Außer in seinem mit dem Kollegen Andreas Berg geteilten Büro in Haus A im Landratsamt, hat Kreisarchivar Kilian Spiethoff diesen zweiten Arbeitsplatz im Haus B direkt neben der großen Rollregistratur und gegenüber vom Besucher-Arbeitstisch. Und der hat schon etwas von einem Heizungskeller. Foto: Schabert 

Kilian Spiethoff ist erst seit Mitte Januar Calwer Kreisarchivar. Aber im Gespräch mit ihm spürt man es förmlich: Er ist angekommen. Dies liegt nicht nur daran, dass er sagt: "Ich sehe die Arbeit als spannende und positive Aufgabe."

Kreis Calw - Auch wenn er sich beispielsweise mit Alfred Kiefer, einem Vorstandsmitglied vom Kreisgeschichtsverein Calw unterhält, findet das Gespräch auf Augenhöhe statt. Er kennt sich schon unerwartet gut aus in der Kreisgeschichte, obwohl er aus einer ganz anderen Ecke in die Hesse-Stadt gekommen ist.

In der Unterhaltung geht es hauptsächlich um das Archivmaterial aus dem Nachlass des verstorbenen Höfener Lehrers Kurt Neuweiler. Runde vier Meter Archivalien dürften es sein, die er hinterlassen hat. Kiefer hat diese digital erfasst und übergibt einen Stick. Auf die Frage, was mit den Original-Unterlagen geschehen soll, ist die klare Aussage: "Am besten in Höfen belassen, wenn dies möglich ist." Seines und andere Archive können ja die Unterlagen mittels digitaler Medien speichern. Dabei spielt zweierlei eine Rolle: Der Fachmann möchte das Material möglichst nicht aufteilen, und bezogen auf Calw ist dies derzeit ohnehin die einzige Möglichkeit.

Drei Jahre lang sichten, bewerten, aussortieren, verzeichnen und lagern

Denn in der großen Rollregistratur im Untergeschoss von Haus B in der Vogteistraße herrscht akuter Platzmangel. Diesem will Spiethoff durch Erschließung und Umlagerung zuleibe rücken. Dies heißt: sichten, bewerten, aussondern, verzeichnen, lagern. Denn 70 Prozent der vorhandenen Archivalien sind nur grob sortiert, stecken in Ordnern und müssen noch fachgerecht von Metall und Plastik befreit in den heute üblichen Boxen sachgerecht verstaut werden. Dies bedeutet laut Schätzung des Fachmanns etwa zwei bis drei Jahre Arbeit und bringt ungefähr 20 Prozent zusätzlichen Lagerraum. Auf den Personalschlüssel angesprochen, der bei anderen Kreisarchiven im Land meist wesentlich günstiger aussieht, meint Spiethoff, es gelte eben mit den vorhandenen Mitteln hauszuhalten.

Ein wenig wie in einem Maschinenraum und Rohrkeller

Natürlich würde er es gerne sehen, wenn seine Mannschaft verstärkt werden könnte. Denn sein Kollege Andreas Berg – "wir arbeiten sehr gut zusammen" – ist gewissermaßen als Partner der Kommunen tätig, die auch im Wesentlichen die Kosten für die Dienste tragen. Zumindest die Einstellung eines oder einer Auszubildenden ist angedacht. Aber was genauso wichtig ist: Nicht nur des Platzes wegen sollte das historische Gedächtnis des 1938 aus den drei Oberämtern Calw, Neuenbürg und Nagold gebildeten Landkreises Calw mit der großen Rollregistratur in andere Räume kommen. Wer sich vom eingerichteten Besucherplatz aus umschaut, fühlt sich schon ein wenig in einem Maschinenraum und Rohrkeller. Dass dies für Jahrhunderte alte Urkunden und Unterlagen auch Gefahren bergen kann, versteht sich von selbst.

Er entscheidet, was in den Reißwolf kommt

Aber die Papierberge umzuziehen empfiehlt sich ohnehin erst, wenn alles aufgearbeitet ist. Nicht zu vergessen ist neben der Vergangenheit die Gegenwart. Wenn nämlich ein Sachbearbeiter seine Registratur aufräumt, dann hat das ausgesonderte Material zur Prüfung über den Tisch des Kreisarchivars oder bei den Gemeinden des fürs Archiv zuständigen Mitarbeiters zu gehen. Sie entscheiden laut gesetzlicher Vorschrift, was in den Reißwolf soll und was archivwürdig ist. Dies gilt auch für digitales Material, wobei für bestimmte Bereiche über Aufbewahrung und Vernichtung die datenschutzrechtlichen Vorschriften Vorgaben machen. Deshalb gilt auch, dass im Zusammenhang mit der Umstellung auf die E-Akte Aussonderungsmechanismen erarbeitet werden, erläutert Spiethoff. Er unterstreicht: "Das digitale Langzeitarchiv ist in Betrieb genommen."

Bei aller Arbeit ist es dem Kreisarchivar wichtig, am Benutzer-Arbeitsplatz Familienforscher oder Historiker zu unterstützen und ihnen auch den Zugang zu digitalen Fachseiten aufzuzeigen. Da der Besucher-Arbeitsplatz im Archiv angesiedelt ist, dient für Kilian Spiethoff die Betreuung dort parallel der Aufarbeitung der zu ordnenden Aktenberge. Wenn er dann einmal mehr Platz hat, dann sollen zum amtlichen Material auch erhaltenswerte private Nachlässe aufbewahrt werden, "um die Breite der Kreisgeschichte widerzuspiegeln".