in Erinnerung an ihre Regentschaft. „Mit Wehmut schauen wir zurück, es war an manchen Tagen auch verrückt. Gräfin Ita zu sein ist eine geile Zeit – manchmal ist man müd’ und manchmal breit. Doch jedes Jahr muss eine neue Gräfin ran, so will’s der Brauch und so bleibt es dann“, sangen sie zur Schlagermelodie „Eine neue Liebe“.
Rosi und Ralle besingen Nahwärme und Parkgebühren Nach diesem Auftritt gab es eine Schunkelrunde, die dafür genutzt wurde, alle Türen und Notausgänge zu verschließen. Denn nun waren Rosi und Ralle, die zwei aus dem Rathaus dran. Echt live, ungeprobt und absolut nicht synchron, dafür A cappella, grölten die Beiden zur Melodie von „Moskau“ solche Behauptungen wie: „Horb, Horb – fabelhaft facettenreich, die Eleganz unerreicht und nur wer es wirklich kennt, findet hier sein Happyend“, in den Saal. „Horb – bauen Nahwärme in jedes Haus und hauen hohe Rechnungen raus – ha,ha,ha,ha“ oder „Parkgebühren machen uns reich, den Einzelhandel machts kreidebleich – ho, ho ho“ zwei Leckerbissen aus ihrem selbstironischen Sammelsurium das in der Feststellung: „Horb, das liegt im Schwabenland und ist ab jetzt außer Rand und Band“ gipfelte.
Briefgeheimnis verraten
Den Abschluss dieses großen Show-Blocks machten die „4 Hexen-Poschdle“ die so manches Briefgeheimnis verrieten. Ein Paket war für Oberbürgermeister Peter Rosenberger der Bücher wie: „Wie funktioniert der Gemeinderat“, „Ich bin dann mal weg“ oder „Brückebau für Anfänger“ bestellt hatte. „Wieso bestellt der des?“ fragte sich eine der Hexen und die Antwort kam prompt: „Momentan läuft’s bei dem nicht so gut, ich glaub, der hat ein Wahlproblem.“ Zum Song „Skandal um Rosi“ reimten die vier Post-Hexen: „Und oben in dem großen Haus schweigt man sich derweil lieber aus. Wenn Rosi uns so weiter quält, in Horb ihn auch bald keiner wählt.“ Der Vielzitierte lächelte und genoss den Abend im Steinhaus.
Mit drei kräftigen »Narri-Naro ond Horrido« startete die Horber Narrenzunft nach der offiziellen Proklamation des Grafenpaars vergnügt in die 102. Fasnetsaison, bei dem als Höhepunkt der Eröffnungsball am 8. Februar 2025, der unter dem Motto: „Stern, Ufo’s und Et – Horber in der Galaxy“, ansteht und viel Raum für Fantasie lässt.