Bei der Weihnachtsmarkt-Eröffnung ist er noch Bürgermeister, zwei Stunden später dann Oberbürgermeister: Christian Ruf wurde am Donnerstag offiziell in sein Amt eingesetzt. Er ist sich bewusst: "Die Erwartungen sind enorm."
Rottweil - Hinter Rottweil liegt mit der unerwarteten OB-Wahl ein spannendes, ja nervenaufreibendes Jahr. Die offizielle Verpflichtung Rufs als Oberbürgermeister am Donnerstagabend im Festsaal des Alten Gymnasiums setzt darunter einen Schlusspunkt, markiert aber zugleich den Beginn eines neuen Kapitels.
Bekannte Köpfe wohin man blickt
Ein Meilenstein, den an diesem Abend viele begleiten: Rufs Rottweiler Amtsvorgänger, zahlreiche Bürgermeister aus der Nachbarschaft, Ortsvorsteher, Stadt- und Ortschaftsräte, der Landrat, Vertreter der Schulen, der Vereine und weiterer Institutionen sind dabei und signalisieren Christian Ruf mit mehrfachem, lang anhaltendem Applaus den Rückhalt, den er für seine künftigen Aufgaben braucht.
Dass dabei der Gemeinderat eine gewichtige Rolle spielt, machte der erste ehrenamtliche Stellvertreter, Arved Sassnick, in seiner Begrüßungsrede deutlich. Und er vergaß nicht an den kräftezehrenden Wahlkampf zu erinnern, den Ruf "knapp, aber mit klarer Mehrheit", für sich entschieden habe. Nun gelte es, Ruhe einkehren zu lassen und Kraft zu tanken.
Polarisierung der Gesellschaft macht Sorgen
Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer ließ keinen Zweifel daran, dass Ruf für sein verantwortungsvolles Amt das beste Rüstzeug mitbringe: "Wissen, Können und Erfahrung." Denn, so betonte sie, es gebe für den neuen OB "keine Karenzzeit".
Gerade jetzt sei nun das direkte Gespräch mit den Bürgern so wichtig wie noch nie, so Schäfer. "Die Frage ist: Wie halten wir unsere Gesellschaft zusammen in dieser Zeit der Polarisierung?" Energiekrise, Flüchtlingsaufnahme, Klimawandel, Kita-Plätze – all das verlange von den Kommunen Großes ab. "An Aufgaben wird es Ihnen nicht mangeln." Bei Christian Ruf sei das Vertrauen der Bürger "gut aufgehoben".
Dank an die Eltern
Sassnick oblag es dann, die förmliche Vereidigung und Verpflichtung des neuen Oberbürgermeisters vorzunehmen – bevor dieser, durchaus berührt vom langen Applaus, seine erste Rede im neuen Amt hielt. Ruf machte gleich zu Beginn deutlich, dass er sich über zwei Gäste besonders freut, denen er von Herzen "für alles, was sie mir auf den Weg gegeben und ermöglicht haben", dankte: Seine Eltern waren zur Amtseinsetzung gekommen. "Ich empfinde es nicht als Selbstverständlichkeit, einen solchen Anlass gemeinsam zu erleben", betonte er.
Der Regierungspräsidentin dankte er nicht nur für die guten Wünsche, sondern auch für die verlässliche und konstruktive Zusammenarbeit.
Ausschreibung der Bürgermeister-Stelle wohl Ende Januar
Sein Dank galt auch Arved Sassnick, dem Ensemble der Stadtkapelle für die musikalische Umrahmung sowie all jenen, die ihn in den vergangenen Wochen in seiner Doppelfunktion als Bürgermeister und kommissarischer OB unterstützt haben.
In der Doppelrolle, das sei vorweggenommen, wird er auch noch eine Weile gefordert sein: Ruf gab bekannt, dass die Ausschreibung des nun vakanten Bürgermeister-Postens Ende Januar erfolgen könnte. Zuvor wird er dem Gemeinderat einen Vorschlag für den Zuschnitt der Geschäftskreise unterbreiten. Nach dem Auswahlverfahren könnte der Gemeinderat im April einen neuen Bürgermeister – oder eine Bürgermeisterin – wählen. Es sei ihm wichtig gewesen, möglichst rasch das Nötige zu veranlassen, aber auch einen Weg aufzuzeigen, der die Auswahl unter den "bestmöglichen Bewerbern" gewährleistet. Es wird spannend.
Wahlkampf intensiv und bereichernd
Auch auf den spannenden OB-Wahlkampf blickte Ruf zurück. Dieser sei lange und intensiv gewesen – er habe die gut vier Monate aber auch als extrem bereichernd empfunden. "Ich habe durch den Wahlkampf viel gelernt: über die Menschen, aber auch über mich selbst." Dabei sei er froh und stolz, dass er einem seiner zentralsten Grundsätze folgen konnte – "mir selbst treu zu bleiben und meinen eigenen Weg zu gehen".
Das sei auch sein Ansatz gewesen, als er 2016 in die großen Fußstapfen seines Vorgängers Werner Guhl trat, "die mir schier bis an den Horizont oder darüber hinaus zu reichen schienen". Und dieser Grundsatz bleibe auch jetzt im Amt des OBs, das er von Ralf Broß übernehme, Richtschnur.
Ruf würdigte besonders die große Offenheit und Wertschätzung, die ihm während der Bewerbungsphase entgegengebracht wurde. Er habe viele Anregungen mitgenommen. Die Unterstützung von vielen Seiten habe ihn sehr berührt.
Der neue Oberbürgermeister machte aber auch klar: "Nicht alles, was wir diskutiert haben, wird sich umsetzen lassen." Es sei ihm im Wahlkampf wichtig gewesen, nichts pauschal zu versprechen, sondern Ziele zu formulieren und gangbare Lösungswege aufzuzeigen.
Amt erfüllt ihn mit großem Stolz
Allen Wählern dankte er für das in ihn gesetzte Vertrauen: "Mich erfüllt es mit großem Stolz, Oberbürgermeister dieser, unserer Stadt zu sein", so der 39-Jährige. Er werde sich mit voller Kraft für Rottweil einsetzen und Oberbürgermeister für alle sein.
Ruf weiß, dass die Erwartungen an den OB "enorm" sind. Seine Verantwortung erfülle ihn, auch mit Blick auf die stolze Geschichte der Stadt, mit Demut.
Gemeinsam nach vorne blicken
Klar sei auch, dass ein OB nicht alles allein schaffen kann. "Lassen Sie uns geschlossen nach vorne blicken." Gerade die gegenwärtigen Krisen erforderten einen engen Schulterschluss, um alle Aufgaben zu bewältigen. Er freue sich auf die gemeinsame Arbeit, auch im Gemeinderat, wo er besonders schätze, dass man "jenseits parteipolitischer Erwägungen" in der Sache diskutiere". Auf Kreis- oder Regionalverbandsebene werde er sich weiter für die Stadt engagieren.
Beruhigend ist für den künftigen OB, dass er sich auf die Kollegen in der Stadtverwaltung verlassen kann. "Ich komme jeden Morgen sehr gerne ins Rathaus." Künftig wird es nicht mehr das Neue Rathaus, sondern das Alte Rathaus sein. Das markiert auch räumlich den Neuanfang, den sich die Rottweiler – bei aller Kontinuität – auch von ihm wünschen.