Die Lokführer wollen bei der Bahn erneut die Bremse reinhauen. Foto: dpa

Am Sonntag platzen Verhandlungen zwischen GDL und Bahn praktisch in der letzten Minute. Jetzt drohen neue Streiks. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung denken die Lokführer über einen fast vier Tage dauernden Ausstand nach. Eine Entscheidung soll noch am Montag fallen.

Berlin - Kunden der Deutschen Bahn müssen wieder mit einem massiven Streik rechnen. Diesmal könnte er mehrere Tage dauern und den bundesweiten Zugverkehr erneut empfindlich treffen. Eine Entscheidung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) wird noch am Montag erwartet.

Nachdem Tarifgespräche am Sonntagabend gescheitert waren, berieten die Spitzengremien der Gewerkschaft am Montag darüber, wie es weitergeht. Der Bahn-Konzern zeigte sich enttäuscht über das ergebnislose Ende der Bemühungen vom Wochenende.

Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber wies der GDL die Verantwortung dafür zu: "Eine gute Zukunftslösung ist erneut an reinen Machtfragen gescheitert. So verhält sich kein verlässlicher Verhandlungspartner."

Bahn: GDL lässt Gespräche "völlig überraschend platzen"

Beide Seiten hatten nach Darstellung der Bahn kurz vor der Unterzeichnung eines Tarifvertrages gestanden, der eine Lösung des Tarifkonflikts bedeutet hätte. Die GDL-Spitze habe jedoch am Sonntagabend die Gespräche "völlig überraschend platzen lassen". Die Gewerkschaft wollte dazu zunächst nicht Stellung nehmen.

Hauptstreitpunkt ist die Forderung der GDL, nicht nur für Lokführer, sondern auch für andere Berufsgruppen Tarifverträge aushandeln zu dürfen. Für sie hat bislang allein die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) Verträge abgeschlossen.

In einem Vertragsentwurf, den die Bahn am Montag veröffentlichte, gestand der Konzern der GDL erstmals die Verhandlungsmacht auch für Zugbegleiter zu. "Dadurch sollte die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für Zugbegleiter erhalten", teilte das Unternehmen mit.

Gleichzeitig sollte die Regelung aber die Kollision von zwei unterschiedlichen Tarifverträgen für ein und dieselbe Berufsgruppe vermeiden. Darüber habe in den Gesprächen Einvernehmen bestanden.

Der Entwurf des neuen "Tarifvertrages zur Regelung tariflicher Verfahrensfragen" sollte nach Bahn-Angaben am Sonntagabend abschließend beraten und vereinbart werden. Nach einer Sitzung der Tarifkommission habe die GDL dann jedoch einen Rückzieher gemacht.

Beide Seiten hatten die vertraulichen Gespräche vorher nicht publik gemacht. Über das Scheitern hatte zuerst das "Handelsblatt" berichtet.

Streik von bis zu 91 Stunden im Gespräch

In der Sitzung des GDL-Hauptvorstands und der Tarifkommission war nach Informationen der "Bild"-Zeitung ein Streik von bis zu 91 Stunden im Gespräch. Zuletzt hatten die Lokführer vom 17. bis zum 20. Oktober insgesamt 50 Stunden lang gestreikt - an einem Wochenende und zum Beginn der Herbstferien in vielen Bundesländern.

Das Vorgehen der GDL schadet nach Ansicht von IG-Metall-Chef Detlef Wetzel den Gewerkschaften insgesamt. "Zuständigkeit zu reklamieren, obwohl einem die Mitglieder fehlen - das ist der Tod der Gewerkschaftsbewegung", sagte Wetzel dem "Spiegel".

Er halte es für legitim, dass die GDL für Lokführer zuständig sei, weil sie dort die Mehrheit habe. "Aber wie die GDL in anderen Bereichen nicht die Mehrheit zu haben und sich trotzdem für zuständig zu erklären, das ist undemokratisch", so der IG-Metall-Vorsitzende.